Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige
Drogen, Alkohol, Tabletten) vor uns? Ist seine Gereiztheit »normal« oder Symptom?
Das Gespräch am Kaminfeuer
Leider ist in unseren Breitengraden das offene Feuer mit seinem heimeligen Knistern selten geworden, aber wir haben alle eine Vorstellung davon, wie ein Gespräch vonstatten gehen sollte in gegenseitiger Achtung, ohne Hast, sine ira et studio. Voller Verständnis und Feinfühligkeit, aber auch nicht um den Brei herumkurvend.
Wie sollen wir nun das Gespräch beginnen? Wenn wir es nicht schon getan haben, um den Betroffenen zu diesem Gespräch zu veranlassen, werden wir ihm erstmal klar machen, dass es sich weder um eine Talkshow noch um ein Tribunal handelt, sondern dass das Gespräch entlang den gerade genannten Linien verlaufen soll.
Hans-Peter Unger, Chefarzt der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie der Asklepios-Klinik in Hamburg gibt uns in seinem gemeinsam mit der Autorin Carola Kleinschmidt verfassten Ratgeber »Bevor der Job krank macht« einen guten Einstieg für das Gespräch vor. Demnach lasse sich die Frage nach dem individuellen Wohlbefinden an nur drei Fragen festmachen (zitiert nach »Der Spiegel« 30/2011, S. 66):
C Achte ich gerade genug auf mich selbst, meine Rhythmen, Bedürfnisse, Körpersignale?
C Handle ich im Moment verantwortlich und wertschätzend mir selbst und mir wichtigen anderen Menschen gegenüber?
C Entspricht meine Arbeit meinen persönlichen Wertvorstellungen und Lebenszielen?
Zwar sind diese Fragen bzw. ihre Beantwortung als Prophylaxe gegen ein mögliches Burnout gedacht, aber es ist nie zu spät, sie zu stellen.
Wenn unser Gesprächspartner zu keiner Antwort bereit ist, dann geben wir ihm diese Fragen auf einem Blatt mit. Er kann sich dann in Ruhe Gedanken machen. Stattdessen stellen wir ihm Einzelfragen, wie wir sie uns bezüglich seiner Vergangenheit – und Gegenwart – bereits gestellt haben.
Diagnose bei Kindern, Jugendlichen und älteren Leuten
Depressionen können in allen Lebensaltern auftreten. Meine bisherigen Bemerkungen zum Thema »Laiendiagnose« orientierten sich am Fall des Erwachsenen. Sie gelten natürlich mutatis mutandis auch für Kinder, Jugendliche und ältere Erwachsene.
Früherkennung ist bei Kindern wegen ihrer raschen Entwicklung und wegen der durch Depressionen entstehenden Entwicklungshemmungen fast noch wichtiger; die Analyse äußerer Ursachen und Auslöser kann uns auch hier auf die Spur führen, während das direkte Gespräch infolge der größeren Verletzlichkeit der kindlichen Seele noch mehr Subtilität und Einfühlung verlangt. Insbesondere sollten wir unsere größere Lebenserfahrung nicht ausspielen. Selbstverständlich sind unsere Gespräche dem jeweiligen intellektuellen Entwicklungsstand anzupassen.
Auf die Schwierigkeit, bei älteren Leuten, besonders wenn es sich um die eigenen Eltern handelt, eine Depression festzustellen, habe ich im Abschnitt »Der Duft der Gruft« bereits hingewiesen. Nur kurz pro memoria: Somatische und psychische Leiden erzeugen sich gegenseitig und sind schwer auseinanderzuhalten. Die Angst und Scham, »verrückt« zu sein oder zu werden, sitzt tief, der (oft eingebildete) Autoritätsverlust drückt und die Resignation wächst.
In diesem ganzen Problemkreis können uns die Checklisten Depressionssymptome bei Kindern und Depression bei Jugendlichen weiterhelfen, bzw. die Checkliste Depression bei älteren Leuten.
Wie geht es weiter?
Wie geht es weiter? Diese Frage steht am Ende jeder Problemanalyse, nicht nur in der Psychiatrie. Ihre Beantwortung ist wichtig – genauso wichtig wie die spätere Ausführung der gefassten Entschlüsse.
Unser Gespräch hat stattgefunden. Was nun? Unser Gegenüber ist – hoffentlich – bereit, die Möglichkeit, dass ihn eine Depression getroffen hat, in Betracht zu ziehen und sich zur definitiven Diagnose und zur Festlegung der nötigen Maßnahmen zu einer Fachkraft zu begeben – lieber heute als morgen. Erstens gilt es das Eisen zu schmieden, solange es heiß ist. Und zweitens ist, ich wiederhole mich, jeder Tag, den der andere in der Depression verbringt, verlorenes Leben. Sollte sich unsere »Vor-Diagnose« als falsch, unsere Befürchtung als unbegründet erweisen, umso besser! Um dem Betroffenen den Gang zum Arzt zu erleichtern – vielleicht begleiten wir ihn –, habe ich die Checklisten Gesprächs-Vorbereitung und Gesprächsauswertung zusammengestellt.
Blick in den Spiegel
Auch wir Betreuer und Angehörige müssen uns die Frage stellen, ob wir
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