Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House
Southwark oder der Bankside hatte.
»Übrigens, wie geht’s eigentlich Stella?«, fragte Kincaid.
Cullen warf ihm einen fragenden Blick zu, offenbar überrascht über den scheinbar unmotivierten Themenwechsel, doch er antwortete bereitwillig. »Absolut unerträglich. Sie ist gerade befördert worden.«
Kincaid wusste, dass Stella, die als Einkäuferin für ein Einrichtungshaus der gehobenen Kategorie arbeitete, sich nur dann mit Cullens Berufswahl einverstanden erklären würde, wenn er plötzlich und wundersamerweise zum Polizeipräsidenten befördert würde, und er fürchtete, dass ihre Ungeduld nur weiter wachsen würde, je höher sie selbst auf der Karriereleiter kletterte. »Na, dann darf man ihr ja gratulieren«, sagte er zu Cullen. Seine Bedenken behielt er wohlweislich für sich. »Wir müssen euch bald mal zu uns einladen, um darauf anzustoßen«, fügte er aufgeräumt hinzu, obwohl er wusste, dass Gemma von dem Plan ebenso begeistert sein würde wie von der Aussicht auf eine Wurzelbehandlung. Zwar verstand sie sich recht gut mit Cullen, doch ihre wenigen bisherigen Begegnungen mit Stella waren nicht gerade von Erfolg gekrönt gewesen.
Der Verkehr wurde immer dichter, je weiter sie sich der Blackfriars Road näherten, und als sie in die Southwark Street einbogen, kamen sie nur noch im Schritttempo voran. »Anscheinend haben sie die Gegend immer noch teilweise abgesperrt«, sagte Cullen.
Weiter vorne konnte Kincaid schon das Rot der Feuerwehrfahrzeuge und das Blaulicht der Streifenwagen der Metropolitan Police ausmachen. Hinter dem Löschwagen stand ein Versorgungsfahrzeug der Feuerwehr. »Mist, alles zugeparkt«, brummte Cullen.
»Dann müssen Sie sich eben selber einen Parkplatz schaffen, nicht wahr, Dougie?«
Cullen sah Kincaid grinsend von der Seite an und lenkte den Astra an den Straßenrand, halb auf die doppelte gelbe Linie und halb auf den Gehsteig. Als ein uniformierter Constable auf sie zugetrabt kam, um sie zu verscheuchen, hielt Cullen seine Dienstmarke an die Scheibe.
Kincaid registrierte erleichtert, dass der Regen sich in der Zwischenzeit auf ein leichtes Nieseln reduziert hatte. Er ließ
den Schirm liegen und schlug lediglich den Kragen seines Trenchcoats hoch, bevor er ausstieg.
Mit dem ersten Atemzug schlug ihm deutlich der Brandgeruch entgegen; das bittere Aroma von verkohltem Holz mischte sich in seinem Mund mit dem dunklen Ton nasser Asche. Zur Rechten erhob sich das, was von Michael Yarwoods viktorianischem Lagerhaus übrig geblieben war. Er erkannte das Gebäude sofort wieder; es war ihm wegen seiner harmonischen Architektur schon öfter im Vorbeifahren aufgefallen.
Es war vier Stockwerke hoch und aus schlichtem graubraunem Backstein erbaut, zu dem die elegant geschwungenen Bögen der großen Fenster einen interessanten Kontrast bildeten. Die Ecken und Kanten waren durch leichte Rundungen abgemildert, die dunkle Fassade mittels eingestreuter cremefarbener Steine um die Fenster und am Dach entlang wirkungsvoll aufgehellt.
Jetzt war das Dach eingefallen, und die Eingangstür hing schief in den Angeln. Die zerbrochenen Fenster starrten wie blinde Augen; an der Vorderseite waren sie von schwarzen Rauchspuren umringt. Ein Feuerwehrmann mit Helm und Schutzjacke stocherte in den Glasscherben und schwelenden Trümmerteilen herum, mit denen die Straße vor dem Haus übersät war. Vom Löschfahrzeug schlängelten sich noch die Schläuche in das ausgebrannte Gebäude hinein, ebenso wie Kabel aus dem Versorgungs-Lkw.
Das Haus und die unmittelbare Umgebung waren abgesperrt. Dahinter drängten sich die Schaulustigen, von denen sich einige durch ihre Notizblöcke und Kameras als Journalisten verrieten. Auch ein Übertragungswagen des Fernsehens harrte noch aus; vermutlich wartete die Crew auf den Abtransport der Leiche und ein Statement der Polizei.
Nun, sie konnten auch noch ein wenig länger warten, aber irgendwann würde er sich ihnen stellen müssen. Es gehörte
nun einmal zu den Aufgaben eines leitenden Kriminalinspektors, die Fragen der Journalisten zu beantworten, aber Kincaid konnte sich durchaus Angenehmeres vorstellen. Er verschwendete einen kurzen Gedanken an die Krawatte, die er sich heute Morgen umgebunden hatte – ein grell gemustertes Liberty-Modell, das ihm Gemmas Mutter letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte -, dann zuckte er mit den Achseln und schmunzelte still vor sich hin. Vielleicht würde er ja einen neuen Modetrend setzen.
Als sie sich dem Eingang des
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