Der 13. Brief
fuhr der schöne Mario seinen Kumpel wütend an.
Die Tafel war sauber und ich trollte mich.
Vor dem Biologieraum lief ich allerdings Danner in die Arme, der seine Kontrollrunde als Pausenaufsicht drehte.
Schnell zog ich die Tür hinter mir zu und ließ sie einrasten.
»Ich hoffe, du hast noch nichts davon gehört, dass du die Unterrichtsräume während der Pausen verlassen sollst.« Er vergewisserte sich, dass wir allein waren. »Ansonsten müsste ich dir eine Strafarbeit aufdrücken.«
»Hast du schon! Tafeldienst im ganzen Block hier, falls jemand fragt.«
Die Tür zu den Jungs hinter mir war zu und im Treppenhaus war niemand außer uns.
»Und hat’s was gebracht?«
Ich schüttelte den Kopf: »Nichts, was einen Bericht lohnt.«
»Wär auch zu schön gewesen. Was machen unsere Freunde Dittmer und Haberland?«
»Dittmer verschläft den größten Teil seines eigenen Unterrichts und Haberland hat sich heute freigenommen.«
Danner stutzte: »Er ist nicht da?«
Ich schüttelte den Kopf.
Danners Augen blitzen auf.
»Was?«, fragte ich sofort nach.
Er hatte eindeutig eine Idee.
Er zögerte kurz. »Das wäre eine Gelegenheit, ihn zu besuchen, ohne gleich unsere Tarnung auffliegen lassen zu müssen.«
»Ich komme mit?«, strahlte ich.
Danner nickte: »Ich kann nach der vierten Stunde weg, was ist mit dir?«
Ich überlegte – aber nicht lange. In der fünften und sechsten Stunde hatten wir Religion und Politik, das konnte ich sausen lassen. Am Nachmittag stand in der siebten und achten Stunde Sport bei Danner auf dem Plan, bis dahin mussten wir also sowieso zurück sein. So konnte ich mich immer noch nach Schulschluss um halb vier mit Lena am Zaun treffen.
»Nach der vierten bin ich am Auto!«
Fußpilz-Jendrick auszuhorchen klang bedeutend interessanter als Religion bei der wilden Lehnert.
Und so sagte ich nach der vierten Stunde zu Karo, Lena und Franzi: »Leute, ich brauch ’ne Pause. Zum Sport bin ich wieder da.«
Franzi und Lena runzelten die Stirn, Karo nickte anerkennend.
»Du hast dich bei mir beschwert, weil er dich belästigt!«, klärte mich Danner im Auto auf. »Damit können wir ihn in die Zange nehmen.«
Jendrick, der Stinker, wohnte in einer schäbigen Gegend mit dicht aneinandergedrängten Reihenhäuschen aus bröselndem Backstein. In den winzigen Vorgärten lagen kaputte Fahrräder, gammliges Spielzeug oder Sperrmüll, der nie abgeholt werden sollte.
Vor dem Haus der Haberlands standen eine alte Waschmaschine und ein Geschirrspüler, aus denen man die noch brauchbaren Teile ausgebaut hatte.
Danner öffnete das Gartentor mit einem Tritt und ich ging meine Rolle in Gedanken noch einmal durch. Die Klingel schrillte durchdringend durch das ganze Haus, die dünne Haustür dämpfte das Geräusch kaum.
Ich warf einen Blick auf die Mülltonne unter dem Fenster, die überquoll von leeren Wodkaflaschen.
»Kein Wunder, dass der Kerl ein Psycho ist«, fand Danner.
Er klingelte noch einmal.
Doch niemand öffnete.
Kurzerhand kletterte ich auf den alten Geschirrspüler neben der Mülltonne und schaute durch das Fenster. Ich sah in eine kleine Küche, unschwer zu erkennen an dem wackligen Turm aus ungespültem Geschirr, der sich direkt hinter der schmutzigen Scheibe erhob.
»Scheint keiner da zu sein.«
Die Hände in den Taschen blickte Danner am Haus hinauf und dann wieder herunter. Rechts von der Haustür führte eine kurze, mit welkem Unkraut überwucherte Einfahrt zum Garagentor.
Richtig. Der Typ wohnt über der Garage seiner Eltern, hatte Staschek berichtet.
Danner ging hinüber, nahm eine Hand aus der Tasche und schob das Garagentor auf: »Na, wer sagt’s denn?«
»Irre ich mich oder ist das strafbar?«, erkundigte ich mich interessiert.
»Erzähl’s nicht Lenny.«
Die Garage war leer.
Einen Zugang zum Wohnhaus gab es nicht. Im hinteren Bereich führte eine schmale Stahltreppe zu einer Blechtür.
Wenn Asi-Jendrick da wohnte, musste er zu Hause sein, sonst hätte er doch das Garagentor abgeschlossen.
»Mal sehen, ob unser Freund tatsächlich mit einer Grippe im Bett liegt.«
Ich folgte Danner die wacklige Treppe hinauf.
Er klopfte an. »Jendrick? Bist du zu Hause?«
Keine Antwort.
Er drückte die Klinke und die Tür ging auf. Danner zuckte die Schultern: »Wenn das keine Einladung ist, weiß ich es auch nicht.«
Ohne Skrupel öffnete er die Tür.
»Scheiße!«, hörte ich ihn zischen.
Jendrick Haberlands Zimmer glich einem Schlachtfeld. Ob der Fußboden mit Teppich
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