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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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Shine.«
    »Auch gut, kann ich mir das mal leihen?«
    »Klar.«
    Ich hatte noch nie eine Freundin, der ich mein Lipgloss hätte leihen können.
    Ich toupierte Lena die unteren Haarpartien an und sie lieh mir Gel, damit ich meinen kinnlangen Blondschopf fransig stylen konnte.
    Eine Viertelstunde später waren wir bereit für die Disco.

24.
    Beim ›Bermuda3Eck‹ handelte es sich, wie Karo gesagt hatte, um ein ganzes Viertel in der Innenstadt, keine zehn Minuten vom Hauptbahnhof entfernt. Kneipen, Cafés, Pubs und Bistros drängten sich so dicht aneinander wie die gesunkenen Schiffe in dem geografischen Vorbild. Vom Kängurusteak bis hin zur Currywurst konnte man hier alles bekommen und sich wahrscheinlich wochenlang durchfressen, ohne zweimal das gleiche Restaurant besuchen zu müssen.
    Das Balu machte einen recht ordentlichen Eindruck. Die Neonreklame über der Tür der Diskothek funktionierte, der Bürgersteig vor dem Eingang war sauber und ein rekordverdächtig oft gepiercter Türsteher tat so, als würde er die Kundschaft sortieren. Natürlich schickte er niemanden weg, denn um kurz vor neun am Freitagabend hatte das Geschäft noch gar nicht begonnen und man ließ jeden rein, der sich schon eine Cola bestellen durfte.
    Drinnen flirteten eine blondierte Bedienung und ein solariumbrauner Barkeeper mit den kichernden Gästen, von denen die meisten um zehn zu Hause sein mussten. Bunte Discolichter zuckten über die Wände und DJ Ötzi grölte überlaut zum stampfenden Rhythmus der Bässe.
    Ich seufzte. War ich wirklich schon so alt?
    Karo und Franzi entdeckten wir an einem abgelegenen Tisch in der Ecke. Auch hier konnte man sich nur verstehen, wenn man sich anbrüllte.
    Wie zu erwarten, trug Karo einen knatschengen Ledermini und pinkfarbene Stiefel, die ihr bis über die Knie reichten.
    Franzi hatte ihre Locken mit bunten Clips hochgesteckt und trotz ihrer Hüftpfunde scheute sie sich nicht, eine Stretchjeans zu tragen. Was ihr ausgesprochen gut stand.
    »Cab?«, begrüßte uns Karo und winkte mit einer leeren Flasche Cola-Bier.
    Ich nickte, während mich Franzi zur Begrüßung umarmte.
    Kurz und laut berichteten wir den beiden von Lehnerts peinlicher Baggerei.
    »Die Alte vögelt doch jeden«, war Karos knapper Kommentar.
    Als wir unseren Bericht beendet hatten, dröhnte direkt über uns Country Roads aus dem Lautsprecher und augenblicklich war jede Unterhaltung unmöglich.
    Karo machte ein Handzeichen.
    Wir verstanden sofort: Tanzen? Na klar!
    Ich nutzte die Gelegenheit, um schnell noch mein Cola-Bier auf dem Fußboden zu verteilen. Dann stürzte ich Karo, Lena und Franzi nach ins Getümmel.
    Fünf Lieder später hatte sich Franzi rechts bei mir untergehakt, Lena links und wir hüpften im Sirtaki-Schritt im Kreis. Mein Shirt war durchgeschwitzt und mein Make-up sicher längst verschwunden. Obwohl ich einen griechischen Volkstanz zu einem Lied der Neuen deutschen Welle hopste, amüsierte ich mich. Ehrlich gesagt war ich sogar ein wenig enttäuscht, als die Musik verstummte und Lena und Franzi meine Arme losließen.
    Atemlos kehrten wir zu unserem Tisch zurück. Lena setzte ihre Flasche an die Lippen und trank auf ex.
    Im gleichen Moment stellte jemand mit einem Knall eine Bierflasche auf unseren Tisch: »Ich sehe wohl nicht richtig!«
    Ein dunkelhaariger Junge stand neben mir. Er war ungefähr so alt wie ich, hatte eine modische Fransenfrisur, ein glatt rasiertes, kantiges Kinn und auf der Nase eine runde Brille mit schmalem Rand. Alles in allem nicht übel.
    Er nahm Lena die Flasche weg.
    »Bist du bescheuert, oder was?«, giftete Lena ihn an. »Ich bin sechzehn! Ich kann mir so viel Bier bestellen, wie ich will, du Arsch!«
    »Willste auch noch ’ne Zigarette?«, fragte der Typ ironisch.
    Karo stemmte die Hände in die Hüften: »Verpiss dich, Marc! Wenn wir rauchen wollen, lassen wir uns von einem scharfen Kellner eine Schachtel bringen.«
    »Halt’s Maul, Nutte!«
    »Marc!« Lena schlug ihn auf den Oberarm. »Hau ab! Lass mich zufrieden!«
    »Pass lieber auf, was dir deine tolle Freundin zu rauchen gibt!«, konterte er.
    Verblüffend, wie schlecht Karos Ruf war – obwohl sie natürlich hart daran arbeitete. Aber nach den paar Tagen, die ich sie kannte, war ich mir ziemlich sicher, dass Marlboro Lights das Härteste war, was sie rauchte.
    »Verpiss dich endlich!«, schrie Lena wütend.
    Über uns dröhnte wieder die Musik los.
    Der Junge nahm nicht nur seine eigene Flasche, sondern auch Lenas und

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