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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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im Treppenhaus: »Lila? Willst du Spaghetti?«
    Ich rannte zur Tür. »Ich dachte schon, du würdest nie fragen!«, nickte ich begeistert und vergaß E. Ahrend und L.
    Zusammen mit dem Dicken polterte ich die Treppe hinunter.

13.
    »Habe ich heute Morgen Marie in ihrem roten Flitzer flüchten sehen?«, erkundigte sich Molle, ohne seine Neugier zu verstecken.
    »Schon möglich.«
    »Sag bloß, Ben hat sie endlich abserviert!? War er sehr eklig?«
    »Schon. Allerdings schien sie seine ätzende Art eher anzutörnen.«
    Molle seufzte: »Warum stehen die Weiber eigentlich alle auf Arschlöcher?«
    Ich zuckte die Schultern.
    »Dann geht der Telefonterror weiter?«
    Ich schüttelte den Kopf: »Ich hab das erledigt.«
    »War sicher nicht schwierig für dich«, brummte der Dicke schmunzelnd. »Sie ist ein Mindestmaß an Höflichkeit gewöhnt.«
    Ich knuffte ihn in die Speckschichten.
    »Danner geht zu viel Höflichkeit jedenfalls auf den Geist«, stellte ich fest. »Andererseits könnte auf M.s Busen ein Kleinwagen parken – wäre ›mann‹ da nicht bereit, auch mal bitte und danke zu sagen?«
    Molle zog die buschigen Brauen hoch.
    »Jetzt sag schon!«, drängelte ich. »Was ist deine männliche Meinung? Steht Danner eher auf graue Mäuschen? Statt Arsch und Titten ’ne Brille, so groß wie ’n Fahrrad?«
    »Mit Sicherheit nicht.«
    Als ich ihn weiter fragend ansah, zuckte der Dicke die Schultern: »Ehrlich gesagt, hab ich keine Ahnung, worauf Ben steht. In den zehn Jahren, die er hier wohnt, habe ich es nicht herausfinden können.«
    Ich setzte mich an den Tisch und verschränkte abwartend die Arme.
    Molle stellte den Spaghettitopf auf eine Zeitung.
    »Jetzt starr mich nicht so an! Er ist mein Kumpel, was soll ich sagen?«, seufzte der Dicke, was mich nicht davon abhielt, weiterzustarren.
    »Na schön«, gab er nach, »er wechselt seine Frauen bedeutend öfter als seine Unterhosen. Reicht dir das?«
    So schlimm hatte ich es mir, ehrlich gesagt, nicht vorgestellt. »Warum?«
    »Wie warum? Keine Ahnung. Vielleicht findet er nicht die Richtige, vielleicht ist er ein asoziales Arschloch, ich hab ihn nicht gefragt.«
    Schweigend wickelte ich die Nudeln um meine Gabel und dachte nach. Der typische Aufreißer war Danner nicht gerade. Keiner dieser Haargel-abhängigen David-Beckham-Typen, die im Augenblick so begehrt waren. Tatsächlich war er ein unrasierter Macho, ein typischer Junggeselle, der mehr einzelne Socken besaß als zusammengehörende Paare. Und ein Kotzbrocken. Und er versuchte nicht mal, das zu verheimlichen. Eigentlich erstaunlich, dass offenbar eine Menge Frauen darauf abfuhren.
    So wie M., die wohl eher in ihre Vorstellung vom toughen Retter in der Not verliebt war als in Danner selbst.
    »Spaghetti! Da komme ich ja gerade rechtzeitig!« Jemand rückte hinter mir einen Stuhl an unseren Tisch. »Ist er noch nicht da?«
    Ich sah zu Staschek hoch.
    »Langsam glaube ich, du hast hier eine Wanze installiert, damit du weißt, wann das Essen auf dem Tisch steht.« Molle erhob sich, um einen weiteren Teller zu holen.
    »Hallo«, begrüßte mich Staschek mit seinem charmantesten Lächeln und strich sich eine glänzend braune Haarwelle aus dem Gesicht: »Cassandra, nicht wahr?«
    Hätte ich Danners Anordnungen befolgen wollen, wäre das eindeutig der Moment gewesen, in dem ich hätte aufstehen und verschwinden sollen.
    Ich aß weiter.
    »Ich wusste gar nicht, dass Molle jetzt auch mittags aufmacht?!«, bemerkte Staschek.
    »Sollte ich?« Molle schob dem Kriminalkommissar einen Teller hin und der häufte so viele Nudeln darauf, dass sie sich am Rand schon wieder herunterkringelten.
    »Deine Bedienung sitzt hier jedenfalls schon. Diesmal hast du glücklicherweise zweimal hingeschaut und nicht wieder so einen wandelnden Wal eingestellt.«
    »Die wohnt hier. Hat sich so ergeben«, brummte Molle.
    Ups. Schon war es raus. Danner würde nicht begeistert sein.
    »Wie bitte? Sie wohnen hier? Hier?« Staschek spießte mit einer kräftigen Bewegung die Gabel in den Nudelberg.
    »Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt, aber Sie wollten mir nicht glauben«, erinnerte ich ihn.
    Der Polizist blinzelte erstaunt mit seinen schönen Augen: »Ach, Sie sind –«
    »Lila! Hi!«, half ich ihm auf die Sprünge, steckte meine eigene Gabel in den Mund und hielt ihm meine Rechte hin.
    Verblüfft schüttelte er meine Hand: »Und Sie wohnen bei …«
    »Danner. Richtig.«
    Seine Hand war groß und schmal, die Finger schlank mit gepflegten Nägeln

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