Denn dein ist die Schuld
Die beiden Fälle könnten auch nur rein zufällig Gemeinsamkeiten aufweisen, und es könnte keinerlei Verbindung zwischen ihnen bestehen, aber ich glaube das nicht. Wenn man vielleicht …«
»Veranlassen Sie alles, was Sie für notwendig erachten, Ispettore.« Dottor Salvini klang eindeutig ungeduldig. »Nehmen Sie so viele Männer, wie Sie benötigen und …«
»Wir ermitteln bereits«, sagte der Polizeibeamte pikiert. »Was ich sagen wollte, ist, dass beide Fälle in gewissem Sinn zusammengeführt werden sollten, während man beide gleichzeitig einzeln betrachtet. Ohne Rücksicht auf die Zuständigkeitsbereiche der Behörden.«
»Und das heißt? Was wollen Sie damit sagen?« Laura Scauri sprang hoch wie von der Tarantel gestochen.
Ihre Frage klang provozierend, doch Marino ignorierte das.
»Schlicht und ergreifend Folgendes: Wir brauchten eine echte Task Force, eine Sondereinheit aus Männern von der Polizei, den Carabinieri und der Unterstützung der DIA und Terrorismusbekämpfung, um in den beiden Entführungsfällen gemeinsam zu ermitteln. Ein Bezugspunkt für all die Ermittler, die je einen Fall gesondert untersuchen.«
Im Raum lag auf einmal bleiernes Schweigen.
»Das ist schon alles? Wollen wir nicht gleich auch die Marine und die Luftwaffe einbeziehen, Ispettore?« Laura Scauri war immer der Meinung, wenn man der Kriminalpolizei den kleinen Finger reichte, nahmen sie gleich den ganzen Körper einschließlich der Schuhe.
»Nicht so hastig, Laura! Nach allem, was wir über die Eminescu erfahren haben, und wenn man berücksichtigt, dass der Vater des Babys« - ein schneller Blick in die Unterlagen auf der Suche nach dem Namen -, »ja genau, Ingegnere Simonella, in eine fragwürdige Abhöraffäre verstrickt ist, deren Ergebnis noch lange nicht feststeht, kommt mir das, was Ispettore Marino sagt, ziemlich vernünftig vor.« Staatsanwalt Salvini schien tatsächlich nicht nur an seiner eigenen Meinung interessiert. »Was schlagen Sie also vor, Dottor Marino?«
»Ich schlage vor, zusammen mit Tenente Colonnello Glauco Sereni einen gemeinsamen Aktionsplan aufzustellen. Die Carabinieri haben als Erste Ermittlungen zum Verschwinden der Della-Seta-Kinder angestellt. Wir haben parallel dazu begonnen, uns um den kleinen Simonella zu kümmern. Daher sollte man so eng wie möglich zusammenarbeiten …«
Der Staatsanwalt nickte zögernd, als wäre er noch nicht ganz überzeugt. »Tenente Colonnello, was meinen Sie dazu?«
»Ich stimme voll und ganz mit Ispettore Capo Marino überein.« Der Offizier sagte das so gelassen, als hätte er bereits im Voraus gewusst, welche Richtung das Gespräch nehmen würde, und seine Antwort bereits vorbereitet.
»Gut.«
»Ccà s’ha da mentenè’o carro p’a scesa« , flüsterte Marino seiner Mitarbeiterin Sandra Leoni ins Ohr, die ihn daraufhin mit großen Augen anstarrte.
»Häh?«
»Ich habe gesagt, dass man alles tun muss, um die Beziehungen im Gleichgewicht zu halten«, übersetzte er. Mit den Carabinieri zusammenzuarbeiten war nicht leicht, vor allem wenn es sich um Fälle handelte, in denen sie mit den Ermittlungen begonnen hatten. »Da sollte man ihn besser ein wenig streicheln.«
Sandra Leoni lächelte still. Sie stellte sich gerade vor, wie sehr die Zusammenarbeit mit Sereni an den erbärmlichen Reserven von diplomatischem Geschick ihres Vorgesetzten zehren würde. Der Carabinierioffizier war zu distanziert, zu … militärisch! Marino dagegen … Na ja, und Marino war eben Marino.
»Dann werden wir wohl oder übel einige Zeit miteinander verbringen müssen«, meinte der Polizeibeamte gerade im Plauderton zu Sereni.
»Ich heiße Glauco, Ispettore.«
»Danke, Glauco. Sie können Vincenzo zu mir sagen. Und jetzt möchte ich einen Blick in die vollständige Akte werfen. Ach ja, Dottoressa Scauri, ich werde Ihnen eine Liste der Personen erstellen, bei denen eine telefonische Überwachung angeordnet werden muss.«
»Wenn Sie dabei an die Della Volpe-Donadio denken, Vincenzo«, unterbrach ihn gleich Sereni, »kann ich Ihnen sagen, dass Derartiges bereits veranlasst ist. In der gesamten Wohnung wurden Mikrofone angebracht. Wenn Sie wünschen, kann ich Ihnen die Mitschnitte und die kompletten Abschriften zukommen lassen.« Der Tenente Colonnello lächelte selbstgefällig.
Jetzt geht’s los, dachte Sandra Leoni, während ihre Mundwinkel zuckten.
»Haben Sie auch den Sohn des Lebensgefährten von der Donadio überprüft?«, fragte Marino.
Der Offizier lächelte
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