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Denn vergeben wird dir nie

Denn vergeben wird dir nie

Titel: Denn vergeben wird dir nie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Tränen
vergossen.« Bruder Bob stand neben mir.
Wir redeten eine Stunde lang miteinander. Als ich bei
Joan anlangte, war ich wieder einigermaßen mit Gott
versöhnt.
Joan und ich waren unterschiedlicher Meinung über Will
Nebels’ Auftritt vom Vorabend.
    »Ellie, er war einfach sturzbesoffen. Und wenn Leute zu
viel getrunken haben, dann sagen sie oft etwas, was sie
eigentlich nicht preisgeben wollten. Worauf ich hinaus
will: In diesem Fall ist es eher die Wahrheit als eine Lüge,
die ihnen herausrutscht.«
    Ich musste zugeben, dass Joan in diesem Punkt Recht
hatte. Ich hatte schon über zwei Fälle geschrieben, in
denen der Mörder nur geschnappt wurde, weil er sich mit
Scotch oder Wodka betrunken und irgendjemandem sein
Herz ausgeschüttet hatte, der dann sofort die Polizei
verständigt hatte.
»Ich sehe es etwas anders«, erklärte ich ihr und Leo.
»Für mich ist Will Nebels einfach ein feiger, kaputter
    Typ, der sich allem und jedem anpassen kann, wenn man
es von ihm verlangt. Wie eine Puddingmasse, die jede
Form annimmt, in die man sie gießt. Immerhin war er
nicht zu besoffen, um sich zu erinnern, dass er meine
Wippe repariert hat und dass mein Vater nicht besonders
geschickt mit den Händen war.«
    »Es stimmt, was Ellie sagt«, meinte Leo. »Nebels ist
nicht so primitiv, wie er auf den ersten Blick erscheint.«
Aber dann fügte er hinzu: »Das heißt natürlich nicht,
dass Joan nicht auch Recht hat. Wenn Nebels tatsächlich
gesehen hat, dass Paulie Stroebel in der Tatnacht in die
Garage gegangen ist, dann ist er schlau genug, um zu
wissen, dass die Sache verjährt ist und er nichts riskiert,
wenn er dabei ein bisschen Geld für sich herausschlägt.«
»Nur ist das Ganze nicht auf seinem Mist gewachsen«,
sagte ich. »Sie waren es, die auf ihn zugegangen sind. Er
war bereit, die Geschichte zu erzählen, die sie verlangten,
und dafür haben sie ihn bezahlt.«
Ich rückte meinen Stuhl ab. »Der Brunch war
wunderbar«, sagte ich, »und jetzt hätte ich Lust, eine
Partie Schach gegen Sean zu gewinnen.«
Eine Weile blieb ich noch vor dem Fenster stehen. Dies
war der zweite strahlende Sonntagnachmittag, an dem ich
in diesem Zimmer stand, genau um dieselbe Uhrzeit.
Wieder nahm mich die wunderbare Aussicht auf den Fluss
und die Berge gefangen.
In meiner Welt, die alles andere als friedlich war,
bedeutete der Anblick dieser friedlichen Landschaft eine
wahre Labsal.
Ich gewann die erste Partie, Sean die zweite. Wir
verabredeten, »möglichst bald« eine Revanche zu
veranstalten.
    Bevor ich zurückfuhr, rief ich das Krankenhaus an und
sprach mit Mrs. Stroebel. Paulies Fieber war gesunken, er
fühlte sich sehr viel besser. »Er will mit Ihnen reden,
Ellie.«
Vierzig Minuten später saß ich an seinem Bett. »Du
siehst schon viel besser aus als gestern«, sagte ich.
    Er war immer noch sehr bleich, aber seine Augen waren
klar. Er lag halb aufgerichtet, mit einem zusätzlichen
Kissen unter dem Kopf. Er lächelte verhalten. »Ellie,
Mama hat mir erzählt, du wüsstest, dass ich den Anhänger
auch gesehen habe.«
    »Wann hast du ihn gesehen, Paulie?«
»Ich hab bei der Tankstelle gearbeitet. Am Anfang sollte
ich nur die Autos waschen und reinigen, wenn sie fertig
repariert waren. Als ich einmal Robs Wagen gereinigt
habe, fand ich den Anhänger in der Ritze vom Vordersitz.
Das Kettchen war gerissen.«
»Du meinst, an dem Tag, an dem Andreas Leiche
gefunden wurde?« Aber das ergibt keinen Sinn, dachte
ich. Wenn Rob an jenem Morgen wegen des Anhängers
noch einmal zurückgekehrt ist, dann hätte er ihn nie im
Wagen liegen gelassen. Oder konnte er wirklich so dumm
gewesen sein?
Paulie blickte zu seiner Mutter. »Mama?«, fragte er
Hilfe suchend.
»Ist schon gut, Paulie«, sagte sie begütigend. »Du hast
eine Menge Medikamente bekommen, und es ist nicht
einfach, alles im Kopf zu behalten. Mir hast du erzählt,
dass du den Anhänger zweimal gesehen hast.«
Ich warf einen scharfen Blick auf Mrs. Stroebel, um zu
prüfen, ob sie versuchte, ihn zu beeinflussen. Aber Paulie
nickte.
»Stimmt, Mama. Ich hab ihn im Wagen gefunden. Das
Kettchen war gerissen. Ich habe ihn Rob gegeben, und er
hat mir dafür zehn Dollar Trinkgeld gegeben. Die habe ich
zu dem Geld getan, das ich für das Geschenk für deinen
fünfzigsten Geburtstag gespart habe.«
»Ja, ich erinnere mich, Paulie.«
»Wann war Ihr fünfzigster Geburtstag, Mrs. Stroebel?«,
fragte ich.
»Das war am ersten Mai, im

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