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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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»Gehen Sie mit
meiner Frau. Wir wohnen gleich ein paar Häuser weiter.«
Fünf Minuten später saß ich zum ersten Mal seit mehr
als zwanzig Jahren wieder in der Küche unseres alten
Hauses, eingewickelt in eine Decke, vor mir eine Tasse
Tee. Durch die Glastür zum Esszimmer konnte ich
Mutters geliebten Kronleuchter sehen, der immer noch an
seinem Platz hing.
Und ich sah Andrea und mich den Tisch für das
Abendessen am Sonntag decken.
»Der heutige Ehrengast ist Lord Malcolm Bigbottom.«
Ich schloss die Augen.
»Kümmern Sie sich nicht um mich, weinen Sie ruhig«,
sagte Lynn, die Frau, die in unserem alten Haus wohnte,
mit freundlicher Stimme. »Nach allem, was Sie gerade
durchgemacht haben!«
Aber ich schaffte es, meine Tränen zu unterdrücken. Ich
hatte das Gefühl, wenn ich einmal anfinge zu weinen,
könnte ich nie mehr aufhören.

25
    EIN FEUERWEHRHAUPTMANN kam in das Haus der
Keltons und bestand darauf, einen Krankenwagen zu holen
und mich ins Krankenhaus zu bringen. »Sie haben sicher
eine Menge Rauch eingeatmet, Miss Cavanaugh«, sagte
er. »Sie müssen dringend untersucht werden, selbst wenn
es nur eine Vorsichtsmaßnahme ist.«
    Im Oldham County Hospital behielt man mich über
Nacht da, was mir nicht ungelegen kam, da ich nicht
wusste, wo ich sonst hätte bleiben sollen. Als ich endlich
im Bett lag – zuvor hatte man Gesicht und Körper von
Ruß befreit und meine versengten Füße verbunden –, war
ich froh über das Schlafmittel, das man mir anbot. Das
Zimmer, in dem ich lag, war in der Nähe der
Schwesternstation, und ich hörte das leise Stimmen
gemurmel und das Geräusch der Schritte.
    Während ich wegdämmerte, dachte ich noch, dass ich
mir nur wenige Stunden zuvor Gesellschaft gewünscht
hatte. Ich hatte allerdings nicht erwartet, dass mein
Wunsch auf diese Weise in Erfüllung gehen würde.
    Als mich eine Schwesternhelferin um sieben in der Früh
weckte, gab es praktisch keinen Teil meines Körpers, der
nicht wehtat. Sie prüfte Puls und Blutdruck und
verschwand wieder. Ich schlug die Decke zurück,
schwang meine Beine zum Fußboden und versuchte, ohne
recht zu wissen, was passieren würde, aufzustehen. Meine
Füße waren dick verbunden, es fühlte sich fürchterlich
unangenehm an, wenn man sie belastete, aber abgesehen
davon konnte ich eigentlich nur feststellen, dass mit mir
alles in Ordnung war.
    Erst in diesem Augenblick wurde mir bewusst, wie viel
Glück ich gehabt hatte. Nur ein paar Minuten länger, und
ich wäre durch den vielen Rauch bewusstlos geworden.
Bis die Keltons eingetroffen wären, wäre ich nicht mehr
zu retten gewesen, selbst wenn sie gewusst hätten, dass ich
mich noch im Haus befand.
    War das Feuer ein Unfall? Ich war davon überzeugt,
dass es nicht so war. Ich hatte zwar nie einen Blick in die
Garage unter der Wohnung geworfen, aber Mrs. Hilmer
hatte gesagt, dass dort praktisch nur Gartengeräte
aufbewahrt würden. Gartengeräte gehen nicht in Flammen
auf.
    Officer White hatte mich vor ehemaligen Mitgefangenen
von Rob Westerfield gewarnt, die versuchen könnten,
mich zu beseitigen, um seine Gunst zu erlangen. White
hatte nur die Reihenfolge umgekehrt. Ich hatte nicht den
leisesten Zweifel, dass das Feuer von Westerfield bestellt
worden war und dass er den Auftrag einem seiner
ehemaligen Lakaien aus Sing-Sing erteilt hatte. Es hätte
mich überhaupt nicht gewundert, wenn sich herausstellen
sollte, dass sein Handlanger der Typ war, der mich auf
dem Parkplatz angesprochen hatte.
    Sicherlich war Mrs. Hilmer inzwischen von dem Brand
unterrichtet worden – ich hatte Officer White die
Telefonnummer ihrer Enkelin auf Long Island gegeben.
Ich konnte mir vorstellen, wie schlimm es für sie gewesen
sein musste, als sie erfuhr, dass die Garage samt Wohnung
abgebrannt war. Das Gebäude war eine ehemalige
Scheune und besaß einigen historischen Wert.
    Mrs. Hilmer war dreiundsiebzig Jahre alt. Die Wohnung
über der Garage war für sie eine Art Versicherung
gewesen: Falls sie einmal ständige Hilfe oder Pflege
brauchte, dann konnte sie eine separate Unterkunft
anbieten.
    Sicherlich war der Unfall ihrer Enkelin noch ein
zusätzlicher Hinweis auf die Tatsache gewesen, wie
schnell man in eine Situation geraten konnte, in der man
auf solche Hilfe angewiesen war.
    War sie ausreichend versichert, um das Gebäude wieder
aufzubauen, und wollte sie sich die mit den Bauarbeiten
verbundenen Umstände überhaupt antun? Bei alldem

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