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Der 18 Schluessel

Der 18 Schluessel

Titel: Der 18 Schluessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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war sie schuld, wenn er wieder komplett durchdrehte. Sie hatte ihm gerade einen wunderbaren Grund für eine neue Psychose geliefert. Eliana spürte auch sogleich, wie Lukas mit sich kämpfte, weil er über etwas nachdachte. Dann sah er sie plötzlich mit fiebrigem Blick an. „Er heißt Danyal? Das ist ein seltsamer Name, findest du nicht? Fast wie ... Daniel ... ein Engelsname.“
    „Er ist nicht von hier“, versuchte Eliana ihn von seinem Wahn abzubringen.
    „Ich würde ihn gerne treffen.“
    Eliana erkannte, wie Lukas um Selbstbeherrschung rang und seine Hände dabei zu Fäusten ballte, damit sie es nicht sah. Was hatte sie nur getan? Entschlossen schüttelte sie den Kopf. „Er weiß nicht, dass ich hier bin. Im Augenblick ist das alles einfach zu viel für mich.“ Sie stolperte Richtung Tür, vorbei an den schwarzen Wänden und fort von Lukas Verschwörungstheorien. Als sie aus seiner Wohnung rannte und die Treppen hinunter stolperte, hörte sie Lukas hinter sich rufen. „Du denkst doch das Gleiche wie ich. Er ist kein Mensch!“
     
    Er ist kein Mensch! Lukas Worte hallten in Elianas Kopf, während sie die regennassen und mittlerweile dunklen Straßen des ehemaligen Judenviertels entlang lief. Ein bestimmtes Ziel hatte sie nicht, während sie an anderen Menschen vorbeilief, sie nahm noch nicht einmal ihre Umgebung richtig wahr. Erst als sie den Roncalliplatz erreichte und in die weihnachtlich freundliche Stimmung eintauchte, blieb sie stehen und atmete tief durch. So konnte sie nicht weitermachen! Es war schon sechs Uhr abends, aber sie brachte es nicht fertig, zurück in ihre eigene Wohnung zu gehen. Lukas Worte wollten einfach nicht mehr aus ihrem Kopf verschwinden. Eliana betrachtete die Menschen, die an ihr vorbeigingen, und nichts von ihren Gedanken ahnten. Sie gingen nach Hause zu ihren normalen geordneten Leben, aßen zu Abend, gingen schlafen und am nächsten Morgen zur Arbeit. Eliana beneidete sie, denn genau so war ihr Leben auch bis vor zwei Tagen gewesen. Ereignislos aber ... geordnet und sicher! Und sie wollte eigentlich nur, dass es wieder so wurde wie früher! Aber vielleicht war das auch alles Unsinn, und sie war genau so paranoid wie Lukas. Du wirst es nicht wissen, wenn du ihn nicht mit deinen Gedanken konfrontierst, mischte sich ihr Verstand ein. Eliana riss sich zusammen und schlug den Weg zu ihrer Wohnung ein.
    Als sie die schwere Haustür aufschloss und so leise wie möglich das Treppenhaus durchquerte, riss Frau Mohr, deren Wohnung genau unter ihrer lag, ihre Haustür auf, und stellte sich Eliana in den Weg. Anscheinend hatte die alte Frau schon den ganzen Tag am Spion ihrer Haustür auf der Lauer gelegen, um sie nach der Arbeit abzufangen. Das hatte ihr noch gefehlt! Frau Mohr war Witwe, mit einer guten Rente und zu viel Zeit, die sie nicht sinnvoll zu nutzen verstand. So hatte sie es sich zur Aufgabe gemacht, über jeden einzelnen Mieter und seine Vergehen gegen die Hausgemeinschaft zu wachen. Unter den Nachbarn wurde sie nur „Der Rottweiler“ genannt, weil sie seit dem Tod ihres Mannes vor einigen Jahren ordentlich an Körperfülle zugelegt hatte und ihr Gesicht Knautschzonen aufwies, die eine Ähnlichkeit mit der Hunderasse nicht verhehlen konnten. Vor allem ihre schlaffen Backen erinnerten stark an die Lefzen eines Wachhundes.
      „Auf ein Wort, Frau Lister.“
      Das war ihr Name. Eliana Lister! Seufzend drehte sich Eliana um und bereitete sich auf eine ausgedehnte Moralpredigt vor.
    „Sie haben einen Mann in ihrer Wohnung“, stellte Frau Mohr fest, als hätte sie ihre Enkelin mit dem Briefträger im Bett erwischt. Ihre Augen funkelten hinter dicken Brillengläsern, und sie sah Eliana an, als hätte sie nicht nur sich selbst, sondern das ganze Haus in Verruf gebracht.
    Eliana war ihr eigentlich keine Rechenschaft schuldig, doch Frau Mohr lebte seit über dreißig Jahren in diesem Haus, und der mittlerweile etwas senile Hausbesitzer, der am anderen Ende der Stadt lebte, war ein Jugendfreund ihres Mannes gewesen. Einmal im Monat bestieg Frau Mohr die S-Bahn Richtung Köln Weiden, um Bericht über die Vorgänge im Haus am Roncalliplatz zu erstatten. Das brachte jeden, der sich mit ihr anlegte, in eine defensive Lage. Eliana gab sich so freundlich, wie möglich. Sie liebte dieses Haus, und sie liebte ihre Wohnung. Der Rottweiler war ein Übel, das sie in Kauf nahm. „Ja, Frau Mohr. Ein Freund aus dem Ausland ist bei mir zu Besuch.“
    Hinter der Brille der alten Frau

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