Der 1. Mord - Roman
mein Partner, doch es war noch mehr. Er schien mir der Mensch zu sein, dem ich vertrauen konnte. Es war lange her, seit ich geglaubt hatte, jemandem trauen zu können. Es war eine lange
und harte Zeit gewesen, seit ich einem Wesen vertraut hatte, dessen Geschlecht mit M begann. Vielleicht in einer anderen Zeit… dachte ich.
Tori Amos hinreißende Stimme hing in der Luft.
»Möchten Sie tanzen?«, fragte Raleigh plötzlich.
Ich starrte ihn ehrlich überrascht an. »Ich tanze nicht, ich koche.«
»Sie tanzen nicht… Sie kochen?«, wiederholte Raleigh und zog die Brauen hoch.
»Ja, Sie wissen doch, was man übers Kochen sagt.«
Er schaute umher. » Ich würde sagen, es scheint nicht zu funktionieren. Vielleicht sollten Sie es mit Tanzen probieren.«
Die Musik war weich und einschmeichelnd. Und obwohl ich es heftig bestreiten wollte, sehnte sich ein Teil von mir danach, in seinen Armen zu sein.
Ohne dass ich ja gesagt hatte, nahm mein Partner meine Hand und zog mich vom Tresen weg. Ich wollte protestieren, doch eine leise Stimme in mir sagte: »Mach schon, Lindsay. Er ist in Ordnung. Du weißt, dass du ihm vertrauen kannst.«
Also gab ich nach. Es war schön, in Raleighs Armen gehalten zu werden.
Anfangs standen wir nur da und wiegten uns steif hin und her. Dann legte ich den Kopf an seine Schulter und hatte das Gefühl, als könnte nichts mir etwas anhaben - zumindest eine Zeit lang nicht.
»Das ist kein Rendezvous«, sagte ich leise und ließ mich davontragen, an einen wirklich schönen Ort, wo ich Liebe und Hoffnung spürte und wo es Träume gab, nach denen ich streben konnte.
»Ehrlich gesagt bin ich froh, dass Sie vorbeigekommen sind«, sagte ich zu Raleigh.
»Ich auch.«
Dann spürte ich, wie er mich enger in die Arme schloss. Ein Kribbeln lief mir über den Rücken, das ich kaum noch kannte.
»Sie haben sie auch, nicht wahr, Raleigh?«, murmelte ich verträumt.
»Was, Lindsay?«
Sanfte Hände .
51
Kathy und James Voskuhl waren gerade beim ersten Tanz - entgegen aller Tradition war es ein Rock’n’Roll.
Die laute, mitreißende Musik von »La Bamba« füllte das hell erleuchtete Atrium der Rock and Roll Hall of Fame in Cleveland.
»Jetzt alle!«, rief der Bräutigam. »Rock and Roll. Macht mit!«
Junge Mädchen mit gefärbten Haaren und glänzenden grünen und roten Cocktailkleidern - Mode der sechziger Jahre - drehten sich auf dem Tanzparkett. Ihre Partner trugen altmodische Seidenhemden wie John Travolta. Braut und Bräutigam hatten sich umgezogen, schwangen in Partykleidung wild Hüften und Arme und johlten.
Das ruiniert beinahe alles, dachte Phillip Campbell.
Er hatte sie in Weiß gewollt.
Und jetzt tanzte sie da mit verschwitztem Haar mit roten Strähnen, mit Katzenaugenbrille, in einem knallengen grünen Kleid.
Diesmal bist du zu weit gegangen, Kathy.
Vierzig Tische, auf jedem in der Mitte als Dekoration das Abbild eines Rock’n’Roll-Idols, füllten die Große Halle des Museums. Ein glitzerndes Spruchband, das unter dem Glasdach hing, verkündete: James und Kathy .
Nach einem lauten Crescendo brach die Musik ab. Die verschwitzten
Hochzeitsgäste fächerten sich Kühlung zu und drängten zurück an die Tische. Kellner in schwarzen Fräcken huschten umher und füllten Weingläser.
Die Braut ging zu einem glücklich lächelnden Paar in Abendrobe und Frack und umarmte sie. Mom und Dad. Phillip Campbell konnte die Augen nicht von ihr abwenden. Er sah, wie ihr Vater sie liebevoll betrachtete, als wollte er sagen: Wir haben eine Menge durchgemacht, Liebling, aber jetzt wird alles gut. Jetzt gehörst du zum Club, Treuhandvermögen, Country Club und Enkel mit Löckchen.
Der Bräutigam ging ebenfalls hinüber und flüsterte Kathy etwas ins Ohr. Sie drückte seinen Arm und warf ihm ein Lächeln zu, das gleichzeitig liebevoll und schüchtern war. Als er wegging, ließ sie ihn nicht gleich los, als wollte sie sagen: Ich komme gleich nach.
Der Bräutigam zog seinen Gürtel zurecht und verschwand aus der Halle. Zweimal schaute er zurück. Kathy winkte ihm zu.
Campbell beschloss, ihm in sicherem Abstand zu folgen. James Voskuhl schlenderte den breiten, hell erleuchteten Korridor vom Atrium hinunter. Ungefähr auf halbem Weg blieb er stehen, sah sich einmal vorsichtig um und ging durch eine Tür. Die Herrentoilette.
Der Mörder ging weiter. Außer ihm war niemand auf dem Korridor. Er spürte, wie in ihm ein nicht zu unterdrückender Drang aufstieg. Unwillkürlich glitten seine Finger in
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