Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)
Freund vor, den Film bei sich zu Hause auf Video anzusehen, und davor wollte sie das Buch lesen. Sie vertiefte sich wieder darin, folgte Michael ins Exil nach Sizilien, wobei sie sich ihm seltsam nah fühlte – in gewisser Weise befand sie sich auch im Exil –, und bis zu seiner Hochzeitsnacht, in der er herausfand, dass seine junge Braut noch Jungfrau war, laut Mario Puzo das Beste, was man sein konnte. An dieser Stelle hörte sie auf zu lesen und vergaß das Buch, bis Vonnie es in den Sommerferien auf der Suche nach der aktuellen Fernsehzeitung entdeckte. (Bei den Lerners wusste jeder, dass sich unter Elizas Bett eine Art Bermudadreieck befand, in dem sich alle möglichen Dinge ansammelten.) Der Buchrücken war an der Stelle gebrochen, an der Eliza aufgehört hatte zu lesen, und als Vonnie mit ein paar Staubmäusen im Haar, das nicht ebenso rot, aber ebenso widerspenstig war wie Elizas, unter dem Bett hervorkam, warf sie einen Blick auf die Seiten und dann auf ihre Schwester.
»Woher will der das denn wissen?«, fragte sie. Vonnie war anstrengend und nervtötend, aber auch loyal. Diese Erinnerung erfüllte Eliza mit Zuneigung, und sie beschloss, Vonnie einfach anzurufen, obwohl sie wahrscheinlich direkt bei der Mailbox landen würde. Sie machte sich auf den Weg nach unten in das Arbeitszimmer, den gemütlichsten Raum des Hauses.
Das andere Telefon klingelte, volltönend, durchdringend. Es besaß weder Anrufbeantworter noch Mailbox, eine weitere Entscheidung, über die Verizon mit ihr diskutiert hatte. Es würde ewig klingeln, wenn Eliza es ließ. Was Telefone heutzutage gar nicht mehr taten. In älteren Filmen klingelte es noch sechs, sieben, acht Mal, in diesem Gangsterfilm, den Peter so mochte, geschätzte siebenunddreißig Mal. Heute klingelten Telefone vielleicht drei oder vier Mal, bevor die Mailbox oder der Anrufbeantworter ansprang oder …
Als sie beim siebten Klingeln abhob, hoffte sie beinahe, es ginge um ihre Autoversicherung oder die Hypothek oder Kreditkarte. Die Computerstimme ließ sie einen Moment lang hoffen. Aber dieses Mal wurde sie gefragt, ob sie ein R-Gespräch von Walter Bowman annehmen würde.
Sie willigte ein.
»Elizabeth?«
»Ja.«
Ein anhaltendes Geräusch war zu hören, ein seltsamer, metallischer Widerhall. »Entschuldigung«, sagte Walter. Der Lärm schwoll an, dann wurde er leiser und klang mit vereinzeltem Scheppern aus.
»Was war das denn?« Sie hatte ihm so wenig Fragen wie möglich stellen wollen, damit er den Großteil des Gesprächs bestreiten musste, aber ihre Neugier war zu groß.
»Ach, einer der Kerle hier war unten in Jarratt, aber seine Hinrichtung wurde aufgeschoben, und jetzt bekommt er von uns Tritte.«
»Er bekommt Tritte?«
»Bei einem Aufschub treten wir aus Solidarität gegen die Türen. Obwohl ich gerade für diesen Typen nicht viel übrighabe. Er ist der schlimmste und dümmste Mensch hier drin, und das ist wirklich eine Leistung.«
Sie war perplex. Die Unterhaltung kam ihr vor wie die höfliche Plauderei eines Vertreters, der sich warmredet für sein Verkaufsgespräch. Fast wäre sie herausgeplatzt: Was willst du? Mach schon, komm zur Sache, doch bevor sie etwas sagen konnte, brummte das Handy in ihrer Tasche. Sie sah auf das Display. Isos Schule.
»Walter, kannst du dranbleiben? Mein Handy klingelt, und …«
Sie wollte nicht erklären, warum sie den Anruf nicht ignorieren konnte, aber sie hörte es auch nicht gerne, als Walter sagte: »Klar, ich verstehe schon. Du hast Kinder.«
»Mein Mann hat gesagt, ich soll ihn heute vielleicht vom Flughafen abholen«, log sie, stolz auf ihre Geistesgegenwart. Weil man das altmodische Telefon nicht stumm schalten konnte, ging sie in den Flur, damit Walter das Gespräch mit Isos Schule nicht mithörte.
Die Direktorin meldete sich. »Können Sie herkommen, Mrs. Benedict? Es hat einen … Zwischenfall gegeben.«
»Ist Isobel verletzt? Oder krank?« In ihrer Sorge benutzte sie automatisch den vollen Namen ihrer Tochter.
»Nein, wir sollten nur etwas bereden, bevor es sich zu einem Problem auswächst. Wir wissen ja, dass Isos Bruder zur Grundschule geht, deswegen dachten wir, es wäre einfacher, wenn Sie jetzt kommen, als wenn wir Iso nachsitzen lassen und Ihnen damit Umstände bereiten, weil sie den Bus verpasst.«
»Sie soll nachsitzen?«
»Nur wenn es erforderlich wäre, und das ist es nicht.« Eine Pause. »Noch nicht.«
Auf dem Weg zum beigefarbenen Telefon überlegte sie, was sie sagen konnte. »Tut
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