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Der 21. Juli

Der 21. Juli

Titel: Der 21. Juli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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auszulassen.
    »Tag, Sie sind öfter hier?«
    »Eigentlich nicht«, erwiderte Werdin. Er schob das gefüllte Magazin in seine Walther und ließ den Schlitten nach vorne schnellen. »Zufall, dass Sie mich schon wieder treffen.«
    »Vielleicht hat der Zufall ja einen Sinn?« Krause musterte den großen, schlanken Mann. Wird seine Erfolge bei den Frauen haben. Er entdeckte keine Ringe an den Fingern. Unverheiratete SS-Männer sah der Reichsführer nicht gern. Sie sollten mit seiner Genehmigung arische Frauen heiraten und Kinder in die Welt setzen, das Reich brauchte auch künftig Soldaten. Die Untermenschen warfen wie die Karnickel, die Deutschen musste man geradezu zwingen, sich zu vermehren. Irgendwann schlug es um, wog die Masse mehr als die rassische Überlegenheit, wurden die Deutschen erdrückt unter dem Ansturm der Minderwertigkeit.
    »Möglich«, sagte Werdin. »Aber welcher Sinn sollte das sein?« Er lachte wie über einen mittelprächtigen Witz.
    Eingebildeter Schnösel, Aufschneider, Vorzeigegermane. Schade, dass der Bursche ihm nicht unterstand, er hätte ihn sich zurechtgeschnitzt.
    »Nichts zu tun?«, fragte Krause.
    »Ich mache eine kleine Denkpause«, sagte Werdin. »Bin gleich fertig.« Er lachte wieder.
    Krause fand keinen Grund, fröhlich zu sein. »Was halten Sie von einem kleinen Wettschießen?«
    Werdin guckte einen Augenblick erstaunt. Er zuckte mit den Achseln und sagte: »Warum nicht? Wenn es Ihnen Freude bereitet. Auf welche Scheibe?«
    Krause zögerte einen Moment. »Nicht auf Scheiben.« Er zog seine Brieftasche hervor und entnahm ihr einen Hundertmarkschein. »Haben Sie auch einen?«
    Werdin wühlte in seiner Hosentasche und zog einen verknitterten Schein hervor. Er legt ihn auf die Handfläche und strich ihn glatt.
    »Und nun?«, fragte er.
    »Ich schieße auf Ihren Schein, Sie auf meinen. Wer zuerst trifft, hat gewonnen und kriegt beide.«
    »Gut«, sagte Werdin. »Man kann sich ja sowieso nichts Vernünftiges mehr kaufen. Wer fängt an?«
    »Ich«, sagte Krause, »ich habe den höheren Rang.« Er musste grinsen, ein guter Scherz.
    Werdin lachte. »Sie brauchen wohl einen Sieg, Standartenführer. Aber wenn es so sein soll.«
    Überhebliches Schwein, dachte Krause. »Nein, wir schießen Zweierserien, jeder einmal. Wer zuerst verfehlt, hat verloren.«
    Krause kurbelte eine Schießscheibe nach vorne und klemmte die beiden Scheine fest. »Rechts ist Ihrer, links meiner«, sagte er. Er drehte die Scheibe zurück zur Wand, zog seine Luger, zielte und drückte ab. Er traf die linke untere Ecke von Werdins Geldschein.
    »Was dazu wohl die Reichsbank sagen würde«, witzelte Werdin, er zielte und schoss. Es war eine flüssige Bewegung. Der Schein flatterte, man konnte das Loch in der Mitte sehen.
    Krause hob seine Luger, visierte lange und schoss. Der Luftzug des Geschosses bewegte den Geldschein. »Scheiße«, sagte Krause.
    »Pech gehabt«, sagte Werdin. Und darüber ärgerte sich Krause genauso wie über den Fehlschuss.
    Mit aufreizender Lässigkeit hob Werdin die Pistole und drückte ab. Der Treffer saß direkt über dem Loch des ersten Schusses. Werdin kurbelte die Scheibe nach vorn, nahm die beiden lädierten Geldscheine und steckte sie in seine Hosentasche.
    »Gratuliere«, sagte Krause. Er hätte lieber geflucht. »Wie gut, dass wir für dieselbe Firma kämpfen.«
    »Wie gut«, wiederholte Werdin. Er lächelte freundlich, hob zwei Finger der rechten Hand an die Stirn. »Ich muss jetzt wieder spionieren gehen.«
    Krause ließ sich mit Hunzinger verbinden. Er wollte nicht bis zum Abend warten. Er war darauf vorbereitet, dass Hunzinger noch nicht wusste, wo die Peilwagen steckten.
    Erstaunlicherweise aber hatte der Major sich schon kundig gemacht. »Die . Wagen . sind . tat . sächlich . in . Pa ... ris.«
    »Verflucht«, entfuhr es Krause. »Wer hat sie? Und warum?«
    »Die Ge ... heime ... Staats ... poli ... zei«, erwiderte Hunzinger. Krause erschien es so, als dehnte Hunzinger diesen Satz mit besonderem Genuss. Es fehlte noch, dass der Luftwaffenheini anfing zu lachen.
    »Die Ge ... heime ... Staats ... polizei ... Leitstelle ... Paris ... hat ... die Peil ... wagen ... vor ... zehn ... Wochen ... an . gefordert. Sie . will . da . mit . Funker . fangen.«
    Wutentbrannt warf Krause den Hörer auf die Gabel, es knallte laut. Von wegen deutsche Ordnung, die rechte Hand wusste nicht, was die linke tat. Die Tür zu seinem Dienstzimmer ging auf, er sah das besorgte Gesicht seiner Sekretärin.

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