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Der 13. Engel

Der 13. Engel

Titel: Der 13. Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Borlik
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uralte Schriftrolle entdeckt, in der die Geschichte des Königs und der Engel zu Ende erzählt wird.
    Leider ist sie in einem seltenen Dialekt geschrieben, der heute nicht mehr gesprochen wird. Aber Klytus glaubt, ihn übersetzen zu können. Ich hoffe, er wird es rechtzeitig schaffen. Die Krönung des Prinzen ist nicht mehr fern. Und wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege, schwebt er in höchster Gefahr.

    Amy frohlockte. Sie hatte also recht. Es gab eine Verschwörung. Doch was meinte ihr Vater damit, dass die Geschichte der Engel noch weiterging? Und was hatte das mit dem Diebstahl zu tun? Oh, verdammt! Sie suchte Antworten, aber was sie fand, waren nur noch mehr Fragen.
    Sie blätterte zur nächsten Seite weiter. Leer. Genauso wie die über- und überübernächste. Nicht doch, dachte Amy bestürzt. Das konnte unmöglich alles gewesen sein. Für so einen mageren Verdacht hätten die Verschwörer sich bestimmt nicht die Mühe gemacht, ihn ins Gefängnis werfen zu lassen.
    Enttäuscht und wütend zugleich pfefferte Amy das Notizbuch zur Seite. Jetzt hatte sie schon gegen Tante Hesters Regeln verstoßen und riskierte gewaltigen Ärger – und wofür? Für eine Menge schwammiger Andeutungen. Damit würde sie ihre Tante nie und nimmer überzeugen können.
    Amys Blick fiel erneut auf die Zeitung, die noch immer aufgeschlagen vor ihr lag. Plötzlich wurden ihre Augen schmal. Hatte ihr Vater den Artikel über die entführten Menschen etwa deshalb markiert, weil ihr Verschwinden mit der Verschwörung in Verbindung stand? Vielleicht waren sie ihr ebenfalls auf die Spur gekommen? Himmel, wenn das stimmte, dann war ihr Vater nicht das einzige Opfer dieser Verräter!
    Amy war von ihrem Stuhl aufgesprungen. »Ich hab keine Wahl! Ich muss Tante Hester dazu bringen, dass sie den Prinzen vor der Verschwörung warnt.«
    Im nächsten Moment entfuhr ihr ein spitzer Schrei. Durch das Fenster hinter dem Schreibtisch starrte sie ein schneeweißes Gesicht an mit kirschroten Lippen und Augen so schwarz wie die Nacht. Die Frau mit dem Porzellangesicht. Und sie sah wütend aus. Unglaublich wütend!

Ein betrunkener Pirat
    Amy griff sich das Notizbuch, drehte sich um und floh aus dem Arbeitszimmer. Sobald sie die Tür hinter sich zugeworfen hatte, blieb sie erst einmal stehen. Sie war zwar nur ein paar Schritte gelaufen, trotzdem keuchte sie, als wären es hundert gewesen. Wie schon bei ihrer ersten Begegnung in der Carrodsgasse konnte Amy sich auch jetzt nicht richtig erklären, warum der Anblick der Frau sie so sehr in Panik versetzte. Ihr kaltes, starres Gesicht, die teuflischen dunklen Augen hatten sicherlich etwa damit zu tun. Aber das war nicht alles. Diese Frau strahlte das Böse aus wie eine Kerzenflamme das Licht.
    Amy schauderte.
    Es konnte kein Zufall sein, dass die Frau mit dem Porzellangesicht ausgerechnet beim Haus ihres Vaters auftauchte. Ob Amy ihre Schritte in der düsteren Gasse gehört hatte? Der Straßengaukler Cornelius hatte sich offensichtlich vor ihr gefürchtet, demnach mussten sie sich kennen. Amy biss sich auf die Unterlippe. Ob die beiden ebenfalls in die Verschwörung verwickelt waren? Möglicherweise war die Frau eine Spionin, die jedem hinterherschnüffelte, der zu einer Gefahr für die Verräter werden konnte.
    »Ich bin so dumm gewesen. Ich hätte vorsichtiger sein müssen«, schimpfte Amy. Jetzt, wo die Frau sie mit dem Notizbuch ihres Vaters gesehen hatte, musste ihr klar geworden sein, dass Amy über alles Bescheid wusste. Damit war sie nun selber in Gefahr. Sie schluckte. Hatte der Gaukler sie davor warnen wollen? Aber wie hätte er ihren Plan erahnen können, wo sie doch zu dem Zeitpunkt selber noch nicht gewusst hatte, was sie als Nächstes tun würde? Sie schloss für einige Sekunden die Augen. Ihr Kopf brummte von den vielen Fragen.
    In Ordnung, Amy, sagte sie zu sich selber. Das Wichtigste ist jetzt, dass du es an dieser Frau vorbei aus dem Haus schaffst!
    Amy lief zu der eingeschlagenen Terrassentür und stieg vorsichtig nach draußen. Inzwischen war es so spät, dass es bereits zu dämmern begann. Vorsichtig blinzelte sie um die Ecke des Hauses. Die Frau war nicht zu sehen. Vielleicht stand sie immer noch vor dem Fenster und wartete darauf, dass Amy in das Arbeitszimmer zurückkehrte. Oder sie versuchte durch den Vordereingang ins Haus zu kommen. Amy schlich durch den schmalen Durchgang, der das Haus von dem der Nachbarn trennte. Die letzten Meter bis zur Straße schob sie sich eng an die Mauer

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