Denn nie bist du allein - Crombie, D: Denn nie bist du allein - In a Dark House
fester, als ob das Interesse ihrer Zuhörer sie ermutigt hätte. »Zuerst hab ich gedacht, komisch, dass da in dem Haus gegenüber so ein rotes Licht ist. Ich dachte, wer hat denn da rotes Licht in seinem Zimmer, muss ja’ne wilde Party sein. Und dann hab ich’s flackern sehen, und dann hab ich plötzlich gedacht, Mensch, das ist ja gar kein Licht, da brennt’s.«
»Und da haben Sie die 999 angerufen?«
»Ja. Die waren ganz schnell da, echt. Kann nicht länger als’ne Minute gedauert haben, da haben wir schon die Sirenen gehört.«
»Und Sie haben weiter hingeschaut?«
»Na ja, also, es war halt spannend irgendwie, wissen Sie?« Sie senkte den Kopf, als sei sie sich nicht sicher, ob die Antwort akzeptabel war. »Brandy ist dann auch aufgewacht, und dann haben wir alle zugeschaut.«
Farrell lächelte ihr zu. »Es geht doch nichts über ein großes Feuer; da wäre ich der Letzte, der Ihnen widersprechen würde. Also gut – und haben Sie noch irgendetwas anderes beobachtet, bevor die Feuerwehr eintraf? War da jemand auf der Straße, oder ist jemand aus dem Seiteneingang herausgekommen?«
»Nee. Da war keiner.«
»Das Haus wär abgebrannt, wenn Mami nicht gewesen wär«, meldete sich Brittany zu Wort. Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Nase und fixierte Farrell mit großen Augen, als wollte sie sagen: »Wehe, du widersprichst mir!«
»Stimmt genau, Kleine«, sagte Farrell freundlich. »Wir können
uns alle bei deiner Mami bedanken. Und jetzt weißt du auch, was du tun musst, wenn du ein Feuer siehst, hm?«
»Die 999 anrufen«, antwortete Brittany wie aus der Pistole geschossen und wölbte stolz die schmale Brust unter dem fleckigen Mickymaus-T-Shirt. »Ich weiß, wo die Neun auf dem Telefon ist. Drei Neunen. Ich kann nämlich schon zählen.«
»Das ist ja ganz toll.« Farrell wandte sich wieder an die Mutter. »Mrs. Brown, haben Sie irgendetwas beobachtet, bevor Sie das Feuer entdeckten? Oder ein ungewöhnliches Geräusch gehört?«
Beverly schüttelte den Kopf – vielleicht einen Tick zu schnell, fand Gemma. »Nee. Ich hab geschlafen. Ich bin nur aufgewacht, weil Brittany so gehustet hat.«
»Und früher am Abend, bevor Sie zu Bett gegangen sind?«, fragte Kincaid. »Haben Sie da irgendetwas gesehen?«
»Nee. Da hab ich doch nicht hingeguckt. Ich musste schließlich die Mädchen ins Bett bringen.« Sie wandte sich an Kath Warren. »Kann ich jetzt gehen, Kath? Ich muss mit Brittany zum Arzt.«
Kath sah Bill Farrell an, und dieser nickte.
Er reichte Beverly Brown eine Karte. »Da steht meine Nummer drauf – falls Ihnen noch irgendwas einfällt«, sagte er.
»Ja, okay«, antwortete sie mit hörbar wenig Begeisterung. Dann schlüpfte sie mit ihren Kindern, die immer noch wie die Kletten an ihr hingen, zur Tür hinaus, und Gemma fiel auf, dass sie es dabei sehr geschickt vermied, Jason Nesbitt zu berühren.
»Können wir uns irgendwo unterhalten?« Gemma hielt die Hand schützend über die Augen. Es regnete jetzt wieder stärker, und die Tropfen prasselten auf ihre Haut wie attackierende Stechmücken.
Kincaid ließ den Blick über die Fassaden der Lagerhäuser und die Bürogebäude auf der anderen Seite der Southwark
Street gleiten – keines davon bot sich als Unterstand an. Schließlich rief er Doug Cullen, der gerade mit Farrell und dem Feuerwehrmann mit dem Schäferhund sprach, zu: »He, Dougie! Können wir mal kurz Ihre Autoschlüssel haben?«
Cullen warf sie ihm grinsend zu. »Passen Sie nur auf, dass die Scheiben nachher nicht ganz beschlagen sind.«
Sie sprinteten auf den Wagen zu, und als Kincaid es endlich geschafft hatte, die Türen zu entriegeln, ließen sie sich lachend auf die Sitze fallen.
»Ich hab meinen Schirm vorhin im Auto gelassen«, gestand er, während er sich mit der Hand den Regen aus dem Gesicht wischte.
»Ich hab ihn auch nicht mit«, sagte Gemma. »Ich dachte, es hätte aufgehört.« Sie konnte fast spüren, wie ihr Haar sich von der Feuchtigkeit wellte und sich aus der Spange zu lösen suchte.
»Hier.« Kincaid angelte eine Schachtel Papiertaschentücher zwischen den Kaugummipapierchen und Chipstüten hervor, mit denen der Boden übersät war. »Bringt das vielleicht was?«
Gemma bemühte sich, die Schachtel nicht zu berühren, während sie eine Hand voll Tücher herauszog und sich das Gesicht abtrocknete. Dann sah sie sich nach einem Platz um, wo sie das zusammengeknüllte Papier deponieren konnte, und verzog das Gesicht angesichts des Chaos.
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