Denn niemand hört dein Rufen
zu halten. Sie brauchte auch ein paar publikumswirksame Actionfilme. Ich war überzeugt, dass sie ihrer Karriere noch einmal einen richtigen Schub verleihen würden. Sie war eine großartige Schauspielerin, aber es ist ja allgemein bekannt, dass im Showbusiness der vierzigste Geburtstag der Anfang vom Ende sein kann, es sei denn, man hat überall noch seine Eisen im Feuer.«
»Nachdem Sie nun Natalie Raines’ Agent geworden waren, ihn also ersetzt haben, hat sich Gregg Aldrich da jemals feindselig Ihnen gegenüber verhalten?«, fragte Moore.
»Nein. Nie. Gregg und ich waren lediglich unterschiedlicher Meinung, wie Natalies Karriere weitergehen sollte, das war alles.«
»Sind Sie jemals zuvor in direkter Konkurrenz um einen Klienten mit Gregg Aldrich gewesen?«
»Zwei meiner Klienten sind in der Vergangenheit zu ihm gewechselt. Dann ist einer von seinen Klienten zu mir gewechselt. Wir wissen beide, wie das Spiel läuft. Gregg ist ein Profi, wie er im Buche steht.«
Aldrichs Sekretärin Louise Powell bezeugte, dass Gregg noch niemals die Fassung verloren habe, und wenn es auch noch so ärgerliche Zwischenfälle gegeben habe. »Ich kann mich nicht einmal erinnern, dass er überhaupt einmal laut geworden ist«, beteuerte sie. Sie sagte auch über seine Beziehung zu Natalie aus. »Er war vollkommen in sie vernarrt. Ich weiß, dass er sie oft angerufen hat, nachdem sie
sich getrennt haben, aber er hat das auch schon getan, als sie noch zusammen waren. Sie hat mir einmal gesagt, wie wunderschön sie es finde, dass er so aufmerksam zu ihr sei. Ich glaube, mit diesen Anrufen wollte er auf seine Art zeigen, dass ihr immer noch seine größte Wertschätzung galt. Natalie benötigte diese Aufmerksamkeit, und Mr Aldrich wusste das.«
Als Powell um zehn nach zwölf den Zeugenstand wieder verließ, fragte Richter Stevens Moore, ob er noch weitere Zeugen aufbieten wolle.
»Mein nächster und letzter Zeuge wird Mr Gregg Aldrich sein, Euer Ehren.«
»In diesem Fall werden wir jetzt unterbrechen und die Sitzung um halb zwei fortsetzen«, ordnete der Richter an.
Die Zeugen waren ziemlich gut, musste sich Emily eingestehen. In der Mittagspause nahm sie ein Sandwich und einen Kaffee mit in ihr Arbeitszimmer und machte die Tür hinter sich zu. Sie war verwirrt, in irgendeiner Weise war ihre gesamte Gefühlswelt ins Wanken geraten. Jetzt, wo es ums Ganze geht, wo ich ihn erledigen soll, ausgerechnet jetzt fange ich an, Mitleid mit ihm zu haben, dachte sie. Der liebende Sohn, der alleinerziehende Vater, der Mensch, der eine zweite Chance zum Glücklichsein erhält, und dann zerplatzt alles vor seinen Augen.
Dass er seine Arbeitszeit nach dem Tagesablauf seiner Tochter ausrichtete, stimmt nun wirklich nicht mit dem Bild überein, das ich von ihm hatte, überlegte sie. Ich dachte, er sei einer von diesen Playboys, die sich unter den Stars tummeln.
Wenn Mark und mir das Glück beschieden worden wäre, ein Kind zu haben, hätte es mich dann auch so angeschaut
wie Katie ihren Vater? Sicherlich kennt sie ihn besser als jeder andere Mensch auf der Welt.
Ihr Sandwich schmeckte nach gar nichts. Ist das Essen, das sie im Gefängnis kriegen, auch so? Ein Gefängniswärter hatte ihr erzählt, dass Jimmy sich gestern über das Essen beschwert habe.
Als Zeuge ist er fantastisch gewesen, dachte Emily, aber als Mensch – was für ein Ekel!
Ich dachte, Gregg Aldrich würde gleich ohnmächtig werden, als Jimmy von dieser quietschenden Schublade erzählte. Dieser Indizienbeweis hat die letzten Zweifel an Eastons Glaubwürdigkeit zunichtegemacht. Das war der erste Nagel zu seinem Sarg. Eine Tatsache, die über den Rest seines Lebens entscheiden wird.
Warum war Gregg Aldrich so bleich geworden, als Jimmy die Schublade erwähnte? Diese Frage ging Emily einfach nicht aus dem Kopf. Ahnte er, dass er damit erledigt sein würde, oder erschien es ihm einfach als so unwahrscheinlich, dass sich Jimmy Easton an dieses Detail erinnerte?
Hätte ich mich an so etwas erinnert? Emily versuchte, sich in Easton hineinzuversetzen, wie er im Wohnzimmer in der Park Avenue stand, mit einem Mordauftrag in der Tasche, und nun gierig darauf wartete, dass ihm die fünftausend Dollar ausgehändigt wurden.
Schließlich schüttelte Emily unwillig alle diese Fragen ab und vertiefte sich noch einmal in die Notizen, die sie sich für das Kreuzverhör mit Gregg Aldrich gemacht hatte.
25
S chritt für Schritt führte Richard Moore mit seinen Fragen Gregg Aldrich durch
Weitere Kostenlose Bücher