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Der 13. Brief

Titel: Der 13. Brief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Klassen
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fragte Danner, weil ich noch immer nicht weitertanzte.
    Ich setzte mich wieder in Bewegung.
    »Ich wette, ich kann deine Freundin Klara in dreieinhalb Sekunden auf hundertachtzig bringen.«
    Danner sah zu der Schlampe hinüber, die halbherzig mit der Bürgermeisterin anstieß. »Dreieinhalb Sekunden?«
    »Höchstens fünf.«
    »Die Wette gilt! Du kriegst eine Woche das Bett, wenn du sie richtig ärgern kannst.«
    »Dann verabschiede dich schon mal von deinem Kopfkissen!« Ich schlang Danner die Arme um den Hals, reckte meine Lippen dicht an sein Ohr und flüsterte: »Und erzähl mir nicht, dass zwischen euch nichts mehr läuft. Die liebe Klara hetzt dir ihre Bullen auf den Hals, weil sie in Erinnerung bleiben möchte. Die will nur ein bisschen Aufmerksamkeit. Und natürlich eine Fortsetzung im Bett.«
    Ich spürte, wie er erstarrte.
    »Du spinnst doch!«
    Dabei war es offensichtlich und er bekam doch sonst alles mit.
    Mit einem Ruck zog er mich noch näher an sich und legte sein Kinn auf meine Schulter. Ich spürte seine raue Wange an meinem Gesicht, roch den Alkohol, den er getrunken hatte.
    Das Gesicht der Schlampe hatte sich trotz ihres perfekten Make-ups sichtlich gerötet.
    »Du glaubst wirklich, die steht noch auf mich?«, murmelte Danner ungläubig.
    War das wirklich so erstaunlich? Anscheinend fuhren doch alle auf seinen unrasierten Privatschnüfflercharme ab, einschließlich Marie, der Sexbombe, und Susanne Lehnert, dem flirtenden Skelett. Von mir selbst ganz zu schweigen.
    »Willst du das noch genauer recherchieren, Boss?«, erkundigte ich mich und fuhr mir mit der Zunge über die Lippen.
    Das Glitzern seiner Augen verriet mir, dass er sofort begriff. Er zögerte nur einen winzigen Augenblick, bevor er mir seinen Arm um den Nacken legte.
    Ich ließ es zu. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlte!
    Unsere Lippen berührten sich, meine weich, seine fordernd.
    Augenblicklich wurde mir schwindelig.
    Er schmeckte, wie ich es erwartet hatte, nach Bier und ein bisschen salzig – und einfach atemberaubend! Das Kribbeln, das mich bei jeder seiner Berührungen wie ein Stromschlag elektrisierte, ließ mich zittern. Mein Herz hämmerte durch den dünnen Stoff meines Kleides aufgeregt gegen seinen Körper.
    Eine heiße Welle durchflutete mich, als ich eine Sekunde später seine Zunge in meinem Mund spürte. Ich krallte die Finger in seinen Nacken und erwiderte seinen Kuss genauso heftig.
    Dann ließ er mich plötzlich los.
    Erstaunt sah ich an dem dunklen Schlips auf dem mächtigen Brustkorb des Riesen in die Höhe.
    Danner wischte sich grinsend über das Kinn.
    »Entschuldigen Sie die Störung, Fräulein Lila! Herr Danner war so freundlich, mir einen Tanz abzutreten.«
    Fräulein Lila? Meine Nackenhaare sträubten sich.
    Im nächsten Augenblick fand ich mich – noch halb benommen von Danners Kuss – in den überlangen Armen des Polizeipräsidenten wieder.
    Von unten musterte ich Matteks kantiges Kinn. Aus der Nähe betrachtet, erinnerte seine unnatürlich dicke, glänzende Haut an plastikartiges Krokodillederimitat. Ich hätte schwören können, er war geliftet.
    »Sie tanzen nicht, Sie schweben, Lila!«
    O mein Gott! Wenn ich so alt aussah, dass ein derart abgekautes Kompliment bei mir Sinn zu machen schien, war ich mit meinem Outfit übers Ziel hinausgeschossen.
    Matteks riesige Hand lag nicht auf meinem Rücken, sondern auf meinem Hintern, wo ich sie mit Sicherheit nicht haben wollte. Doch ich war immer noch so aus dem Gleichgewicht, dass ich besorgniserregende drei Anläufe brauchte, bis ich seine Pranke in die richtige Position geschubst hatte.
    »Sie sind also Privatdetektivin?«, begann er ein Gespräch, während seine Hand auf meiner Schulter ankam und weiter nach vorn wanderte.
    Na, warte!
    »Mit dem Job in der Detektei verdiene ich mir neben dem Studium ein bisschen was dazu«, wiederholte ich den Text, den ich mir zurechtgelegt hatte.
    »Ach, Sie studieren?«
    »Biologie. Verhaltensforschung.«
    Will man eine Rolle glaubhaft spielen, sollte man ein paar Details einfließen lassen.
    »Ich hatte erst an Jura gedacht«, fuhr ich fort, »habe aber nach zwei Semestern umgesattelt. Mein Diplom schreibe ich über Pawlows Konditionierung. Sie wissen schon, die Sache mit den Schlüsselreizen. Hauptsächlich arbeite ich an Verhaltensstudien. Es geht unter anderem um den Einfluss der Pornografie auf unseren Alltag.«
    »Interessant!« Er besabberte seine Krawatte, um mal bei Danners Worten zu bleiben. »Erzählen

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