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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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Isabel heran und senkte die Stimme. Draußen auf dem Korridor war es ruhig geworden.
    »Was meinst du damit?«, fragte er leise. »Ist Carlos etwa nicht der Einzige, dem so etwas passiert ist?«
    Isabel öffnete ihre Tasche und legte die Mappe auf den Tisch.
    »Es hat vor einer Woche angefangen. Mein Abteilungsleiter Alberto Hernán hatte ein Meeting anberaumt, um über einen Bericht
     zu diskutieren. Aber dann ist er nicht erschienen. Als wir uns nach ihm erkundigten, gab man uns zuerst keine Auskunft. Als
     dann ein Kollege und ich versuchten, der Sache auf den Grund zu gehen, sagte man uns, Alberto Hernán habe einen Unfall gehabt
     und liege in einer französischen Spezialklinik. Das stimmte allerdings nicht.«
    Isabel erzählte Zac, was sie mit Vera erlebt hatte, und das Wenige, was sie von Cassandra wusste, die vor zwei Tagen in eine
     psychiatrische Anstalt eingewiesen worden war. Mit jedem Satz fühlte Isabel sich leichter, aber gleichzeitig wuchs die Angst
     in ihr, dem Falschen zu vertrauen. Als sie fertig war, starrte Zac einige Sekunden lang auf den Tisch.
    »Und Carlos haben sie versucht zu ermorden   … zwei Mal, oder?«
    »Sieht so aus, ja«, sagte Isabel. »Es scheint, dass jemand hier unbequeme Personen aus dem Weg räumen will. Mein Kollege Hugo
     hat schon seine Familie aus der Stadt weggeschickt. Er ist seit vielen Jahren in der Firma, er hat Angst, sie könnten jetzt
     auch hinter ihm her sein. Vielleicht ist er schon angegriffen worden und hat mir nur nichts davon gesagt.«
    »Warum sollte er das vor dir geheim halten?«, fragte Zac. »Und außerdem hättet ihr doch auch zur Polizei gehen können.«
    »Zac, in der Firma gibt es sehr mächtige Leute. Carlos selbst hat mir gesagt, die Polizei würde wahrscheinlich kaum   …«
    »Hast du Carlos davon erzählt?«, wollte Zac wissen.
    Isabel nickte.
    »Er sagte, auch bei ihm im Stockwerk würde eine seltsame Atmosphäre herrschen, aber mehr hat er mir nicht verraten. Ich schätze,
     am Ende hätte er mir dasselbe geraten wie alle anderen auch: dass ich die Firma verlassen soll. Du hast seinen Brief ja gesehen.
     Er wollte nicht, dass ich mir ansehe, was auf der CD ist.«
    »Er wird dafür wohl seine Gründe gehabt haben. Vielleicht solltest du auf ihn hören.«
    »Dazu ist es zu spät«, antwortete Isabel und hielt ihm die Mappe hin. Zac klappte sie auf und blätterte in den Unterlagen,
     die Isabel Stunden zuvor ausgedruckt hatte.
    »Und was ist mit diesen Markierungen?«
    »Das frage ich mich auch«, erwiderte Isabel mit einem Schulterzucken. »Ich habe keine Ahnung, was sie bedeuten. Wenn sie überhaupt
     etwas zu bedeuten haben.«
    »Und was ist damit?«, fragte Zac und hielt Isabel das letzte Blatt hin.
    Sie nahm es, aber sie wusste bereits auswendig, was darauf stand. Sie hatte die Ausdrucke auf der Suche nach einem Hinweis
     so oft durchgesehen. Umberto V., dreiundfünfzig Jahre alt, als Einziger in der Gruppe verheiratet, Abteilung für Unternehmenswachstum.
     Letzte bekannte Stelle, wie bei allen anderen, das 26.   Stockwerk. Er war Diplomingenieur und hatte an einer der ältesten öffentlichen Universitäten des Landes studiert. Hobbies:
     Angeln und Kino. Isabel überflog die Daten noch einmal und sah dann wieder Zac an.
    »Erinnert dich dieses Gesicht nicht an wen?«, fragte er. Isabel betrachtete das Foto. Der Mann hatte ein schönes Lächeln,
     obwohl sich um den Mund schon einige Falten zeigten. Zwei große Augen musterten sie durch eine altmodische Hornbrille hindurch.
     »Stell ihn dir mal ohne die Brille und die grauen Haare vor.«
    Isabel zeichnete im Kopf dasselbe Gesicht nach, ohne Brille, und versuchte es etwas jünger zu gestalten. Die Antwort blitzte
     in ihr auf und ließ sie atemlos zu Zac aufschauen.
    »Aber das ist ja   …«
    »Carlos«, ergänzte der andere. »Carlos, nur dreißig Jahre älter.«
    »Das kann nicht sein!«, rief Isabel. »Das kann nicht er sein. Die können doch keine Personalkarte aus Carlos’ Zukunft haben.«
    »Haben sie auch nicht«, bestätigte Zac. Er hielt das Foto hoch und zeigte auf die Stelle, wo der Nachname einzusetzen war.
     »V. steht für Visotti, aber nicht Carlos ist gemeint, sondern Umberto. Ich hatte das Vergnügen, mit dem Mann zu arbeiten,
     deshalb habe ich ihn sofort erkannt. Er war sein Vater.«
    Isabel kamen die wenigen Einzelheiten in den Sinn, die Zac ihr über Carlos erzählt hatte. Erneut war da etwas, das nicht ins
     Bild passte, obwohl sich andere Dinge vielleicht

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