Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House
diesem Zeitpunkt noch nicht sicher sagen«, warnte Farrell.
»Vielleicht haben ja die Bauarbeiter die Türen aus Versehen offen gelassen«, mutmaßte Cullen.
» Eine vielleicht, aber gleich beide?« Farrell schüttelte den Kopf. »Möglich ist es, aber nicht allzu wahrscheinlich, wenn Sie mich fragen. Und damit wären wir wieder beim unbefugten Eindringen – allerdings haben wir bei der ersten Suche im Außenbereich nichts Auffallendes finden können.«
Der Zugführer kam auf sie zu und wandte sich an Farrell. »Die Statiker sind mit ihrer vorläufigen Untersuchung fertig, Sir, und es sieht so aus, als wäre das Gebäude nicht einsturzgefährdet. Ich denke, inzwischen ist es auch so weit abgekühlt, dass Sie mit dem Hund reingehen können, wenn Sie ihm seine Stiefelchen überziehen.« Er tätschelte der Schäferhündin freundlich den Kopf, doch sie ignorierte ihn; ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Haus. Als Martinelli einen Satz Pfotenschoner aus der Jackentasche zog, begann sie nervös zu tänzeln und an der Leine zu zerren.
»Ja, ist ja schon gut, mein Mädchen«, beruhigte er sie, während er in die Hocke ging, um ihr die Gummisocken überzustreifen.
»Lassen Sie mich nur rasch meine Ausrüstung aus dem Wagen holen, ja?«, sagte Farrell und fügte nach einer Pause hinzu: »Also, da Sie schon einmal hier sind, Ms. Kearny, können Sie auch gleich mit uns die Tatortbegehung machen und uns sagen, wenn Ihnen irgendetwas auffällt.«
Farrell ging mit energischen Schritten zu seinem Van und kam kurz darauf mit einer geräumigen Tasche zum Sammeln von Beweisstücken sowie einem Notizbuch zurück. »Also gut, werfen wir mal einen Blick hinein.«
Im Gänsemarsch trotteten sie hinter Farrell her – »Indianer
auf dem Kriegspfad«, hatten sie als Kinder dazu gesagt, und Kincaid empfand einen Anflug von Bedauern beim Gedanken an dieses politisch korrekte Zeitalter, in dem seine Kinder niemals dazu ermuntert werden würden, Cowboy und Indianer oder Soldaten zu spielen. Er hatte beides getan und war dennoch zu einem halbwegs kultivierten Menschen herangewachsen.
Doch die angenehmen Erinnerungen an die Kindheit wurden schnell hinweggefegt, als er hinter Farrell und Rose Kearny durch die Eingangstür des Lagerhauses trat. Der Geruch war draußen schon schlimm genug gewesen, doch hier drin war er erstickend; eine geradezu physisch greifbare Substanz, die in Kleidern und Haaren hängen blieb, durch die Haut drang und sich in den Nebenhöhlen festsetzte. Seine Augen tränten, er musste blinzeln – und dann fing er, vermischt mit dem alles durchdringenden Gestank von verkohltem Holz, noch etwas anderes auf: den schwachen, ölig-süßlichen Geruch verbrannten Fleisches.
Das Löschwasser der Feuerwehr hatte sich auf dem Boden des Lagerhauses in Pfützen gesammelt, die stellenweise mehrere Zentimeter tief waren, und Kincaid schärfte sich ein, sorgfältig darauf zu achten, wo er hintrat. Er schluckte krampfhaft, um gegen das Brennen in seinem Hals anzukämpfen, und wandte seine Aufmerksamkeit Farrell zu, der ein paar Schritte in den Raum hineingegangen und dann stehen geblieben war. »Bleiben Sie dicht hinter mir, wenn’s geht«, sagte Farrell. »Wir sollten doch versuchen, möglichst wenig Spuren zu versauen.«
»Als ob man hier noch etwas versauen könnte«, konstatierte Cullen halblaut, und Kincaid glaubte ein zustimmendes Murmeln aus dem Mund von Inspector Bell gehört zu haben.
Sie standen in einem weitläufigen, offenen Bereich, erleuchtet von Bogenlampen, die von den Generatoren des Versorgungswagens betrieben wurden, und dem schwachen Tageslicht, das durch die kaputten Fenster hereinf iel, doch all das
schien bei weitem nicht ausreichend gegen die alles dominierende Schwärze. Wände, Decken, Böden, die unidentifizierbaren Gegenstände, mit denen der Raum angefüllt war – all das hätten ebenso gut schwarze Löcher sein können, die alles Licht absorbierten und in dichte, undurchdringliche Finsternis verwandelten.
Als seine Augen sich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen begannen, konnte Kincaid erste Umrisse ausmachen. Das längliche Etwas zu seiner Linken, in der Nähe der Fenster, entpuppte sich als ein Stapel Bauholz – ob neu oder Altmaterial, das bei der Renovierung angefallen war, konnte er allerdings nicht erkennen. Vier hölzerne Säulen erhoben sich in gleichem Abstand zur Mitte des Raumes vom Boden bis zur Decke. Kincaid nahm an, dass es sich um tragende Teile handelte, die beim Herausreißen von
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