Der 26. Stock
behalten.
A: 34 Jahre alt, Informatiker , ledig , alleinstehend . Sein Unternehmen bietet ihm einen Posten in einer weit entfernten Stadt im Ausland an. Als zusätzlichen Anreiz stellt man
ihm eine beachtliche Gehaltserhöhung in Aussicht. Wird sich die Tatsache, dass er sich im Ausland befindet, negativ auf seine
Arbeitsleistung auswirken?
Isabel las die Fragestellung aufmerksam durch. Es handelte sich um keine einfache Frage, die Angaben ließen einige Faktoren
ungeklärt. Sie überlegte sich ein paar einleitende Sätze für ihren Bericht: Ihre Voraussage werde nur sehr ungenau sein können,
da sie so gut wie keine Informationen über A habe, und … Als sie den ersten Buchstaben schrieb, erschien eine neue Nachricht auf dem Bildschirm.
Bitte antworte nur mit N (nein ) oder J (ja) . Danke .
Isabel starrte ungläubig auf den Bildschirm. Eigentlich ließ sich so gut wie keine Frage derart einfach und direkt beantworten,
und Fragen, die menschliches Verhalten betrafen, schon gar nicht. Dennoch drückte sie die Taste N. Aufgrund der vorliegenden Daten war es wahrscheinlich, dass die Leistung von A nicht leiden würde. Sie würde darüber mit Gaardner
sprechen müssen. Er war Psychologe, er würde ihren Standpunkt leicht nachvollziehen können. Isabel wollte nicht, dass man
ihren Aussagen mehr Gewicht beimaß, als sie in Anbetracht der Umstände und der spärlichen Informationslage verdienten. Einige
Minuten lang fuhr sie fort, hypothetische Fragen zu beantworten. Es war ein einfaches Spiel, für das gewiss keine ausgebildete
Psychologin benötigt wurde. Sie stützte den Kopf gegen die Rückenlehne ihres Sessels und drückte mit geschlossenen Augen die
Taste, mit der sie die jeweilige Frage beantwortete. Wenn sie dann die Augen wieder aufschlug, wurde bereits die nächste Aufgabe
angezeigt.
C: 30 Jahre alt, Verwaltungsangestellter , ledig , alleinstehend . Aufgrund seiner Persönlichkeit verursacht C immer wieder Ärger im Kollegenkreis. Doch genau diese Charakterzüge machen ihn
für seine Firma unentbehrlich. Eines Tages ändert sich seine Persönlichkeit. Was meinst du, hat Miguel den Tod verdient?
Bevor Isabel die Frage nochmals lesen konnte, verschwand der Text. Ihr Rechner hatte sich ausgeschaltet. Als sie gerade versuchen
wollte, ihn wieder einzuschalten, klopfte es an der Tür.
»Ja?«
»Das war’s für heute. Ich glaube, hier sind alle gespannt, dich kennenzulernen.«
»Aber …«
»Nichts aber«, unterbrach Gaardner. Er trat ein und ging auf Isabel zu. »Wir haben hier keine festen Arbeitszeiten, und heute
machen wir einfach Schluss und gehen etwas trinken. Du hast doch nichts dagegen, oder?«
»Apolo«, sagte Isabel, während sie aufstand und Mantel und Tasche nahm, »gerade ist mein Rechner ausgegangen, und …«
Gaardner kam noch näher und legte ihr seine Hand auf die Schulter. Isabel widersetzte sich nicht. Sie wusste nicht recht,
warum, aber die Berührung war ihr angenehm.
»Wenn Feierabend ist, werden die PCs abgeschaltet. So verhindern wir, dass ihr mehr arbeitet als nötig. Mach dir keine Sorgen,
dass etwas von deiner Arbeit verlorengegangen sein könnte, das wird alles automatisch gespeichert.«
»Aber diese Fragen, die ich da beantworten sollte …«
»Nein«, unterbrach Gaardner. »Erzähl mir nichts von deiner Arbeit. Das ist eine der wenigen Regeln, die wir hier haben. Niemand
soll wissen, was die anderen machen. Ich bin nur ein Koordinator, die Aufgaben selbst bekommt ihr von oben. Gehen wir. Ich
habe noch eine letzte Überraschung für dich.«
»Ich glaube, ich muss heute früh nach Hause«, entschuldigte sich Isabel.
»Es dauert nicht lange. Komm schon, nur einen Moment. Deine Kollegen möchten dich kennenlernen.«
Sein Blick war beinahe flehentlich. Als sie den Raum verließen, erwartete Luna sie bereits an der Tür. Sie nahm Isabel bei
der Hand, und dann fuhren sie zu dritt mit dem Aufzug in die Tiefgarage. Als die Metalltüren sich öffneten, spürte Isabel,
wie sie in eine andere, graue Welt zurückkehrte, aus der seit Jahren alle Farbenpracht gewichen war. Aber das war nicht der
Parkplatz, auf dem sie täglich ihren alten Ford abgestellt hatte. Das Parkdeck sah zwar genauso aus, aber es war nicht dasselbe.
Die wenigen Autos waren alles Oberklassewagen, die Ausfahrt nirgends in Sicht. Am Aufzug warteten die neuen Kollegen und begrüßten
Isabel überschwänglich. Dann ging jeder
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