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Der 21. Juli

Der 21. Juli

Titel: Der 21. Juli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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sein einstiger Petit Chef funkten nun in Müllers Auftrag an den Direktor, und der sowjetische Nachrichtendienst tat so, als wüsste er nicht, dass der große und der kleine Chef längst in den Händen des Feindes waren. Es war ein Funkspiel mit doppelt gezinkten Karten. Völlig zwecklos, dachte Grujewitsch, aber in seiner Weise logisch. Ohne ihren Mann in der SS wären sie der Gestapo wohl in die Ätherfalle gelaufen. Aber was zählten Verdienste der Vergangenheit?
    Berija stand nun direkt vor Grujewitsch, er schaute ihm streng in die Augen. Grujewitsch roch den fauligen Atem, ihm wurde übel. »Sagen Sie Michael, er soll das Attentat verhindern. Wenn es ihm gelingt, machen wir ihn zum Helden der Sowjetunion.«
    »Und wenn nicht?« Es rutschte Grujewitsch heraus.
    Berijas Augen blitzten. »Was geschieht mit Befehlsverweigerern an der Front, Genosse Grujewitsch?«
    »Sie werden bestraft.«
    »Sie werden liquidiert«, sagte Berija. »Liquidiert.«
    ***
    »Das ist ein Ding«, sagte Werner Krause.
    »Nein«, erwiderte Müller. »Das hat der Reichsführer beim Reichsmarschall durchgesetzt.«
    Himmler war auf dem aufsteigenden Ast, Göring auf dem absteigenden, seit seine Luftwaffenhelden sich als Versager entpuppt hatten. Krause war stolz, auf der richtigen Seite zu stehen.
    »Und wann bekommen wir die Peilwagen?«
    »Heute«, sagte Müller. »Sie sind Ihnen unterstellt. Rufen’s beim Reichsluftfahrtministerium an, bei einem Major Hunzinger.«
    Sie hatten die Kommune bis auf traurige Reste zerschlagen, die Sozialdemokratie ausgelöscht, Deutschland fast gänzlich von Spionen befreit. Nun würden sie auch den Verräter fangen.
    Gestern Abend hatte Krause eine Mahl er-Symphonie aufs Grammofon gelegt und sich ausgemalt, was er mit dem Schwein anstellen würde, wenn er es erwischt hatte. Crescendo und piano, immer im Wechsel bis zum furiosen Finale. Sie hatten all die Jahre dazugelernt. Längst vorbei die Zeiten, in denen wahllos geprügelt wurde. Bei dem Verräter würde er alle Register ziehen und es lange genießen, bis er ihn verrecken ließ. Unsere Ehre heißt Treue, wer uns verrät, verliert sein Recht weiterzuleben. Heute kam ihm der Spruch gar nicht pathetisch vor. Wenn ihm nichts mehr gelingen sollte, dieses Schwein würde er noch schlachten.
    In seinem Dienstzimmer rief Krause beim Reichsluftfahrtministerium an. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er den Major Hunzinger an der Strippe hatte. Es dauerte eine weitere Ewigkeit, bis er dem drögen Mecklenburger klar gemacht hatte, dass er zwei Peilwagen samt Besatzung spätestens morgen früh brauchte. Erst als er drohte, dem Reichsführer-SS persönlich Meldung zu machen, wenn die Wagen nicht ausrückten, begann Hunzinger zu begreifen.
    »Gut.« Er schwieg einige Sekunden. »Ich ... frage ... mal ... nach ., ob ... die ... Wagen ... einsatzbereit ... sind.« Er fügte zwischen fast jede tonlose Silbe eine Pause.
    Krause musste an sich halten, nicht loszubrüllen. Vielleicht fand er einen Weg, dieses Arschloch an die Ostfront befördern zu lassen, Aktion Heldentod in den Lüften. »Und wann wissen Sie, ob die Wagen einsatzbereit sind?«
    »Ich . muss . erst . heraus . finden . , wo . die .
    Wagen ... sind.« Der Mann schnauzte in den Telefonhörer.
    »Das heißt, Sie müssen die Wagen suchen?«
    »Vielleicht ... sind ... sie ... im ... Fuhrpark ... , vielleicht ... sind ... sie ... in ... der ... Instand ... Setzung ...
    ,kann ... auch ... sein ... ,sie ... sind ... in ... Paris.«
    »In Paris?«, brüllte Krause.
    »Viel ... leicht«, antwortete Hunzinger ungerührt.
    »Und was machen sie in Paris?« Krause fürchtete, seine Stimme könnte sich überschlagen.
    »Das . weiß . ich . nicht .. Ich . bin . für . den .
    Fuhr ... park ... zuständig ... , nicht ... für ... die ... Einsätze.«
    »Und wann erfahre ich, wo die Wagen sind?«
    »Rufen ... Sie ... heute ... Abend ... an«, sagte Hunzinger. Es machte klick.
    Mit finsterer Miene öffnete Krause die Tür zum Schießstand. Nur eine Bahn war besetzt. Krause erkannte Werdin, der gerade ein Magazin nachlud. Der SD-Mann drehte sich um und nickte zur Begrüßung.
    »Tag, Standartenführer.«
    So richtig zackig waren diese Typen vom SD noch nie gewesen. Schellenberg gab sich ja auch oft eher wie ein Zivilist. Das färbte auf den gesamten Auslandsnachrichtendienst ab. Der Fisch stinkt am Kopf zuerst. Hier im Schießstand konnte Krause das schlecht rügen, auch wenn es ihm gefallen hätte, seine Wut über Hunzinger an Werdin

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