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Der 21. Juli

Der 21. Juli

Titel: Der 21. Juli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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befreite und mit allem sonstigen Gesocks kurzen Prozess machte. Ein paar Millionen Tote gehen mit auf das Konto dieses biederen Polizisten, der kaum das Maul aufkriegt, dachte Krause.
    »Na, dann sagen Sie mir, wenn er singt, der Weißgerber«, sagte Müller trocken.
    »Ich habe ihm versprochen, dass seine Frau und sein Sohn dann gehen dürfen.«
    »Er hat eine Tochter, Sie haben die Akte nicht gründlich studiert, mal wieder.« Müller machte eine Pause. »Na ja, dafür haben Sie andere Qualitäten.« Müller deutete ein Lächeln an, jedenfalls bildete Krause es sich ein. »Und versprechen dürfen Sie, was Sie wollen«, sagte Müller.
    Krause ging zurück zum Verhörraum. Er schickte Weißgerbers Bewacher hinaus und fragte seinen Gefangenen: »Wie hast du dich entschieden, Genosse?«
    Weißgerber hob seinen Kopf, schaute Krause stumpf an und fragte: »Und ihr lasst meine Frau und meine Tochter in Ruhe?«
    »Ja, darauf ein deutsches Ehrenwort.«
    Weißgerbers Blick drückte Verachtung aus. »Mir bleibt ja keine Wahl, als Ihnen zu glauben. Ich habe einen guten Tipp, vielleicht den besten, den euch einer geben kann.« Weißgerber sprach stockend und verzerrte sein zerschlagenes Gesicht vor Schmerz. Krause setzte sich auf einen Stuhl, nahm sich vom Tisch einen Block und einen Bleistift und wartete. »Ihr habt einen Verräter«, sagte Weißgerber.
    Krause stutzte. »Du meinst einen kommunistischen Agenten in der SS?«
    »Ja, im SD«, sagte Weißgerber.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Krause. »Du willst nur erreichen, dass wir uns selbst zerfleischen und jeden Kameraden verdächtigen.«
    »Sie brauchen es ja nicht zu glauben. Sie wollten einen richtig guten Tipp, und den gebe ich Ihnen.«
    »Und wer soll das sein, dieser Verräter?«, fragte Krause.
    »Das weiß ich nicht«, sagte Weißgerber.
    Krause stand auf und hob mit wutverzerrtem Gesicht die Hand zum Schlag.
    »Aber ich weiß, wer es weiß«, sagte Weißgerber.
    Krause setzte sich wieder hin.
    »Der Genosse ist allerdings abgetaucht. Er funkt die Berichte nach Moskau.«
    Krause war zu lang im Geschäft. Er erkannte sofort, Weißgerber wollte vor allem seine Familie retten und seine Genossen nicht verraten. Wenn aber die Geschichte mit dem Verräter stimmte, dann würden Gestapo und SD alles tun, um ihn mitsamt seinem Funker auszugraben. Allein der Hinweis, es gebe einen Doppelagenten im Sicherheitsdienst, war wertvoll und Grund genug, die Lebensläufe der SD-Leute auf Auffälligkeiten zu prüfen. Krause glaubte nicht, dass Weißgerber den Verräter erfunden hatte. Weißgerber wusste, wenn er log, würde seine Frau sterben.
    »Ich kenne nur den Decknamen, den der Kontaktmann des Verräters mir genannt hat. Er nennt sich Fritz.« Weißgerber sprach mit fast geschlossenem Mund, Krause mühte sich, alles zu verstehen. Wenn man Gefangenen den Kiefer zerschlägt, können sie nicht mehr richtig sprechen, dachte Krause. Er würde die Prügelknaben darauf hinweisen, es gab genug andere Möglichkeiten, Leuten wehzutun.
    »Und wo ist Fritz abgetaucht?«
    »Irgendwo in Berlin, ich glaube in Zehlendorf oder in Lichterfelde.«
    »Woher weißt du das?«
    Weißgerber setzte zum Sprechen an, schwieg dann aber doch. Er dachte nach. Dann sagte er leise: »Ich habe einmal gehört, wie sich der Verräter und Fritz unterhielten ...«
    »Dann hast du den Verräter doch gesehen? Warum sagst du erst, du kennst ihn nicht, und dann willst du das Schwein gesehen haben?«
    »Ja, wenige Sekunden, von hinten. Er hat noch ein paar Worte mit Fritz gesprochen, etwas über einen Umzug nach Lichterfelde oder Zehlendorf.«
    »Wie sah der Mann aus?«
    »Wer, Fritz oder der SS-Mann?«
    »Der Verräter.«
    »Er hatte blonde Haare, schlank, groß gewachsen - mehr weiß ich nicht.«
    »Dienstrang?«
    »Ich kenne die SS-Dienstränge nicht. Und von hinten kann man das nicht erkennen.«
    Krause ging die Zerrerei auf die Nerven. Weißgerber nuschelte langsam, Wort für Wort quälte sich aus seinem zerstörten Mund. Krause zündete sich eine Zigarette an, das Streichholz warf er auf den Boden. Er nahm einen tiefen Zug, die Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand eingeklemmt.
    »Und Fritz, wie sieht der aus?«
    »Klein, dick, Knollennase, vorstehender Unterkiefer, Mitte fünfzig.«
    »Du magst Fritz nicht?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?« »Wegen des HitlerStalin-Vertrags.«
    »Du warst dagegen, er dafür?«
    »Nein, ich war dafür.«
    »Und seitdem ist Fritz für dich ein Renegat, wie das bei

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