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Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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einzige Foto ein, das er von Elizabeth hatte schießen können, damals im Gericht, die Kamera auf Hüfthöhe gehalten. »He, Elizabeth«, hatte er gerufen, und sie hatte sich umgedreht, für den Bruchteil einer Sekunde nur, was ihm für das Foto schon reichte. Es wurde nicht besonders, aber es war besser als das verdammte Schulfoto von den Suchplakaten. Sie hatte die Augen weit aufgerissen und wirkte überrascht, sogar ein wenig schuldbewusst. Das Foto hatten sie für den Buchumschlag verwendet, zusammen mit Walters Polizeifoto und einem herzzerreißenden Bild von Holly Tackett in der Mitte.
    Sein Zug drosselte das Tempo, als er sich Philadelphia näherte. Jared konnte es nicht erwarten, nach Hause zu kommen und online zu gehen. Er durfte noch nicht darüber schreiben. Aber es wäre ein Spaß, am Abend in seinem Arbeitszimmer zu sitzen, andere Blogs zu lesen und sich den Neid und die Überraschung seiner Kollegen vorzustellen, wenn er seine Geschichte herausbrachte. Wie hatte Walter sie wiedergefunden? Doch vielleicht war sie es, die ihn gefunden hatte.

Kapitel 32
    »Der Oktober hat’s gegeben, der Oktober hat’s genommen«, psalmodierte Peter am nächsten Morgen. Der goldene Herbst war einem dunklen, peitschenden Unwetter gewichen, beinahe einem Monsunregen. Eliza spürte, dass ihr keine andere Wahl blieb, als Albie zur Schule zu fahren. Dabei war ihr das gar nicht recht, rein aus Prinzip. War sie übervorsichtig? War sie nicht selbst in strömendem Regen zur Schule gelaufen? Und Albie war aus England an Regen gewöhnt. Aber jetzt schüttete es so, dass man kaum ein paar Meter weit sehen konnte, und ihr graute es bei der Vorstellung, der verträumte Albie würde in seinem viel zu dunklen Regenmantel an der Straße entlanglaufen. Wenn es nach ihr ginge, würde er einen Mantel und eine Mütze in Knallgelb tragen, wie das Mädchen auf der Verpackung von Morton Salt, aber sogar Albie besaß genug Geschmack, um sich einen dunkelblauen Mantel auszusuchen. Außerdem freute sich Albie rührend darüber, ausnahmsweise gefahren zu werden, vor allem wenn Reba von selbst mit in den Wagen sprang. Sie wusste offenbar, dass es bei dem Schulweg nicht um sie ging. Sie folgten einem Ziel, einer Mission, und wenn sie an schönen Tagen mitlief, sollte sie das auch an den düsteren tun.
    Sobald sie Albie abgesetzt hatten, hörte es auf zu regnen, der Himmel klarte auf, und der reine, frische Tag verlockte dazu, etwas draußen zu unternehmen, egal was. Eliza, die zu Hause genug zu tun hatte, wollte eigentlich dorthin, als sie von der Schule losfuhr. Aber irgendwie fand sie sich in ihrem Subaru auf dem Weg nach Nordosten wieder, Richtung Baltimore. Sie vermied die Autobahn und zog Nebenstraßen vor, genau die Strecken, auf denen sie das Fahren gelernt hatte, kam ganz in der Nähe ihres Elternhauses vorbei und machte sogar einen Umweg zu ihrer alten Highschool – die gar nicht mehr ihre ehemalige Schule war, dieses fensterlose Achteck, das sie in mehr oder minder guter Erinnerung behalten hatte. Der viel zu kleine Bau war in den Neunzigern abgerissen und durch einen ansehnlichen Quader aus Backstein und Glas ersetzt worden, in den aus allen Richtungen Licht strömen konnte. Sie folgte der Route 40, die sich offenbar kaum verändert hatte, nur das Roy Rogers war einem Church’s Fried Chicken gewichen. Dann führte die Straße bergab, genau wie früher, Eliza ließ die Vororte mit allem, was dazugehörte, hinter sich und tauchte in den Bereich ein, der an den State Park grenzte. Das Laub, das sich gerade verfärbte, schimmerte in der Sonne. Auf dem Parkplatz ließ sie Reba aus dem Auto. Sie hatte keine Leine dabei, aber die Hündin würde in ihrer Nähe bleiben, auch in einer unbekannten Umgebung voll neuer Gerüche.
    Sie folgten dem Sucker Branch, der auch nach stundenlangem Regen nicht mehr war als ein kleines Rinnsal. Sie redete sich ein, sie könne unmöglich genau sagen, wo sie sich befand; die Gegend bot keine festen Orientierungspunkte, und sie war seit dem August 1985 nicht mehr dort gewesen. Es sei ihr unmöglich, die exakte Stelle zu bestimmen, an der sie Walter gesehen hatte, als er mit seiner Schaufel die Erde glättete.
    Das heißt, es wäre ihr unmöglich gewesen, die exakte Stelle zu bestimmen, hätte nicht am Fuß einer alten Eiche ein Strauß Plastikblumen gesteckt.
    Ein Zufall, sagte sie sich und dann, an Reba gewandt: »Das ist ein Zufall.« Reba sah aus, als würde sie abwägen. So voller Schmutz, war der Strauß

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