Denn vergeben wird dir nie
um die sechzig, mit dunklen,
hellwachen Augen und einer vollen, warmen Stimme.
Unter dem Arm trug sie die gewünschten Programmhefte.
Mittlerweile hatten wir zwei Schüler mit Philip als
erstem Vornamen herausgefiltert und einen mit Philip als
zweitem Vornamen.
Der erste, den wir gefunden hatten, war zurzeit, wie
Dr. Bostrom mir schon gesagt hatte, Mitglied im Beirat
der Schule. Dr. Dittrick konnte sich erinnern, dass der
Schüler mit Philip als zweitem Vornamen vor zwei Jahren
auf dem zwanzigjährigen Klassentreffen anwesend war.
Damit blieb nur noch einer übrig. Dr. Bostroms
Sekretärin suchte im Computer nach seinem Namen. Er
lebte in Portland, Oregon, und entrichtete jährlich Beiträge
für den Fonds der Ehemaligen. Die letzte Summe war im
Juni überwiesen worden.
»Tut mir Leid, dass ich Ihre Zeit verschwendet habe«,
entschuldigte ich mich. »Ich würde gerne noch einen
kurzen Blick in diese Programmhefte werfen, und dann
sind Sie mich los.«
Bei allen Aufführungen hatte Rob Westerfield die
männliche Hauptrolle gespielt. »Ich habe ihn deutlich in
Erinnerung«, sagte Corinne Barsky. »Er war wirklich
begabt. Sehr von sich eingenommen, sehr arrogant gegen
über den andern Schülern, aber ein guter Schauspieler.«
»Hat es denn keine Probleme mit ihm gegeben?«, fragte
ich.
»O doch, ich kann mich an einen Streit mit dem
damaligen Leiter erinnern. Er wollte nicht mit seinem
eigenen Namen, sondern mit seinem Bühnennamen, wie er
es nannte, aufgeführt werden. Der Leiter hat das
abgelehnt.«
»Wie lautete dieser Bühnenname?«
»Warten Sie, ich werde versuchen, mich daran zu
erinnern.«
»Corinne, hat es nicht auch eine Riesenaufregung wegen
Rob Westerfield und einer Perücke gegeben?«, fragte
Dr. Dittrick. »Ich habe da so etwas in Erinnerung.«
»Er wollte eine Perücke tragen, die er an seiner früheren
Schule in einer Vorstellung benutzt hatte. Auch das hat der
Leiter ihm nicht gestattet. Während der Aufführungen kam
Rob dann mit Perücke aus der Garderobe und hat sie erst
im letzten Augenblick, bevor er auf die Bühne ging,
abgelegt. Ich habe gehört, dass er die Perücke manchmal
auch auf dem Campus trug. Er hat zwar jedes Mal
Nachsitzen dafür kassiert, aber er hörte trotzdem nicht
damit auf.«
Dr. Bostrom sah mich an. »Das stand nicht in seiner
Akte«, sagte sie.
»Die Akte wurde natürlich gesäubert«, sagte Dr. Dittrick
unwillig. »Was meinen Sie, woher wir sonst das Geld für
die totale Renovierung der Sporthalle bekommen hätten?
Direktor Egan brauchte nur bei Westerfields Vater
anzurufen und anzudeuten, dass sich Rob auf einer
anderen Schule vielleicht wohler fühlen würde.«
Dr. Bostrom blickte beunruhigt zu mir. »Keine Angst.
Ich werde nicht darüber schreiben«, sagte ich.
Ich suchte nach meiner Handtasche und fischte mein
Handy heraus. »Ich bin gleich weg«, versprach ich, »aber
ich möchte noch einen Anruf machen, bevor ich gehe. Ich
habe kürzlich mit einem ehemaligen Mitschüler von
Westerfield in Arbinger gesprochen, Christopher Cassidy.
Er ist derjenige, den Rob damals zusammengeschlagen
hat. Mr. Cassidy hat mir erzählt, dass Rob manchmal den
Namen einer Figur benutzt hat, die er auf der Bühne
gespielt hat. Und er wollte herausfinden, welcher Name
das war.«
Ich suchte die Nummer heraus und tippte sie ein.
»Cassidy Investment«, meldete eine kurz angebundene
Stimme.
Ich hatte Glück. Christopher Cassidy war zurück von
seiner Reise, und ich wurde direkt zu ihm durchgestellt.
»Ich habe nachgeforscht«, sagte er mit triumphierender
Stimme. »Ich hab den Namen gefunden, den Westerfield
benutzt hat, er ist aus einem der Stücke, in denen er
gespielt hat.«
»Jetzt erinnere ich mich an den Namen«, sagte Corinne
Barsky aufgeregt.
Cassidy befand sich in Boston, Barsky nur zwei Meter
von mir entfernt in Maine. Aber sie sagten es gleichzeitig.
»Es war Jim Wilding.«
Jim, schoss es mir durch den Kopf. Rob hatte die Plan
skizze selbst gezeichnet!
»Ellie, ich muss einen anderen Anruf entgegennehmen«,
entschuldigte sich Cassidy.
»Tun Sie das. Das war alles, was ich wissen wollte.«
»Was Sie über mich für die Website geschrieben haben,
ist sehr gut. Sie können es veröffentlichen, ich stehe
tausendprozentig dahinter.«
Er legte auf.
Corinne Barsky hatte eines der Programmhefte
aufgeschlagen. »Das dürfte Sie interessieren, Miss
Cavanaugh«, sagte sie. »Der damalige Leiter ließ im
Programmheft alle Mitwirkenden in
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