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Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige

Titel: Depression! Wie helfen? - das Buch für Angehörige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John P. Kummer Fritz Kamer
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Monologen über die Aussichtslosigkeit seines Lebens oder er möchte mit uns über seine Ängste reden, ist aber nicht in der Lage, unsere Beiträge zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn, danach zu handeln. Für den Depressionskranken bedeutet jeder neue Tag eine neue Herausforderung, eine Wand, die unüberwindlich scheint. Darum verlässt er auch das schützende Bett ziemlich spät, er vermag nicht aktiv zu werden, kaum, sich zu waschen. Gegen Abend geht es ihm dann oft besser, eine weitere Nacht ohne Verpflichtungen rückt näher. Wir können aufatmen, aber tags darauf: dasselbe Lied bzw. Leid.
    Der aggressive Zyniker
    Die Trauer kann auch in Ärger und Wut umschlagen, die Schwarzseherei in Zynismus. Er kann aggressiv werden. Je zynischer, je aggressiver er sich verhält, desto tiefer steckt er im Unglück. Seien wir uns bewusst: Sein Zynismus richtet sich nicht gegen uns als Person. Ihn zu beschwichtigen dürfte nicht viel bringen außer Eskalationen. Schweigen und Geduld sind angesagt.
    Die Grüblernatur
    Alle Gedanken des Patienten kreisen um seine Krankheit, stets und ständig grübelt er über das Warum und Weshalb seines – bei der Ersterkrankung durchaus ungewohnten – Seelenzustandes. Weder Kindererziehung noch die Weltgeschichte können ihn interessieren – oder zumindest ablenken. Sitzt er vor dem Fernseher, sieht er oft nicht, was er anschaut.
    Müssen wir an seinen Meditationen teilnehmen? Ihn unseres Mitfühlens und Mitdenkens versichern? Wann dürfen wir widersprechen, wann müssen wir ihn mit seinen Gedanken allein lassen? Dazu gibt es keine Gebrauchsanweisungen.
    Der Anspruchsvolle
    In seinem Schmerz kann uns der Kranke mit seinen Forderungen ganz schön auf Trab halten. Zwar ist seine Wahrnehmung der Umwelt getrübt, er braucht aber in seiner Unsicherheit mehr als sonst deren Bestätigung für seine Sicht der Lage. Er will, dass wir mit ihm fühlen und leiden, denn seine Einsamkeit ist groß. Gleichzeitig zweifelt er an unserem guten Willen. Oft möchte (oder fordert!) der Kranke, dass wir nur für ihn und jederzeit da sind. Er möchte ständig umsorgt oder auch nur wahrgenommen werden.
    Der Rücksichtsvolle
    In der Nähe der Sphinx wohnt der Rücksichtsvolle. Er versucht höflich zu sein, liebevoll, niemandem zur Last zu fallen. Er will uns mit seinen schwarz-traurigen Gedanken nicht behelligen, er will uns möglichst wenig im Wege sein. Er ist bestimmt der angenehmere Zeitgenosse als der Hypochonder. Umso schwerer fällt es uns manchmal, sein Handeln zu verstehen. Wieso will er nicht ins Kino mitkommen, an die frische Luft? Das würde ihn doch ablenken! Wie schwer sein Verhalten auf ihm lastet, wird uns nur bewusst, wenn wir uns ganz in ihn hineinversetzen können.
    Was will uns der Kranke eigentlich sagen?
    Was der Kranke uns sagt (wenn er überhaupt mit uns spricht), ist selten das, was er denkt. Wenn wir uns dessen bewusst sind, fällt uns der Umgang mit ihm leichter.
    Wir haben schon gesehen: Wir dürfen seine Ausfälle nicht persönlich nehmen. Oft ist alles schwarz oder weiß in seinen Betrachtungen, es gibt keine Zwischentöne mehr, er erscheint uns als stur, nicht diskussionsfähig.
    Wir müssen uns aber bewusst sein, dass der Kranke in einem Überlebenskampf steckt, der ihn, schlimmer als eine berufliche Karriere, voll ausfüllt und für den seine Kräfte nur knapp ausreichen – wenn überhaupt. Von Lebensgestaltung bzw. Planung, meint Holger Reiners (2007, S. 98 ff.), könne in der Depression keine Rede sein. Dafür – und dies sei noch angefügt – setze diese dann nach der Heilung umso kraftvoller ein. Dabei kann es sich um die Neugestaltung der vertrauten Umgebung und Tätigkeit handeln, oder um einen Aufbruch in eine ganz neue Richtung.
    Vielleicht ist auch in einer bestimmten Aussage eine ganz andere Botschaft versteckt. Sagt er »Ich habe kein Interesse an dieser Ausstellung«, so heißt das vielleicht: »Ich bin zu müde, habe keine Lust«, oder gar »Versteh mich doch«, beziehungsweise »Bestimme nicht über mein Tun und Lassen«. Da nützt die direkte Frage nach dem Warum nichts. Vielmehr sollten wir versuchen, mit einer Rückbestätigung (Psychiater wenden diese Methode der »Spiegelung« häufig an) herauszufinden, wo der Schuh wirklich drückt: »Du hast heute schlecht geschlafen und möchtest ausruhen?« Durch weiteres Nachfragen erhalten wir wichtige Informationen und geben dem Partner gleichzeitig zu verstehen, dass wir seine Lage ernstnehmen und sein Verhalten

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