Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

falschen Moment eine Erektion zu bekommen oder im richtigen Moment keine? Mit Erektionen war es bei ihm gewesen wie mit einer fehlerhaften Kontrollleuchte im Auto, die losblinkte, weil man den Tankdeckel nicht fest genug zugeschraubt hatte. Wie die Frauen, die in hektischer Sorge in die Werkstatt seines Vaters gekommen waren, hatte er Angst gehabt, es könnte einen Schaden geben, wenn er nichts unternahm.
    Aber selbst wenn Frauen so etwas verstehen konnten, warum wurde man von seinesgleichen gerichtet? Sollten die Opfer nicht das letzte Wort haben? Oh, er konnte sich die Antwort des Staatsanwalts schon ausmalen. Es kam einem Mörder doch sehr gelegen, wenn seine Opfer über ihn richten sollten. Aber da war ja noch Elizabeth. Es war nicht gelogen, dass er ihr gegenüber die größte Schuld empfand. Was er ihr angetan hatte, war wirklich Verrat gewesen. Die anderen hatte er nicht gekannt, sie waren ihm nicht echt erschienen. Aber Elizabeth war seine Kopilotin gewesen, sein Kumpel. Charley zu seinem Steinbeck.
    Er beschloss, bei ihrem nächsten Gespräch als Erstes zu sagen: »Es tut mir leid.« Kein Small Talk, kein langsames Vortasten. Er würde ihr sagen, was er nie hatte sagen dürfen von Angesicht zu Angesicht, was ihm die ganzen Jahre lang auf den Nägeln gebrannt hatte. Er begriff natürlich, warum er nie hatte mit ihr sprechen dürfen, warum er auch während ihres Kreuzverhörs nur mit ausdrucksloser Miene und reuigem Blick zuhören und sie nicht direkt ansehen sollte. Aber ein Teil von ihm hatte immer gedacht, so abwegig sei die Bitte nach einem letzten Abschied nicht, nur sie beide, vielleicht in einem Raum im Gerichtsgebäude, vor der Tür ein bewaffneter Wachmann. Er war nicht so dumm gewesen, darum zu bitten, aber das bedeutete nicht, dass er es nicht wollte. Er wollte es immer noch.
    Nein, er musste es direkt sagen, ehrlich und geradeheraus: »Es tut mir leid.«
    Vielleicht würde sie dann auch endlich sagen, dass es ihr leidtat.

Teil III
    In my house

    1985 veröffentlicht
    Platz 7 in der Billboard Hot 100 am 8. Juni 1985
    Hielt sich 22 Wochen lang in der Billboard Hot 100

Kapitel 25
    »Es tut mir leid.«
    Die Worte stürzten so schnell hervor, als das R-Gespräch durchgestellt wurde, dass sie fast abgeschnitten wurden. Eliza starrte auf den beigefarbenen Hörer in ihrer Hand und fragte sich, ob Walter vor sich hin geredet hatte, ob er gerade das Ende eines langen, atemlosen Vortrags erreichte.
    Eine Woche war seit seinem letzten Anruf vergangen, allerdings maß Eliza die verstrichene Zeit als eine Woche, seit die Schule angerufen hatte. Sie hatte Walter nicht vergessen; das Telefon stand jeden Morgen da, es war das Erste, was sie sah. Aber in ihren wachen Stunden drehte sich alles um Iso. Eine Zeit lang hatte die Familie einen ziemlichen Eiertanz aufgeführt, sie und Peter hatten versucht, Iso im Auge zu behalten, ohne sie zu bedrängen, und herauszufinden, ob sie auf echte Probleme zusteuerte. Wenn sie Albie aufzog – war das schlimm oder nur typisches Verhalten unter Geschwistern? Sollte Eliza darüber hinweggehen, weil Iso damit hoffentlich ihre Aggressionen loswerden konnte, oder es im Keim ersticken?
    Eliza hatte ihre Kinder immer natürlich und ungezwungen erzogen, größtenteils ohne Tipps aus Büchern oder von Experten. Sogar ihre Eltern, die selbst Experten waren, hatten Eliza dazu ermutigt, als Mutter ihren eigenen Weg zu finden. Jahrelang hatte sie das Gefühl gehabt, ihre Beschäftigung mit Kinderliteratur sei eine bessere Vorbereitung gewesen als jeder Elternratgeber. Darin fand sich alles, die Ängste, Gefühle und Bedürfnisse der Kindheit. Wenn andere Mütter fragten, wo sie sich Rat holte, sagte sie oft: »Was ich über Erziehung weiß, habe ich von Ramona Quimby gelernt.« Die Leute hielten das für einen schlagfertigen Witz, aber gerade diese Bücher, in denen die Welt aus Kinderperspektive beschrieben wurde, fand Eliza unbezahlbar. Inez hatte Eliza einmal gelobt, sie sei eine gute Mutter, weil sie nie vergessen habe, wie es war, ein Kind zu sein. So wie bei stillenden Müttern die Milch floss, sobald sie Kinder, auch fremde, schreien hörten, wurde Eliza manchmal durch einen Wutanfall oder jämmerliches Quengeln in ihre Kindheit zurückversetzt. Ihre Erinnerungen waren lebhaft, vielleicht weil sie in ihren Gedanken deutlich abgegrenzt waren. Die Zeit davor, die Zeit als Elizabeth.
    Sie konnte Walter, verkörpert durch dieses nüchterne, beigefarbene Gerät – das Damoklestelefon,