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Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House

Titel: Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Lohn seines zweiten Jobs seinen ersten kleinen Lieferwagen gekauft hatte; fünfundzwanzig, als er zum ersten Mal für den Stadtrat kandidiert hatte. Es war ihm gelungen, die diametralen Rollen des Kleinunternehmers und des Labour-Aktivisten unter einen Hut zu bringen, indem er die Profitgier des Big Business stets vehement abgelehnt und sich unermüdlich für die Verbesserung der Lebensbedingungen in seinem Wahlbezirk eingesetzt hatte. So lange, bis er schließlich, getrieben von seiner Sorge um Chloe, den Verlockungen des Immobiliengeschäfts nachgegeben hatte – und nun vor einem finanziellen Desaster stand.
    Schlimmer noch: Seine Sekretärin hatte ihm mitgeteilt, das Büro des Premierministers habe inoffiziell darum gebeten, dass Scotland Yard die Ermittlungen in dem Fall leiten solle, und das war nun wirklich das Letzte, was er gebrauchen konnte.
    Aus dem Augenwinkel heraus registrierte er eine Bewegung. Er drehte sich um und sah eine Reporterin auf sich zukommen, begleitet von einem Assistenten, der seine Videokamera wie ein unnatürliches Anhängsel mit sich herumschleppte. Einen Moment lang gab er sich wirren Spekulationen hin, ob er die beiden Gestalten vielleicht aus den Tiefen seiner Fantasie heraufbeschworen hatte. Aber nein, sie waren aus Fleisch und Blut. Das rote Auge der Kamera war gnadenlos auf ihn gerichtet, und so zwang er sich, sein öffentliches Gesicht aufzusetzen, während die Reporterin ihm schon das Mikrofon entgegenhielt.

    Doch ehe sie etwas sagen konnte, spürte er plötzlich eine Berührung an seiner Schulter, und eine leise Stimme sagte: »Mr. Yarwood? Ich bin von der Polizei. Könnte ich Sie einen Moment sprechen?«
     
    Kincaid hatte Yarwood sofort erkannt, hatte sich dann aber damit begnügt, ihn eine Weile nur zu beobachten. Der Mann war kleiner, als er im Fernsehen wirkte, und er strahlte auch nicht die Selbstsicherheit aus, die einem sofort auffiel, wenn man ihn auf dem Bildschirm sah. War es der Schock, fragte sich Kincaid, oder verstärkte die Kamera einfach gewisse Charaktereigenschaften?
    Yarwood trug keinen Mantel – vielleicht hatte er ja nicht damit gerechnet, den Tag im Regen stehend verbringen zu müssen -, und der tadellose Sitz seines dunklen Anzugs ließ vermuten, dass er von einem der Nobelherrenschneider in der Londoner Saville Row stammte. Aber alle Schneiderkunst konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Mann in einem Anzug schlichtweg deplatziert wirkte. Er war zu vierschrötig, mit seinem breiten Brustkorb, den im Vergleich zum Rest des Körpers überdimensionierten Armen und Schultern und den kurzen, dicken Beinen eines Ringers.
    Es war ein befremdliches Gefühl gewesen, in Yarwoods Bulldoggen-Gesicht zu blicken und darin keine Spur seiner gewohnten aufgeräumten und streitlustigen Art zu entdecken; und noch befremdlicher war es, seine bestürzte Miene beim Herannahen der Journalistin zu beobachten.
    Da Kincaid keinen Vorteil darin erkennen konnte, die Presse jetzt schon auf Yarwood loszulassen, beschloss er, ihn aus ihren Fängen zu erretten. Nachdem er sich vorgestellt und Yarwood mit einer gewandten Bewegung von der Kamera weggedreht hatte, sah er sich nach einem Ort um, wo er sich mit ihm unterhalten konnte.
    Der Regen schien zumindest eine kurze Pause eingelegt zu
haben, sodass es weniger wichtig schien, einen Unterstand zu suchen, aber es war dennoch nicht einfach, etwas zu finden, wo sie ungestört waren und auch nicht Gefahr liefen, von Feuerwehrleuten mit Harken und Äxten über den Haufen gerannt zu werden. Die Seitenstraße zwischen Yarwoods Lagerhaus und dem ähnlich gebauten Nachbargebäude war von der Polizei komplett abgeriegelt worden. Kurz entschlossen schlüpfte Kincaid unter dem Absperrband hindurch und führte Yarwood zu einer Stelle neben der Seitentür des gegenüberliegenden Hauses.
    Cullen war gerade damit beschäftigt, die Aussage des Vorarbeiters zu Protokoll zu nehmen, doch Inspector Bell fing Kincaids Blick auf und gesellte sich sogleich zu ihnen. Kincaid stellte die beiden einander vor, was Yarwood jedoch kaum zu registrieren schien. Er starrte nur immer wie hypnotisiert das ausgebrannte Gebäude an.
    »Die Leiche – es hieß, Sie hätten eine Leiche gefunden -, ist sie immer noch …«
    Wieder zuckten seine Augen zu dem Lagerhaus hin, als litte er an einem nervösen Tic.
    »Nein«, antwortete Kincaid. »Sie wurde zur Obduktion in die Pathologie gebracht. Haben Sie eine Ahnung, wie es dazu kommen konnte, dass diese Frau als

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