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Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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vor allem, wenn sein Gesicht alle Ängste und Träume widerspiegelte. Es war, als würde man dem Truthahn für Thanksgiving einen Namen geben. Nicht, dass ihn ein Name je davon abgehalten hätte, um die Keule zu bitten, wenn es so weit war.
    »Kennst du noch mehr Geschichten?«, fragte er sie. »Wie die von gerade, nur vielleicht netter?«
    »Na ja, der Mann, der das geschrieben hat, ist mit seinem Pudel Charley durch Amerika gefahren. Also, in echt.«
    »Und was ist passiert?«
    »Alles Mögliche.«
    »Erzähl mir unterwegs davon.«
    Er ließ sie das Bad benutzen, nachdem er überprüft hatte, dass es nur eine Toilette gab, kein Fenster nach draußen und dass im Gang ein Zigarettenautomat stand. Davor konnte er warten, ohne aufzufallen, an den Schubladen ziehen und nach Kleingeld tasten. Mit dreizehn hatte er einmal fünfundsiebzig Cent in dem Münztelefon vor der Werkstatt seines Vaters gefunden, und es war ihm wie ein Wunder vorgekommen. Als eine Kellnerin – nicht die rothaarige, eine ältere Frau – neugierig zu ihm herübersah, sagte er ganz spontan: »Ihr erstes Mal, wissen Sie? Sie hat ihre Tage. Unsere Mama ist tot, und sie hat Panik.«
    »Das arme Ding. Soll ich mal nachfragen, ob sie Hilfe braucht?«
    »Ach, nein, danke. Sie ist schüchtern. Das würde es noch schlimmer machen.« Die Frau glaubte ihm, sie lächelte ihm zu. Vielleicht würde er mit einer kleinen Schwester nicht mehr so bedrohlich auf Frauen wirken. Diese Kellnerin war zwar alt und verdorrt, aber andere Frauen, Frauen in seinem Alter, fänden es vielleicht ebenfalls sympathisch, wenn sich ein Mann um seine Schwester kümmerte.
    Die Erinnerung an das Münztelefon brachte ihn auf eine Idee, und er bat die Kellnerin, ihm fünf Dollar zu wechseln. Er rief in der Werkstatt seines Vaters an und sprach mit C. J., die sich um die Buchhaltung und das Telefon kümmerte. Er sei zu den Marines gegangen, erzählte er ihr. Hätte den Pick-up einem Freund verkauft und sein Konto aufgelöst, so mager es war. (Noch am gleichen Tag wollte er an einem Geldautomaten so viel wie möglich abheben oder eine Bank suchen, die seinen Scheck einlöste.) Nein, sie sollte bitte nicht seinen Vater ans Telefon holen. Der würde nur losbrüllen. Wegen seines Pick-ups, nicht weil sein einziger Sohn und Mitarbeiter zu den Marines abgehauen war.
    Er legte auf und lauschte auf das Rauschen des Wassers, und als sie herauskam, fragte er: »Hast du dir die Hände gewaschen?« Sie schüttelte verschämt den Kopf, und er schickte sie zurück. Sie war ein braves Mädchen. Sie würde tun, was er ihr sagte.

Kapitel 13
    »Jetzt reicht es«, sagte Peter, als Eliza ihm am nächsten Morgen von dem Anruf erzählte. Er kochte gerade Kaffee für den riesigen Thermobecher, den er jeden Tag zur Arbeit mitschleppte. (Sie hatte schon geschlafen, als er nach Hause kam, und war zwar wach geworden, als er zu ihr ins Bett schlüpfte, hatte aber so spät kein ernstes Gespräch anfangen wollen. Außerdem hatten sie sich angewöhnt, sich alle Neuigkeiten in dem ruhigen Moment zu erzählen, wenn die Kinder in der Schule waren und Peter frühstückte.) »Wer ist sein Anwalt? Das sollte doch herauszufinden sein.«
    »Du kommst zu spät«, sagte sie.
    »Dafür lohnt es sich.«
    Nach fünf Minuten am Computer und weiteren fünf am Telefon verlangte Peter ein Gespräch mit Jefferson D. Blanding, einem Anwalt einer gemeinnützigen Organisation in Charlottesville. Eliza konnte nicht anders, sie fand es beeindruckend, wie ihr Mann sich schützend vor sie warf. Diesen Zug hatte sie bei ihm schon bewundert, bevor sie ein Paar wurden. Peter kümmerte sich um alles und jeden, nicht nur um sie. Er musste nicht das Sagen haben, aber wenn sich eine Situation zuspitzte – wenn es Streit über eine Rechnung gab, ein Auftragnehmer nicht leistete, was er versprochen hatte, Probleme am Flugschalter auftraten –, dann nahm er das Heft in die Hand. Er war energisch, ohne unhöflich zu werden, und suchte gezielt nach Lösungen, statt seinem Ärger durch Schikanen Luft zu machen. In England hatte er sich eher bedeckt gehalten, deshalb war es besonders aufregend, diese Seite an ihm wieder zu erleben, und das ihretwegen.
    »Als er begriffen hat, warum ich ihn anrufe, war er richtig nett«, sagte Peter. »Er klang sogar leicht entsetzt, aber er hat alles auf die Frau geschoben. Er hat gesagt, sie würde es gut meinen, aber sie wäre der Sache nicht gewachsen.«
    »Wer ist sie?«
    »Barbara LaFortuny.«
    »Ernsthaft?«
    Peter

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