Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition)

Titel: Denn mein ist deine Seele: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
Vom Netzwerk:
sicher schon lange der Witterung ausgesetzt. Er konnte genauso Abfall sein, den jemand dort hingeworfen hatte, und keine Erinnerung. Wer würde denn in den Wald laufen und Plastikblumen an einer Stelle niederlegen, an der Maude nicht einmal einen ganzen Tag gelegen hatte? Eliza versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, was sie über Maude wusste. Sie hatte die Mount Hebron Highschool besucht. Unterwegs zur Arbeit in einer Eisdiele an der Route 40 hatte sie sich von Walter mitnehmen lassen. Sie war groß und dünn gewesen, eines von zwei Kindern, deren geschiedene Mutter nur mühsam über die Runden kam. Das alles stellte sich während der Verhandlungen heraus. Walter hatte immer nur in gröbsten Zügen über seine Taten gesprochen.
    »Er muss doch etwas gesagt haben«, hatte der Staatsanwalt gedrängt. Baltimore County war dafür bekannt, dass der Staatsanwalt es mit Macht auf die Todesstrafe anlegte, wann immer es möglich war, und sein Kollege aus Howard County hatte ihm den Fall gern überlassen. Er meinte, es sei beinahe sicher, dass Walter Maude hier getötet hatte, direkt hinter der Grenze zwischen den Countys, und nicht dort, wo er sie entführt hatte. Aber man konnte ihm kein Kapitalverbrechen nachweisen, wenn Maude freiwillig in seinen Pick-up gestiegen war, und genau das behauptete Walter. Außerdem gab es keine Beweise für eine Vergewaltigung. Man nahm an, er habe ein Kondom benutzt, was ungewöhnlich, aber kein Einzelfall war, allerdings auch nicht die fehlenden Verletzungen an Maudes Leiche erklärte. Der Fall wies eine Menge Löcher auf, und jetzt setzten sie Elizabeth unter Druck, um sie zu stopfen.
    Er muss doch etwas über Maude gesagt haben , meinte der Staatsanwalt.
    »Nein«, antwortete Elizabeth. Walter hatte verschiedene Geschichten über das Mädchen erzählt, das er begraben hatte – sie sei aus dem Auto gestürzt, sie sei im Park hingefallen und habe sich den Kopf angeschlagen. In Andeutungen sprach er von anderen Verbrechen, die er vielleicht begangen hatte, um Elizabeth so viel Angst einzujagen, dass sie tat, was er wollte. »Ich habe schlimme Sachen gemacht«, sagte er dann. »Ich wollte das nicht. Ich hatte keine andere Wahl. Aber ich tue, was ich tun muss.«
    Am Ende wurde Walter wegen Mord ersten Grades für schuldig befunden und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. In Virginia hatte er schon die Todesstrafe bekommen, deshalb machte es keinen großen Unterschied. Der Staatsanwalt in Maryland stellte die ganze Sache als Steuerersparnis dar. Maryland blieben die Kosten für Walters Berufung und für seine Unterbringung über Jahre hinweg erspart, und der Gerechtigkeit war trotzdem Genüge getan. Sagte der Staatsanwalt.
    Eliza ging mit Reba weiter, sie atmete die schweren, feuchten Gerüche des Herbstwaldes ein. Das Laub war im Sommer sicher dichter gewesen, sie hatte nicht so weit sehen können wie jetzt. Hätte sie Walter aus größerer Entfernung entdeckt – nein, so durfte sie nicht denken.
    Nach einiger Zeit führte der Weg sie in ihr altes Viertel, das Brigadoon ihrer Mutter. Es war unverändert, beinahe als hätte es die letzten zwanzig Jahre verschlafen. Allerdings gab es hier jetzt wahrscheinlich Kabelfernsehen, dachte Eliza, als ihr auf einem Dach eine kleine Satellitenschüssel auffiel. Sie lief zwischen den Steinhäusern entlang, ordnete jedem seine Geschichte zu und merkte überrascht, wie viel sie noch wusste. Da hatten die Sleazaks gewohnt, dort drüben der alte Traber. (In seiner Todesanzeige, die ihre Mutter vor ein paar Jahren für sie ausgeschnitten hatte, hatte sie erstaunt gelesen, dass dieser Sonderling wie aus dem Buch, der klassische Runter-von-meinem-Rasen-Typ, tatsächlich ein angesehener Maler gewesen war.) Die Tür der Billinghams leuchtete immer noch scharlachrot, ein Skandal damals in den Achtzigern, als der Gemeindeausschuss darüber beriet, ob das ihr Viertel vielleicht die Einstufung als denkmalgeschützte Stätte kosten könnte, um die man sich schon lange bemühte.
    Den größten Unterschied las Eliza an den Autos ab. Die Bewohner des Viertels waren jetzt wohlhabender, oder sie neigten eher dazu, ihr Geld zur Schau zu stellen. Ihrer Mutter hätte das nicht gefallen. Ihr hätte auch nicht gefallen, dass eine Frau in einem BMW langsamer fuhr, als sie Eliza und Reba sah, und sie sichtlich misstrauisch musterte. Sie fuhr vorbei, wendete und kam zurück, dann hielt sie an und ließ das Fenster herunter.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.

Weitere Kostenlose Bücher