Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)
Verhandlung geben muss, auch wenn Walters Geständnis nicht rechtsverbindlich ist. Gecheckt?«
»Vonnie, du klingst albern, wenn du redest wie ein Zwölfjähriger.«
»Danke. Es geht nur darum, dass sich nicht irgendein erfolgsgeiler Staatsanwalt melden darf, der den Fall verhandeln will. Genau das könnte Walters eigentlicher Plan sein, Eliza. Wahrscheinlich glaubt er, dass mit so einem Geständnis in letzter Minute noch mal alles von vorne losgeht. Und für den Gouverneur ist das ein schwieriges Thema. Persönlich ist er gegen die Todesstrafe und kämpft gegen ihre Ausweitung, seit er im Amt ist. Aber seine Amtszeit ist bald vorbei, und er mischt sich in solche Fälle nicht gerne ein. Nur kann er nicht viel ausrichten, wenn ein großtuerischer Staatsanwalt aus einem anderen Bundesstaat auf einem Prozess besteht. Er setzt sich schon mit den Gouverneuren in Verbindung, die betroffen sein könnten.«
»Vielleicht baut Walter wirklich darauf, wie du schon sagst. Aber was ist, wenn er lügt, einfach so? Wenn er etwas gesteht, das er nicht getan hat, und dann hingerichtet wird? Ist das den betroffenen Familien gegenüber fair?«
Vonnie setzte sich auf das kuschelig weiche, übertrieben dekorierte Bett. Das Zimmer war noch altmodisch-verspielter als das im berühmten Martha Washington Inn. Vonnie, die Fünf-Sterne-Hotels gewohnt war, hatte seit ihrer Ankunft über jeden Gegenstand im Zimmer die Nase gerümpft – über die Kissen, das Geschirr, die Stickbilder an den Wänden. Aber jetzt legte sie einen Arm um Eliza, was sie nicht mehr getan hatte, seit – eigentlich noch nie.
»Er dürfte schlau genug sein, es nicht zu weit zu treiben. Den Leuten des Gouverneurs zufolge gibt es von 1980 bis 1985 acht passende Vermisstenfälle. Wenn er etwas getan haben will, das nicht auf der Liste steht, werden sie davon ausgehen, dass er lügt, und die ganze Sache unauffällig unter den Teppich kehren. Eliza, für das Treffen musst du dem Staat eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben. Ehrlich gesagt bin ich deswegen stinksauer. Dazu haben sie kein Recht. Aber weil du sowieso nie darüber reden wolltest, dachte ich, ich kann einwilligen.«
Hmm-hmm-hmm. Darum ging es also. Obwohl es stimmte, was Vonnie sagte, stieg in Eliza Wut auf. Sie hatte die ganzen Jahre über geschwiegen, aber aus eigener Entscheidung heraus. Wie konnte jemand es wagen, ihr Schweigen zur Bedingung zu machen? Sie fühlte sich wie damals mit fünfzehn, knapp sechzehn, als alle Erwachsenen – Staatsanwälte, Richter, sogar ihre Eltern – ständig behaupteten, es sei allein ihre Geschichte, und ihr gleichzeitig vorschrieben, wie und wann sie sie erzählen sollte.
»Na schön, also unterschreibe ich eine Verschwiegenheitserklärung. Wenn das sein muss, muss es sein. Wenigstens ist es dann die Wahrheit, wenn ich sage, dass ich nicht darüber reden kann.«
»Eine Sache noch …«
Vonnie klang unheilvoll, aber Eliza konnte sich nicht vorstellen, was sie noch weitergeben sollte.
»Sie haben gefragt, ob du als Zeugin dabei sein willst.«
»Um Himmels willen, nein.«
»Das dachte ich mir, aber die Frage habe ich nicht für dich beantwortet. Ich habe Ja gesagt, wenn auch unter Vorbehalt. Weißt du was, gehen wir doch zum Abendessen in dieses karibische Restaurant, wenn es sonntags geöffnet hat. Wir gehen essen und danach in irgendeinen Frauenfilm, den du mit Peter und den Kindern nie sehen würdest.«
Essen gehen konnten sie, aber für das gewünschte Gemeinschaftserlebnis boten die Multiplexkinos von Richmond nicht die richtige Auswahl. Sie wichen auf einen Batman-Film in einem One Dollar House aus, in dem der Eintritt längst fünf Dollar kostete. Sie fand den Film schrecklich, nicht weil er laut und brutal war oder es schwerfiel, die – vermutlich eingebildeten – Qualen des jungen Schauspielers zu sehen, der noch vor der Filmpremiere gestorben war, sondern weil Batmans Welt nur aus Vigilanten und amoralischen Opportunisten bestand. Und jeder sah sich im Recht. Aber traf das nicht auch auf Elizas wirkliche Welt zu? Bei allem Gerede über Wandel und Erlösung hatte sich wahrscheinlich sogar Walter Rechtfertigungen für seine Taten zurechtgelegt. Das immerhin hatte er ihr erspart. Er hatte nie darüber gesprochen, was er getan hatte, nicht einmal über die unbestreitbaren Morde an Maude und Holly. Warum?
Weil er wusste, dass er sie leben lassen würde, gestand Eliza sich ein. Das verschaffte ihm einen Vorteil ihr gegenüber, genau wie seine Stärke
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