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Der 21. Juli

Der 21. Juli

Titel: Der 21. Juli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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fragte Krause.
    »Ja«, sagte Werdin. Es klang nicht nach Aufschneiderei. »Ich glaube schon. Aber heute nicht mehr. Der Dienst ruft.«
    Werdin saß an seinem Schreibtisch, die Hände hinter dem Genick verschränkt. Er starrte auf einen imaginären Punkt an der Wand. »Warum?«, hatte sie gefragt. Ja, warum? Warum riskierte er Ärger mit der Gestapo? Die beiden Beamten aus dem Café Kranzler würden sich möglicherweise nach ihm erkundigen. Es würde wohl nichts weiter passieren, aber er hatte gegen sein Überlebensprinzip verstoßen, nie aus dem Rahmen zu fallen, der einem Mitarbeiter des Reichssicherheitshauptamts gezogen war. Was wäre der alten Dame schon passiert? Sie hätte ein paar Anschnauzer auf einer Polizeiwache ertragen müssen, während ihre Tochter den Personalausweis besorgte. Vielleicht ein Bußgeld, wenn die Beamten schlecht gelaunt oder fanatische Nazis waren. Da gab es schlimmere Schicksale.
    Irmas Gesicht tauchte vor ihm auf. Schön und selbstbewusst. Es hatte ihn gepackt, er spürte Ärger in sich über seine Schwäche. Er würde sie wieder sehen. Sie hatte ihm ihren Namen genannt und auch verraten, dass sie in Biesdorf wohnte. Den Rest herauszufinden war ein Kinderspiel. Aber würde sie ihn wieder sehen wollen?
    Die Tür ging auf, Scharführer Bittner brachte eine Mappe, Berichte von V-Männern in Frankreich. »Es sieht mies aus«, sagte Bittner und legte Werdin die Papiere auf den Schreibtisch. Werdin antwortete nicht. Bittner schaute ihn erstaunt an und ging.
    Würde sie ihn wieder sehen wollen? Wie sollte er es arrangieren? Lass es, sagte er sich. Du kommst in Teufels Küche.
    Das Telefon klingelte. »Schellenberg will Sie sehen, in einer halben Stunde.«
    »Warum?«, hatte sie gefragt. Er hatte sie angeschaut und die Achseln gezuckt. Dann hatte er gesagt: »Ich mag diese Leute in Ledermänteln nicht.«
    »Aber Sie gehören doch auch dazu«, erwiderte sie, ohne eine Sekunde zu zögern.
    »Ja«, sagte Werdin. Nach einer Weile: »Und nein.«
    Sie schaute ihn fragend an, dann lächelte sie. Da war etwas in ihren Augen, es verwirrte ihn.
    »Entschuldigung, ich habe mich nicht vorgestellt.« Werdin verfluchte sich, lächerlich, gleich würde er zu stottern beginnen. »Knut Werdin.« Er verbeugte sich leicht vor der älteren Dame, dann vor der anderen.
    »Irma Mellenscheidt«, sagte sie. »Das ist meine Mutter.«
    Werdin gab Margarete die Hand, dann Irma. Nach kurzem Zögern nahm sie seine Hand. Ihre fühlt sich zart und warm an. Er bildete sich ein, dass sie seine Hand einen Augenblick länger hielt, als es nötig gewesen wäre. Und dass sie ihn anschaute mit einem fragenden Blick, als wollte sie wissen: Was bist du für einer?
    »Wohnen Sie in Berlin?«, fragte Werdin.
    »Ja«, sagte Irma, »in Biesdorf.«
    »Herr Werdin, ich danke Ihnen«, sagte Margarete. Sie begann sich zu erholen von ihrem Schrecken.
    »Es wäre doch nichts passiert«, sagte Werdin.
    »Kann ich mich erkenntlich zeigen?«, fragte Margarete.
    »Komm, Mama«, sagte Irma. »Wir müssen los. Papa wartet sonst.«
    Sie wandte sich zu ihm und sagte: »Vielen Dank nochmals, Herr Werlin. Wir müssen jetzt leider nach Hause.«
    »Werdin«, sagte er.
    »Entschuldigung, Werdin heißt der weiße Ritter.« Sie lachte.
    »Manchmal bin ich schlimmer als meine Oma. Einen Namen gehört und schon vergessen.«
    Irma holte an der Garderobe den Mantel ihrer Mutter. Sie sagte: »Komm, Mama«, und hakte sich bei ihrer Mutter ein.
    Sie gingen hinaus, Werdin schaute ihnen stehend nach. In der Tür drehte Irma sich noch einmal um. Sie schaute ihn an und lächelte. Da war wieder etwas in ihren Augen.
IV.
    G awrina hatte Borschtsch gekocht, niemand kochte so gut Borschtsch wie Gawrina. Das sagte sie jedenfalls. Den gesamten Nachmittag hatte sie in der Küche gearbeitet. Sie schnitt Weißkohl klein, kochte Schweinefleischreste, die sie von einem Verehrer mit unzweideutiger Absicht geschenkt bekommen hatte, rührte aus dem Mehl und dem Fett aus der Sonderverpflegungsration für Boris eine helle Schwitze an und opferte ein Glas Rote Beete, das ihre Mutter vor dem Krieg eingemacht hatte. Sie öffnete die letzte Flasche grusinischen Rotwein und stellte sie auf den Küchentisch.
    »Warum?«, fragte Boris erfreut, als er am Abend die Wohnungstür öffnete und ihm der Geruch des Eintopfs entgegenströmte. Dann sah er den festlich gedeckten Tisch und die geöffnete Flasche Wein.
    »Weil ich so stolz auf dich bin«, erwiderte Gawrina lachend. Sie kam in

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