Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House
schob sie, und sie kletterte auf die Fensterbank, rutschte ab und stürzte mit einem erstickten Schrei auf den Gehsteig. Sie landete hart und verstauchte sich den Knöchel.
Sofort blickte sie zu Farrell hoch, der schon halb aus dem Fenster war, die Hand am Rahmen, als plötzlich ein dumpfer Knall ertönte und ein Feuerball aus dem Fenster hervorschoss. Farrell fiel wie ein Stein und blieb reglos auf dem Pflaster liegen. Sie humpelte auf ihn zu, stieß die Passanten zur Seite und rief: »Lassen Sie mich durch, ich bin von der Feuerwehr!« Eines seiner Beine war seltsam verdreht, und er hatte Verbrennungen
an der Stirn und den Handrücken, doch er war bei Bewusstsein und rief: »Dieser verdammte Irre!! Er wird noch die ganze Straße abfackeln. Rufen Sie einen Löschzug – nein, besser zwei …«
»Mach ich, Bill, bin schon dabei«, sagte Rose, der es inzwischen gelungen war, das Handy aus ihrer Tasche zu kramen und mit ihren zitternden Fingern die richtigen Tasten zu treffen. »Bleiben Sie nur ganz still liegen; sie sind schon unterwegs, und ein Krankenwagen kommt auch.«
»Dieser verdammte Irre«, wiederholte Farrell, aber schon mit weniger Kraft, und sie wusste, dass jetzt der Schock und die Schmerzen erst richtig einsetzten.
Als Rose aufblickte, sah sie Kincaid und Martinelli auf sich zueilen. Sie hoben sie hoch, drückten sie an sich und bestürmten sie gleichzeitig mit ihren Fragen.
Doch ehe sie ihnen antwortete, kniete Rose sich hin und schlang die Arme um Martinellis Hund, vergrub die Hände in Scullys weichem Fell, bis es ihr gelang, das aufsteigende Schluchzen zu unterdrücken.
Dann blickte sie wieder zu den Flammen auf, die über ihr loderten, und einen kurzen Moment lang glaubte sie Jimmy Braidwood im Fenster zu erkennen, taumelnd und tanzend wie eine menschliche Fackel.
Gemma verlangsamte die Fahrt ein wenig, als sie an dem kleinen Rechteck des All-Hallows-Friedhofs vorbeikamen. Mit halbem Auge registrierte sie die kunstvollen Blumenmuster im schmiedeeisernen Tor des Friedhofs, die sich in dem steinernen Bogen darüber wiederholten, während sie zugleich nach der Adresse suchte, die Roberta ihnen genannt hatte.
»Hier«, sagte Winnie neben ihr, und Gemma bog mit quietschenden Reifen nach links ab.
Sie las die verblassten Hausnummern, und bald hatte sie die richtige gefunden und stieg abrupt auf die Bremse. »Das ist es. Das muss es sein.«
Gemma und Winnie stiegen aus und blickten beklommen zu dem Haus auf. Mit seiner schmucklosen Fassade wirkte es abweisend wie ein Gefängnis, und die Fenster waren blind vom Schmutz vieler Jahre. Auf einer Seite erhob sich eine Mauer, gekrönt mit Stacheldraht und Glasscherben.
»Es sieht aus, als wäre seit Jahren niemand mehr hier gewesen«, sagte Gemma. Doch bei näherem Hinsehen stellte sie fest, dass die Türschwelle frei von Laub und Unrat war und dass an der Fensterscheibe neben dem Eingang ein kreisrundes Guckloch von etwa drei Zentimetern Durchmesser in die Schmutzschicht gewischt war. »Nein, ich nehme alles zurück«, flüsterte sie. »Sie war hier, und zwar erst vor kurzem.«
»Was sollen wir …«, begann Winnie, aber Gemma ging bereits auf die Tür zu.
Sie schlug mit dem angelaufenen Messingklopfer an die Tür und rief: »Ms. Holland! Polizei! Machen Sie die Tür auf!«
Das Haus schien sie in feindseligem Schweigen zu beäugen. Gemma versuchte, die Tür zu öffnen, doch sie war fest verriegelt. Sie klopfte noch einmal, hämmerte mit den Fäusten an die Tür und trat dann zurück. Ihre Hand schmerzte schon. Sie blickte zu den Fenstern auf, doch nirgendwo regte sich etwas.
»Kannst du nicht einen Durchsuchungsbefehl anfordern?«, fragte Winnie besorgt.
»So was dauert Stunden.« Gemma ging noch einige Schritte zurück, bis sie wieder auf der Straße stand und das ganze Haus samt dem festungsartig gesicherten Hof überblicken konnte. »Aber eine andere Möglichkeit hineinzugelangen gibt es definitiv nicht.« Die Mauer schien unüberwindlich; die Schiebefenster waren mit Sprossen verstärkt, und sie vermutete, dass sie sich auch dann nicht würden öffnen lassen, wenn es ihr gelänge, an den Fensterriegel heranzukommen. Dennoch, sie musste es versuchen, und falls Elaine Holland im Haus war, würde sie ihr vielleicht eine Reaktion abnötigen.
Auf der Straße konnte sie nichts finden, was von der Größe
oder dem Gewicht her gepasst hätte, und so ging sie zum Wagen und nahm einen Schraubenschlüssel aus dem Kofferraum. Mit einem gezielten
Weitere Kostenlose Bücher