Denn dein ist die Schuld
…«
»Ich hab jetzt aber keinen Stoff, kapiert?«
»Wie, du hast nichts? Bist du jetzt völlig durchgeknallt? Was hast du mit dem Zeug gemacht, was ich dir gegeben habe? Hör mal, damit machst du dir aber keine Freunde. Jetzt gehst du mir aber gewaltig auf die Eier. Wenn du nichts mehr hast, dann treib von irgendwoher gefälligst was auf. Und zwar dalli, denn die Arbeit muss erledigt werden.«
»Aber …«
Schweigen.
Die Verbindung war unterbrochen worden.
ZWEITER TEIL
Am dreizehnten August
in einer dunklen Nacht
begingen Polizisten
ein schreckliches Verbrechen.
Sie brachten einen Engel um,
einen Engel namens Rosetta,
kam von der Piazza Vetra,
ihr Strich war die Via Colonnetta.
Rosetta, meine Rosetta,
geschieden bist du aus der Welt,
zurück bleibt voller Schmerz
die gesamte Unterwelt.
Weinen und laute Klagen
erfüllen diese Gewitternacht,
erfüllen die Piazza Vetra,
es trauert die Ligera.
Schlaf, Rosetta den ewigen Schlaf,
schlaf in der kalten Erde,
jenen, die dich erschlagen haben,
all denen erklären wir den Krieg.
LIVIO LODOLA, Rosetta
KAPITEL 41
Dienstag, 13. Februar, 18:30 Uhr
»Zu diesem Zeitpunkt der Ermittlungen ist, denke ich, allen klar, dass wir nicht mehr damit rechnen können, die Kinder noch lebend zu finden.«
Laura Scauri unterbrach sich, um in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch zu suchen. Sie nahm ihre Brille ab und tupfte sich damit den Schweiß ab, durch den diese ständig auf die Nasenspitze hinuntergerutscht war. Als sie fortfuhr, verstummte das leise Flüstern, das ihre Worte begleitet hatte, schlagartig.
»Das Mädchen ist ganz sicher tot. Ach so, wer war denn bei der Identifizierung der Kleidungsstücke anwesend? Gilt das als gesichert?«
»Ich.«
Ispettore Capo Vincenzo Marino hob die Hand, um auf sich aufmerksam zu machen. »Ja, ich denke, wir können davon ausgehen, dass auf die Identifizierung Verlass ist. Die Frau ist zusammengebrochen, und man musste sie stützen. Die Mutter. Wir haben aber auch ausreichend Blut und andere Spuren von organischem Material auf den Kleidungsstücken. Die endgültige Bestätigung werden wir allerdings erst nach den Ergebnissen aus dem Labor erhalten.«
Marino war diesmal pünktlich zum Briefing erschienen und wild entschlossen, den Raum nur mit einem Durchsuchungsbefehl für das Auto von Giulio Della Volpe und für die Wohnung, in der die beiden Kinder gelebt hatten, zu verlassen. Außerdem wollte er eine Vorladung für Della Volpe. Und da dieser einen Sohn im gefährlichen Alter hatte - Andrea war vierundzwanzig oder fünfundzwanzig, und sein polizeiliches Führungszeugnis wies nur deshalb keine Vorstrafen auf, weil der Jugendrichter verfügt hatte, sie wegen guter Führung im Beccaria-Gefängnis zu streichen -, wollte Marino, dass man ihn sich einmal haargenau ansah.
Für den Ispettore war der Fall klar: Diese Entführung war ’nu fatte’e famiglia , eine Familienangelegenheit. Oder zumindest ein Verbrechen im familiären Umfeld. Daher musste man dort dranbleiben.
»Lassen wir kurz die Della Setas beiseite, und reden wir über den kleinen Simonella.« Dottor Carlo Maria Salvini hatte das Wort ergriffen, halb verdeckt von einer umfangreichen Akte, die ihm ein Bürodiener gebracht hatte.
»Das Kind ist vor einer Woche entführt worden, und es ist noch keine Lösegeldforderung eingegangen. Stattdessen ist das moldawische Kindermädchen verschwunden, man hat Kleidungsstücke mit zahlreichen Blutspuren und möglicherweise Gegenstände aus ihrem persönlichen Besitz gefunden. Hat man eigentlich diese Kleidungsstücke ihren Arbeitgebern gezeigt, um zu sehen, ob sie diese zufälligerweise identifizieren könnten?«
»Das hatten wir vor, Dottore«, meldete sich Marino. »Aber sie haben sich geweigert, ins Präsidium zu kommen, um sie sich anzuschauen. Simonella meinte, dass er nicht einmal die Kleidungsstücke seiner eigenen Frau wiedererkennen würde. Und sie hat seit der Entführung die Wohnung nicht mehr verlassen. Nachdem die gute Frau erst einmal die Tragweite dessen erkannt hatte, was ihrem Sohn zugestoßen ist, ist sie völlig zusammengebrochen. Jetzt ist es fast unmöglich, mit ihr zu sprechen. Sie steht immer unter Beruhigungsmitteln und … Na ja, lassen wir das. Allerdings hat sie uns zumindest gesagt, dass sie nie darauf geachtet hat, was das Kindermädchen ihres Sohnes trug.«
»Danke, Dottor Marino.« Staatsanwalt Salvini blätterte in den Unterlagen, die vor ihm lagen. »Wie Sie aus den
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