Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)
Aber während die Stimme weiterflüsterte und Valentins Worte ihm nicht mehr aus dem Kopf gingen, musste er sich eingestehen, dass er seine Schuldgefühle wegen Frankensteins Tod als Mittel benutzt hatte, um seinen Weg zu gehen, um voranzukommen; sie hatten sein Streben befeuert, sich vor jedermann zu beweisen, unermüdlich weiterzuforschen und wenn möglich Sühne zu leisten.
Daran braucht sich nichts zu ändern, flüsterte die Stimme. Er ist gestorben, um dir das Leben zu retten. Du kannst ihn trotzdem ehren, sein Opfer ehren und allen zeigen, dass er keine falsche Entscheidung getroffen hat. Aber vielleicht musst du etwas Schuld abwerfen, bevor die Last dir zu schwer wird.
»Jamie?«, fragte Valentin. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
Er machte halt und drehte sich nach dem Vampir um.
»Warum haben Sie das alles erzählt?«, fragte er.
»Was alles?«
»Dass ich nichts für Frankensteins Tod kann. Was wollten Sie damit erreichen?«
»Nichts, gar nichts«, antwortete Valentin. »Ich habe Ihnen nur ehrlich gesagt, was ich denke.«
Jamie starrte ihn lange an, dann ging er zu seinem Stuhl zurück. Er setzte sich wieder, ohne Valentin aus den Augen zu lassen.
»Ich habe Ihnen gesagt, dass ich über meinen Großvater sprechen möchte«, sagte Jamie. »Nicht über Frankenstein. Ich will nicht mehr über ihn reden.«
»Unter anderen Umständen würde ich Ihnen bereitwillig zustimmen«, antwortete Valentin. »Schon beim Gedanken an ihn, an seine verfärbte, unebene Haut und sein Blut aus zweiter Hand, wird mir übel. Aber leider sind Ihr Großvater und er untrennbar miteinander verbunden. Deshalb werde ich ihn kaum ganz unerwähnt lassen können. Ist das in Ordnung? Ich möchte Sie wirklich nicht wieder so aufregen.«
Jamie spürte, dass eine Hitzewelle seinen Körper durchlief, als er das boshafte Lächeln sah, das Valentins Mundwinkel kräuselte.
Ruhig. Ganz ruhig. Lass dich nicht von ihm provozieren. Er will sich nur einen Spaß mit dir machen. Ruhig. Ja nicht aufregen.
»Das ist in Ordnung«, antwortete er so neutral wie möglich.
»Wunderbar«, sagte Valentin noch immer lächelnd. »Aber der Einstieg ist schwierig, wenn ich ganz ehrlich sein soll. Tatsächlich existiert dort draußen keine Vampirgesellschaft, zumindest nicht in dem Sinn, wie manche Ihrer Kollegen zu glauben scheinen. Es gibt Vampire, die in Gruppen zusammenleben, die man wohlwollend als sozial bezeichnen könnte, es gibt Vampire, die Familienverbände – Väter, Mütter und Kinder – bilden, und es gibt allein lebende Vampire, die nicht anders als Menschen gern gesellig zusammenkommen. Letzteres trifft auf meine Lebensumstände zu: Ich wohne in New York allein, wenn ich meinen lieben Lamberton nicht mitrechne, aber ich komme regelmäßig mit meinesgleichen zusammen – in einigen Fällen seit fast hundert Jahren.«
»Okay«, sagte Jamie. »Ich habe verstanden. Warum erzählen Sie mir das alles?«
Valentin seufzte sichtlich enttäuscht.
»Das erzähle ich Ihnen, weil Schwarzlicht und andere Departments zu glauben scheinen, es gäbe dort draußen in der Nacht irgendeine allumfassende Vampirorganisation mit Kommandanten und Strategien und Zielen, die auf den Sturz der Menschheit hinarbeitet. Was lächerlich ist, wie ich Ihnen leider mitteilen muss. Die meisten Vampire dort draußen leben, wie sie’s für richtig halten, und geben sich oft große Mühe, ihresgleichen auszuweichen.
Über zwei Dinge müssen Sie sich im Klaren sein, junger Freund. Erstens: Die meisten Vampire wissen nicht entfernt so viel über Sie, Ihre Organisation und Ihre Partner weltweit, wie Sie offenbar vermuten. Und zweitens: Was ich bisher geschildert habe, würde sich radikal zum Schlechteren verändern, wenn es dazu käme, dass Dracula wieder zu alter Stärke gelangt.«
Bei der Erwähnung des ersten Vampirs lief Jamie ein kalter Schauder über den Rücken, aber er war entschlossen, die Gesprächsführung nicht Valentin zu überlassen.
»Ich verstehe«, sagte er. »Und ich möchte auch über Dracula reden. Aber Sie haben versprochen, mir von meinem Großvater zu erzählen, und jetzt scheinen Sie über alles Mögliche außer ihm zu reden.«
»Ich komme bereits zur Sache, mein ungeduldiger kleiner Freund«, sagte Valentin. »Auch wenn Nachrichten unter Vampiren bei weitem nicht so schnell die Runde machen, wie Ihre Vorgesetzten offenbar glauben, gibt es unter uns manche, die im Allgemeinen besser informiert sind als viele andere. Ich habe immer zu diesen
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