Denn vergeben wird dir nie
ich.
»Ganz, wie Sie wünschen. Mein Angebot steht: Fünf
tausend Dollar, und ich gebe Ihnen den Vornamen von
dem Typen, den Westerfield umgebracht haben will.«
»Nur den Vornamen?«
»Mehr weiß ich nicht. Tut mir Leid.«
»Können Sie mir nicht noch mehr sagen? Ich meine,
wann es passiert ist, wo es passiert ist?«
»Ich weiß nur den Vornamen, und ich muss das Geld bis
Freitag haben.«
Heute war Montag. Dreitausend Dollar hatte ich auf
einem Sparkonto in Atlanta, und den Rest würde ich, auch
wenn mir der Gedanke schwer fiel, von Pete leihen
können, falls der Vorschuss für das Buch nicht bis Freitag
eingetroffen sein sollte.
»Also, was ist?« Er klang ungeduldig.
Mit einiger Wahrscheinlichkeit war ich im Begriff,
hereingelegt zu werden, dessen war ich mir bewusst, aber
ich beschloss, es darauf ankommen zu lassen.
»Bis Freitag habe ich das Geld«, versprach ich.
29
BIS MITTWOCHABEND hatte ich einigermaßen zur
Normalität zurückgefunden. Ich besaß Kreditkarten, einen
Führerschein und Geld. Ein Vorschuss auf das Buch war
auf elektronischem Weg an eine Bankfiliale in der Nähe
des Gasthofs überwiesen worden. Die Frau des Haus
verwalters in Atlanta war in meine Wohnung gegangen,
hatte einige Kleider für mich zusammengepackt und sie
mir über Nacht zuschicken lassen. Die Blasen an meinen
Füßen begannen abzuheilen, und ich hatte sogar die Zeit
gefunden, mir die Haare schneiden zu lassen.
Das Wichtigste war, dass ich für den Donnerstag
nachmittag in Boston einen Termin mit Christopher
Cassidy vereinbart hatte, jenem Stipendiaten in Arbinger,
der mit vierzehn Jahren von Rob Westerfield zusammen
geschlagen worden war.
Ich hatte auch schon einen Artikel über den Vorfall mit
Dr. Margaret Fisher auf die Website gesetzt, wonach ihr
Rob Westerfield damals den Arm verdreht hatte und sie
von seinem Vater fünfhundert Dollar erhalten hatte, damit
sie keine Anzeige erstatte.
Den Text schickte ich ihr per E-Mail zu, bevor ich ihn
auf der Website veröffentlichte. Sie gab nicht nur ihr
Einverständnis, sondern äußerte auch ihre professionelle
Meinung, dass es sich bei dem ungebremsten Ausbruch
von Hass und Gewalt, den sie an ihm erlebt hatte, sehr gut
um dieselbe Art von Reaktion gehandelt haben könnte, die
ihn dazu getrieben hatte, Andrea zu erschlagen.
Auf der anderen Seite hatte Joan sich im Kreis von
Andreas alten Freundinnen von der Highschool umgehört
und berichtet, dass sich keine von ihnen daran erinnern
könne, irgendeinen Anhänger an ihr gesehen zu haben, bis
auf denjenigen, den sie von meinem Vater bekommen
hatte.
Auf die Website hatte ich einen Kasten mit einer
Beschreibung des Anhängers platziert, darunter die Bitte,
mir jede etwa vorhandene Information zukommen zu
lassen. Bis jetzt ohne Ergebnis. Eine Fülle von Reaktionen
waren an meine E-Mail-Adresse geschickt worden. Einige
lobten meine Aktion, andere sprachen sich vehement
dagegen aus. Daneben bekam ich auch meinen Teil an
durchgeknallten Typen ab. Zwei gestanden mir, den Mord
begangen zu haben. Einer behauptete, Andrea sei noch am
Leben und brauche dringend meine Hilfe.
In einem weiteren Teil der Zuschriften wurden
Drohungen geäußert. Darunter war eine, die ich für
authentisch hielt. Darin hieß es, der Schreiber sei sehr
enttäuscht, dass ich dem Feuer entkommen sei. Er fügte
hinzu: »Nettes Nachthemd – von L. L. Bean, nicht wahr?«
Hatte der Schreiber das Feuer vom Wald aus beobachtet,
oder war es womöglich der nächtliche Besucher, der
vielleicht im Schrank das Nachthemd auf dem Bügel
gesehen hatte, als er in der Wohnung gewesen war? Jede
dieser Möglichkeiten war beunruhigend, nein, eigentlich
waren beide in höchstem Maße beängstigend, wie ich mir
ehrlicherweise eingestehen musste.
Ich telefonierte mehrmals am Tag mit Mrs. Stroebel, und
als sich Paulies Zustand zu bessern begann, war von Mal
zu Mal eine größere Erleichterung bei ihr zu spüren.
Allerdings kamen neue Sorgen auf. »Ellie, wenn es einen
neuen Prozess gibt, und Paulie muss noch einmal
aussagen, dann befürchte ich, dass er sich wieder etwas
antun wird. Er hat mir gesagt: ›Mama, ich kann mich vor
Gericht nicht so ausdrücken, dass sie mich verstehen
werden. Ich habe mir nur Sorgen darüber gemacht, dass
Andrea mit Rob Westerfield zusammen war. Ich habe ihr
nicht gedroht.‹«
Sie fügte noch hinzu: »Meine Freunde haben mich
angerufen. Sie haben Ihre Website gesehen. Alle haben
gesagt, wir
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