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Der 21. Juli

Der 21. Juli

Titel: Der 21. Juli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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und brüllte verärgert: »Ja!?«
    Er hörte zu. Sein Gesicht hellte sich auf. »Ja, Schatz. Bis heute Abend. Ich bin pünktlich.«
    Krause knallte den Hörer auf die Gabel. »Wir werden jetzt noch einmal Müllers Diensträume durchsuchen, und danach knöpfen wir uns die Hinterlassenschaft Ihres Kameraden Werdin vor.«
    Während Krause auf Müllers Schreibtischstuhl saß und sich umsah, durchkämmte Gottlieb die Akten. Das meiste war Bürokratenschrott. Viele Akten fehlten, obwohl sie in der Registratur verzeichnet waren. »Die hat Müller wohl mitgenommen«, sagte Krause. Dann blieb Gottlieb an einer Akte hängen. Sie trug die Überschrift »Katyn«. Davon hatte er gehört. Letztes Jahr hatten deutsche Soldaten in der Nähe von Smolensk ein Massengrab gefunden, in ihm lagen mehr als viertausend polnische Offiziere. Die Deutschen waren es, behaupteten die Russen. Die Russen waren es, behaupteten die Deutschen. Es war das NKWD, auch wenn es den Alliierten nicht in den Kram passte und Washington und London die sowjetische Version unterstützten. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Hitler und Goebbels hatten zu oft gelogen, man glaubte ihnen nicht einmal die Wahrheit.
    »Wir werden damit bald wieder an die Öffentlichkeit gehen. Wir haben es untersucht, das Rote Kreuz hat es getan, die Sache ist klar wie Kloßbrühe. Hitler ist tot, Goebbels agitiert die Kakerlaken, unter der neuen Regierung machen wir noch einmal einen Anlauf. Wir werden Amerikaner und Engländer auffordern, Experten zu schicken. Wir stellen ihnen unsere Ergebnisse zur Verfügung, wenn sie das wollen. Das NKWD hat beim Rückzug 1941 tausende von politischen Gefangenen erschossen. Wenn ich da an unsere Einsatzgruppen denke ...«
    Krause hatte die Beine auf Müllers berüchtigten Schreibtisch gelegt.
    »Die neuen Herren sind sich da nicht so einig, fürchte ich. Ein paar von denen hatten früher nichts dagegen, dass wir im Osten aufräumen. Heute schweigen sie vornehm. Wir werden vielleicht diesen oder jenen an dieses und jenes erinnern müssen. Manche halten uns schon für den Dreckkübel der Nation. So einfach ist das nicht.«
    Gottlieb wühlte einige Stunden in den Papierbergen, die Müller zurückgelassen hatte. Krause saß währenddessen da und philosophierte über die Ungerechtigkeit der Welt. »Gut, sie haben die Gestapo abgeschafft und Kaltenbrunner eingesperrt. Und Müller ist vor den eigenen Leuten nach Moskau abgehauen. Wir unterstehen jetzt dem Kameraden Schellenberg und heißen Abwehr, schlau gewählter Name, der formidable Herr Canaris hatte ja einen tollen Ruf, obwohl er so viel vermasselt hat. Heydrich hat mir erzählt, dass Canaris immer einen Riesenhokuspokus veranstaltet hat, Geheimnisse über Geheimnisse. Er tat so, als wäre er feiner als wir Braunen und Schwarzen, ganz etepetete. Dabei hat ihn niemand an Führerverehrung übertroffen. Außer unserem Reichsführer natürlich.« Krause grinste.
    Gottlieb zuckte mit den Achseln. »Das ist ja alles schon durchsucht worden, ich werde hier sicher nichts finden, was auf eine Verbindung zwischen Werdin und Müller schließen lässt.«
    »Dann kümmern wir uns jetzt um das Dienstzimmer unseres Sturmbannführers«, sagte Krause.
    »Ich kenne alle Vorgänge«, sagte Gottlieb. »Ich bin ja sein Stellvertreter, und Werdin hat mir alle Akten gegeben.«
    »Das glauben Sie«, erwiderte Krause.
    Gottlieb entdeckte in Werdins Zimmer keine Papiere, die er nicht schon in Händen gehabt hätte. Alle Vorgänge waren registriert, es fehlte nichts. Höchstens ein paar Blätter, das konnte Gottlieb in der Eile nicht prüfen. Allein die Andeutung, es könnte etwas vermisst werden, empörte Werdins Sekretärin. Ihr Gesicht lief rot an. Sie beruhigte sich erst wieder, als Krause sie lobte, weil sie die Akten so ordentlich führte. »Ich mache das im Auftrag des Sturmbannführers«, sagte sie schnippisch.
    »Dann wollen wir mal genauer nachgucken«, sagte Krause. Zusammen mit drei Abwehrleuten, die wenige Tage zuvor noch stolz darauf gewesen sein dürften, der gefürchteten Gestapo anzugehören, öffneten sie Werdins Wohnung, nachdem sie vergeblich geklingelt hatten. Krause pfiff leise durch die Zähne, als er die durchgeweichte Pappe in den Fenstern sah.
    »Hier hat es ja ganz schön gerumst«, sagte er. Die Polizisten und Gottlieb durchsuchten die Wohnung, aber sie fanden nichts, was ihnen weiterhalf. »Langsam wird es ein Rätsel«, sagte Krause. »Wäre er nach Russland abgehauen, hätte er bestimmt ein

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