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Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)

Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition)

Titel: Department 19 - Die Wiederkehr: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Hill
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Lauf der Zeit war er zu festem Fleisch und dichten Knochen ausgehärtet, aber die schreckliche Macht, die er einst besessen hatte, die Städte verwüsten und mit kaum mehr als einem Blick Männer und Frauen auslöschen konnte, war weiterhin nur mehr eine Erinnerung.
    Im Laufe der Zeit werde ich wieder, was ich war. Im Laufe der Zeit. Und dann soll diese Welt büßen.
    Aber vorläufig war der Herr der Finsternis, der Pfähler, der Grausame Fürst, der landauf, landab gefürchtet gewesen war – bei den eigenen Leute ebenso wie bei seinen Feinden –, schwach wie ein kränkliches Kind.
    Dracula hob den Kopf, grunzte wegen der damit verbundenen Anstrengung und starrte aus dem Fenster des Arbeitszimmers seines treuesten Untertanen über den gepflegten Schlosspark hinweg zu den dunklen Weiten des Pinienwaldes hinüber. Sein Verstand pochte von zwei uralten, primitiven Begierden: nach Nahrung und nach Rache an den Menschen, die ihm ein Jahrhundert seines Lebens geraubt, ihn in diesen erbärmlichen Zustand versetzt hatten.
    Als nach der Wiederbelebung der langsame, schmerzvolle Erholungsprozess des alten Vampirs begann, hatte Valeri angefangen, vorsichtig zu erzählen, was sich ereignet hatte, während Dracula im Tiefschlaf gelegen hatte. Die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, in der die Menschheit weit größere Fortschritte gemacht hatte als der optimistischste viktorianische Futurist sich hätte vorstellen können, war lang, verwirrend und aus Draculas Sicht fast tödlich langweilig. Es lag nicht in seiner Natur, nicht in der des Menschen, der er gewesen war, noch des Ungeheuers, das er geworden war, seine Zeit damit zu vergeuden, die Leistungen anderer zu bewundern; seine Weltsicht war im Prinzip äußerst schlicht.
    Aus seiner Sicht existierte der Rest der Welt nur zu seinem Gebrauch und mit seiner Erlaubnis, und mit dieser neuen Welt, die Valeri ihm beschrieb, würde es nicht anders sein.
    Ihn kümmerte weder das Wachstum der Großstädte noch die technischen Entwicklungen, die Valeri ihm mit empörend einfachen Worten beschrieb, als versuche er, sie einem Kleinkind zu erklären. Flugzeuge, Autos, Raumfahrt, Fernsehen, Telefone, das Internet – keine dieser Erfindungen interessierte ihn im Geringsten. Er sah keinen Grund, daran zu zweifeln, dass sein Platz in dieser schönen neuen Welt der sein würde, für den er sich entschied, solange nur eine Sache auch in den Jahren seiner erzwungenen Abstinenz gleich geblieben war.
    »Bluten … sie … noch?«, fragte Dracula schließlich mit leiser Stimme, die selbst für Valeris übermenschlich scharfes Gehör kaum vernehmbar war.
    »Ja, Meister«, bestätigte Valeri. »Die Menschen bluten noch.«
    »Dann … möchte … ich … nicht … mehr … hören.«
    Die Tür des Arbeitszimmers öffnete sich, und Valeri, der ein bewusstloses junges Mädchen hinter sich herschleifte, trat ins Zimmer. Ihr Kopf war mit Blut gesprenkelt, und die nackten Fersen scharrten laut übers Parkett, als Valeri sich seinem Meister näherte. Der Geruch des Bluts, das aus den Wunden des Mädchens sickerte, stieg Dracula in die Nase, und seine blassblauen Augen nahmen einen grausigen dunkelroten Farbton an: die Farbe des Wahnsinns, eine Farbe, die kein geistig Gesunder länger als ein, zwei Sekunden hätte ansehen können.
    »Eine Gabe für Euch, Meister«, flüsterte Valeri mit tiefer Verbeugung.
    »Danke, Valeri«, antwortete Graf Dracula mit einer Stimme, als kratze ein Bleistift über Papier.
    Valeri ließ das Mädchen auf seinen Meister sinken, dann schlitzte er ihr mit einem Fingernagel die Kehle auf. Als das Blut zu fließen begann, drückte Dracula den Mund auf die Wunde und begann wie ein Säugling an der Mutterbrust hungrig zu saugen. Valeri hielt das Mädchen weiter in Position, drehte aber den Kopf zur Seite; es wäre unpassend gewesen, den Meister zu beobachten, wie er sich auf diese Weise nährte. Stattdessen sah er sich in dem Arbeitszimmer um, in das er seit fast fünfzig Jahren keinen Fuß mehr gesetzt hatte – bis zu dem Tag nach der Wiederbelebung seines Meisters.
    Château Dauncy war der bevorzugte Ort seiner Frau Ana gewesen; ihr liebster Ort auf der ganzen Welt. Außer Valeri selbst hatte nur dieses Schloss den Wahnsinn dämpfen können, der in ihr loderte. Als sie starb, als sie ihm genommen wurde, hatte er das alte Gebäude abschließen und vernageln lassen, weil er hoffte, den schlimmsten Schmerz hinter dicken Mauern einsperren zu können. Für ihn war es

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