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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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dadurch erklären ließen.
    »Hm, Carlos’ Vater hatte doch seine eigene Firma«, sagte Zac, während er die Unterlagen ein zweites Mal durchsah.
    »Stimmt, und er hat nie erwähnt, dass sein Vater in irgendeiner Beziehung zu unserem Unternehmen gestanden hätte. Vielleicht
     wollte er uns nichts davon sagen. Oder   …«
    »Ja?«
    »Du hast mir doch erzählt, dass Carlos sich verändert hat, als er den Job bekam, oder? Und er hat bei uns angefangen, nachdem
     sein Vater gestorben war.« Zac nickte. »Was, wenn Carlos mit einem ganz bestimmten Ziel in die Firma gekommen ist? Vielleicht
     wollte er ja irgendwas über seinen Vater herausfinden.«
    »Meinst du   … über den Tod seines Vaters?«
    Isabel nickte langsam. Wenn das stimmte, würde sich ihre Wahrnehmung der Ereignisse radikal verändern. Sie wollte gerade noch
     etwas zu sagen, als sie sah, wie sich hinter Zac der Türknauf drehte. Dieselbe Krankenschwester, die sie hergebracht hatte,
     steckte den Kopf durch die Tür.
    »Sie können jetzt noch einmal zu Ihrem Freund«, sagte sie. »Die Polizei ist fertig.«
    Sie machte die Tür ganz auf und blieb abwartend stehen. Isabelsteckte die Mappe in ihre Tasche und trat vor Zac auf den Korridor hinaus. Eine Gruppe von Männern und Frauen, einige davon
     in Uniform, bog gerade um die Ecke Richtung Aufzüge. Inspektor Márquez blickte zurück und winkte Isabel zu; dabei lächelte
     er und zuckte die Achseln. Die Nachricht schien klar zu sein: Mehr kann ich nicht machen. Jetzt werden Sie sehen müssen, wie
     Sie zurechtkommen. Isabel ging neben Zac zurück in Carlos’ Zimmer. Auch er hatte die Geste des Polizisten gesehen.
    »Wenn der Typ Carlos nicht das Leben gerettet hätte«, sagte er, während sie eintraten, »würde ich ihm eine verpassen.«
    Im Zimmer hatte sich nichts verändert, bis auf eine Plastikplane, die das Fenster bedeckte, dort, wo der flüchtige Täter durch
     die Scheibe gesprungen war. Die ältere Frau war nicht mehr da. Ihr Bett war zerwühlt und leer. Die Tür ging wieder auf, und
     ein Polizeibeamter musterte die beiden von oben bis unten.
    »Inspektor Márquez hat mich gebeten, Ihnen zu sagen, dass in den nächsten Tagen ein Wachtposten im Zimmer postiert wird.«
    »So was aber auch«, erwiderte Zac, »da hat er es wohl gut mit uns gemeint.«
    Der Polizist überging den Kommentar geflissentlich.
    »Der Inspektor hat noch etwas für Sie hiergelassen«, sagte er und deutete aufs Bett. Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ
     er den Raum und zog die Tür hinter sich zu.
    »Ich nehme an, das Krankenhaus muss sich absichern, falls noch mal etwas passiert«, sagte Zac überzeugt, während Isabel zu
     Carlos ans Bett trat. Seit sie ihn zuletzt gesehen hatte, hatte er sich nicht verändert. Seine Augen waren noch immer geschlossen,
     in seiner Nase steckten zwei Röhrchen. Als wäre nichts geschehen. Als sie den Sessel ans Bett rückte, sah Isabel, was sich
     verändert hatte. Zwischen Carlos’ leicht gekrümmten Fingern steckte ein kleines rechteckiges Stück Pappe.
     
    A.   Márquez. Inspektor. Bezirk Innenstadt.
     
    Darunter folgten ein paar Telefonnummern und die in sauberer Druckschrift geschriebenen Worte: »Ich warte auf Ihren Anruf«.
    Zac warf ebenfalls einen Blick auf die Visitenkarte.
    »Tja, wer hätte gedacht, dass so ein Typ eine solche Handschrift hat.«
    Isabel steckte die Visitenkarte in ihre Hosentasche. Dann setzte sie sich und sah Carlos an.
    »Was machst du heute Abend noch?«, fragte sie Zac.
    »Jetzt rufe ich meine Frau an. Sie weiß noch gar nichts von der Sache. Dann komme ich noch einmal zurück, wenn es dir nichts
     ausmacht. Ich glaube, ich werde hierbleiben, wenigstens heute Nacht. Und morgen   …«
    Isabel sah ihn an. Sie konnte sich schon denken, was er sagen wollte.
    »Morgen fange ich an, nach diesem Dreckschwein zu suchen«, sagte er leise. Dann verließ er das Zimmer.
     
    Minutenlang sah Isabel Carlos an. Sie hätte ihn am liebsten umarmt, seinen Körpergeruch wahrgenommen, ihm übers Haar gestrichen.
     Stattdessen streichelte sie nur kurz seine Hand und ging dann hinaus. Der Polizeibeamte an der Tür grüßte sie nicht einmal.
     Er saß auf einem Stuhl und starrte an die gegenüberliegende Wand. Weiter hinten im Wartezimmer stand Zac neben den blauen
     Plastikbänken und sah aus dem Fenster, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Isabel lächelte, während sie zum Stationszimmer
     ging. Wahrscheinlich hatte er seine Frau schon angerufen. Und dann hatte

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