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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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Stell dir vor, ich kann dich ganz gut gebrauchen. Deshalb hab ich dich schon in der 10d angemeldet. Morgen kannst du hingehen.«

14.
    Danners Auto war ein fahrender Witz.
    Ein schlechter.
    Das Ding war ein Geländewagen, uralt, riesengroß und hatte statt eines Kofferraums eine Ladefläche. Für mein leicht radikales Umweltbewusstsein war es eine Zumutung und parkplatztechnisch eine Katastrophe.
    Es soll ja Männer geben, die sämtliches Kleingeld in das Heißwachs der Autowaschanlage investieren, doch Danner gehörte offensichtlich nicht dazu. Es wunderte mich wenig, dass die Grundfarbe seines Wagens irgendwann mal Schwarz gewesen sein musste. Jetzt konnte man sie Schmutzgrau nennen. Die Rostlöcher im Dach hatte Danner mit dunkelgrünem Panzerband geflickt.
    Erstaunlicherweise sprang die Kiste aber beim ersten Versuch an und der laute Motor röhrte gleichmäßig. Unser Ziel erreichten wir schneller als gedacht, denn das Ungetüm machte hundertsechzig Sachen – in der Stadt!
    Danner ließ die Schrottschüssel quer auf den Behindertenparkplätzen vorm Eingang des Polizeipräsidiums stehen. So viel zum Parkplatzproblem.
    Das Präsidium war eine Kombination aus altem Backsteinbau und modernerem Bürogebäude, zusammengeschustert durch einen gläsernen Gang, über dem sich ein riesenhaftes Metallgestell in den trüben Oktoberhimmel erhob.
    Die Hände in den Jackentaschen sah ich an dem Gebilde hinauf.
    Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass das ein Förderturm war. Natürlich war mir klar, dass es so etwas im Ruhrgebiet irgendwann mal gegeben hatte, doch ich hatte nicht damit gerechnet, mitten in der Stadt plötzlich vor einem zu stehen.
    Ich folgte Danner durch die Gänge des Gebäudes bis zu einer Tür, an der Kriminalinspektion 1, Kriminalkommissariat 11 stand.
    Drinnen roch es nach Kaffee, Akten und dem Kunststoff der neuen Bürostühle. Ich folgte Danner an den Schreibtischen vorbei. Die meisten Arbeitsplätze waren unbesetzt. Ein paar Männer in Zivil hockten vor den PCs und eine mollige Beamtin mit rotem Gesicht und auberginefarbenen Löckchen drum herum kam uns mit einem Arm voll Akten entgegen.
    »Hi, Herta!«
    »Hi, Ben!«
    Über die Ordner hinweg drückte sie Danner einen roten Lippenabdruck auf die kratzige Wange.
    Danner setzte sich auf den nächsten Schreibtisch, weil ihre Hüften in dem schmalen Gang sonst nicht an ihm vorbeigepasst hätten: »Haste noch ’n Kaffee für mich?«
    Schnorren war offensichtlich nicht nur mein Spezialgebiet.
    »Für dich immer, Schätzeken. Staschek ist drin.«
    Sie zwinkerte Danner zu, drehte sich mitsamt den Akten um und stand vor mir. Um ein Haar wären wir zusammengestoßen und sie hatte eine Sekunde zu kämpfen, damit ihr der oberste Ordner nicht vom Stapel rutschte.
    Mit abschätzendem Blick musterte sie meine lila Haare: »Haste dich verlaufen?« War klar.
    Ich seufzte: »Glaubst du echt, ich renne dem Typen ohne Grund hinterher?« Ich hatte kein Problem damit, geduzt zu werden.
    Herta schon.
    Danner war bereits in einem Nebenraum verschwunden.
    »Nicht frech werden, Frolleinchen!«, warnte Herta und legte die Akten auf dem nächsten Schreibtisch ab. »Noch mal von vorn: Wo willst du hin?«
    Warum half mir die Wahrheit eigentlich nie weiter? Gelangweilt schob ich mir einen Kaugummi in den Mund: »Na schön, ich soll mich eigentlich wegen der Sache mit dem Hasch melden, aber bei deinen Kollegen von der Rauschgiftabteilung läuft gerade ’ne Schlägerei. Sah aus, als ob die ’n bisschen Verstärkung bräuchten.«
    So einfach wurde ich Herta los.
    Unbehelligt schlenderte ich zu der Tür hinüber, an der dick und schwarz Erster Kriminalhauptkommissar L. Staschek – Kommissariatsleitung stand.
    Danner saß in Stascheks Chefsessel, die Füße auf dem Schreibtisch, als ich das Büro betrat.
    »Arsch!«, motzte ich ihn an und gab dem Stuhl einen Stoß, sodass er sich einmal um sich selbst drehte. Danner hob die Beine rechtzeitig über das Zettelchaos auf Stascheks Arbeitsplatz hinweg.
    »Hallo, Lila.«
    »Hi, Lenny.« Ich hockte mich im Schneidersitz auf einen der beiden schmaleren Sessel vor dem Schreibtisch.
    Im gleichen Moment klopfte es. Herta steckte den roten Lockenschopf in den Raum. Ihre Kugelaugen funkelten mich wütend an.
    Ich winkte ihr freundlich zu.
    »Möchtest du auch ’n Kaffee, Chef?«, fragte sie nicht ungeschickt.
    Staschek nickte.
    »Und du?«
    Ich war einigermaßen erstaunt, dass sie mir auch etwas anbot. Ich nickte ebenfalls. Um Tee zu

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