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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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stecken geblieben war, hatte ich diesmal reichlich
Zeit für die Fahrt nach Maine zur Carrington Academy
eingeplant, wo ich mit Jane Bostrom verabredet war.
    Daher kam ich früh genug in Rockport an, um noch bei
einem Coffeeshop Station zu machen. Ich genehmigte mir
ein geröstetes Käse-Sandwich und eine Cola und fühlte
mich danach gerüstet, das Gespräch mit ihr aufzunehmen.
    Man begleitete mich zu ihrem Zimmer, wo sie mich
freundlich, aber reserviert begrüßte. Ich ahnte, dass es
schwierig werden würde, von ihr die gewünschten
Informationen zu bekommen. Sie stand hinter ihrem
Schreibtisch und bot mir den davor stehenden Stuhl an.
Wie viele leitende Angestellte verfügte sie auch über eine
Sitzecke für Besucher mit einer Couch und mehreren
Sesseln, aber ich wurde nicht eingeladen, dort Platz zu
nehmen.
    Sie war jünger, als ich erwartet hatte, etwa fünfund
dreißig, mit dunklen Haaren und großen grauen Augen,
die etwas misstrauisch zu blicken schienen. Ich hatte noch
unser kurzes Telefongespräch im Ohr, und ich hatte das
Gefühl, dass sie stolz auf ihre Schule war und nicht
zulassen würde, dass irgendeine Journalistin sie wegen
eines einzelnen Schülers in den Schmutz ziehen würde.
    »Dr. Bostrom«, begann ich, »lassen Sie mich die Karten
offen auf den Tisch legen. Rob Westerfield hat seine
beiden letzten Schuljahre in Carrington verbracht. Er
wurde aus seiner früheren Schule rausgeworfen, weil er
einen anderen Schüler hinterrücks überfallen und
verprügelt hat. Als sich dieser Zwischenfall ereignete, war
er vierzehn Jahre alt.
    Mit siebzehn hat er geplant, seine Großmutter zu
ermorden. Es wurden drei Schüsse auf sie abgegeben, und
sie hat nur durch ein Wunder überlebt. Mit neunzehn hat
er meine Schwester erschlagen. Im Moment gehe ich
Hinweisen nach, wonach es möglicherweise noch einen
weiteren Menschen gibt, den er umgebracht hat.«
    Ich beobachtete, wie ihr Gesichtsausdruck wechselte. Sie
schien jetzt erschrocken, geradezu bestürzt. Es dauerte
eine geraume Zeit, bevor sie anfing zu sprechen. »Miss
Cavanaugh, diese Informationen über Rob Westerfield
sind in höchstem Maße erschreckend, aber Sie müssen
sich über eines im Klaren sein. Ich habe seine Akte hier
auf meinem Tisch, und darin steht absolut nichts, was
darauf hindeuten würde, dass es ein ernsteres Problem mit
seinem Verhalten gegeben hätte, während er hier bei uns
war.«
    »Es fällt mir schwer, zu glauben, dass er mit dieser
gewalttätigen Vergangenheit imstande gewesen sein soll,
zwei Jahre durchzuhalten, ohne durch ein größeres
Vergehen aufzufallen. Darf ich fragen, wie lange Sie
schon hier in Carrington arbeiten, Dr. Bostrom?«
»Fünf Jahre.«
    »Dann ist das Einzige, worauf Sie sich stützen können,
eine Schülerakte, die womöglich gesäubert worden ist.«
»Ich stütze mich auf die Akte, die ich hier vorliegen
habe.«
»Darf ich fragen, ob die Westerfields der Carrington
Academy irgendwelche größeren Spenden haben zukom
men lassen?«
»In der Zeit, als Rob hier Schüler war, haben sie
gespendet, um die Sporthalle zu renovieren und neu
auszustatten.«
»Ich verstehe.«
»Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen, Miss
Cavanaugh. Bitte versuchen Sie zu verstehen, dass viele
unserer Schüler harte Zeiten durchgemacht haben und
Führung und Einfühlungsvermögen benötigen. Manche
unter ihnen waren Streitobjekte in heftigen Scheidungs
kämpfen. Bei anderen ist ein Elternteil eines Tages einfach
aus ihrem Leben verschwunden. Sie machen sich keine
Vorstellung davon, wie sehr das Selbstwertgefühl eines
Kindes dadurch Schaden nehmen kann.«
O doch, ich mache mir sehr wohl eine Vorstellung
davon, dachte ich. Ich verstehe das sogar sehr gut.
»Einige unserer Schüler sind junge Menschen, die weder
in der Lage sind, mit Gleichaltrigen auszukommen, noch
mit Erwachsenen.«
»Das scheint auch Rob Westerfields Problem gewesen
zu sein«, sagte ich. »Aber unglücklicherweise für uns, die
es betrifft, hat seine Familie immer versucht, seine
Untaten zu vertuschen und alle Schwierigkeiten mit Geld
aus dem Weg zu räumen.«
»Sie müssen wissen, dass wir sehr großen Wert auf
Disziplin legen. Wir sind der Auffassung, dass die
Stärkung des Selbstwertgefühls ein wichtiger Schritt zur
Heilung einer emotionalen Störung ist. Wir erwarten von
unseren Schülern, dass sie sich um gute schulische
Leistungen bemühen, sich an sportlichen oder anderen
Aktivitäten

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