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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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zugetan, weil er nicht wüsste, was er hier eigentlich genau machen soll. Angeblich
     hatte er Gewissensbisse. Stell dir das mal vor, so ein Blödsinn.«
    »Und wo ist er jetzt?«, erkundigte sich Isabel.
    »Just gestern war er bei Gaardner und hat sich versetzen lassen. Sie haben ihn noch einmal befördert. Unglaublich: Er nölt
     rum, und die befördern ihn. Aber ehrlich gesagt, interessiert mich das nicht die Bohne. Von mir aus brauche ich diesen Idioten
     auch nie wiederzusehen.« Luna starrte einige Sekunden lang auf die Partitur und legte schließlich die Geige wieder auf die
     Kissen. Dann drehte sie sich zu Isabel um. Sie wirkte verlegen. »Entschuldige, wenn ich eben ein bisschen schroff war. Weißt
     du, ich hatte dieses Thema schon mit Miguel, und es ist jetzt wieder in mir hochgekocht. Okay, soll ich dir ein Büro aussuchen
     helfen?«
    Isabel nickte. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Luna sich so schnell wieder einkriegen würde. Luna fasste Isabel an der
     Hand und zog sie auf den Flur hinaus.
    »Die Büros hier stehen alle leer«, erklärte Luna und deutete auf die Türen vor sich. »Anscheinend hat es in letzter Zeit mehrere
     Versetzungen gegeben. Du brauchst dir also nur eins auszusuchen. Du wirst bestimmt ganz schön Augen machen.«
    Isabel sah sich um. Die Türen sahen alle gleich aus. Sie ging den Flur entlang und blieb aufs Geratewohl vor einer Tür stehen.
     Sie legte die Hand auf den Knauf und drehte. Der Raum war großzügig und Lunas Büro sehr ähnlich, aber noch nicht persönlich
     eingerichtet. Das Mobiliar bestand lediglich aus einem massiven Schreibtisch, mehreren Stühlen und einem Regal. Isabeldrehte sich um, und Luna ermunterte sie, einzutreten. Ihr Blick fiel als Erstes auf ihren Mantel und ihre Tasche, die auf
     einem der Stühle lagen.
    »Woher wissen die denn   …?« Isabel drehte sich um und blieb wie erstarrt stehen. Luna versuchte ein Kichern zu unterdrücken, wie ein kleines Mädchen,
     das jemandem einen Streich gespielt hat. Neben ihr stand Gaardner, der ebenfalls ein Lächeln auf den Lippen hatte.
    »Ich hoffe, die Überraschung ist dir nicht unangenehm«, sagte er. »Das ist nur ein kleines Experiment, das ich mir bei jedem
     neuen Mitarbeiter gönne. Ich habe nun mal Psychologie studiert, genau wie du. Jetzt lassen wir dich erst mal allein, damit
     du dich an dein neues Büro gewöhnen kannst.«
    »Und überleg schon mal, wie du es einrichten willst!«, rief Luna, bevor Gaardner die Tür zuzog.
    Isabel trat an die Fensterfront. Sie konnte nicht begreifen, wie ihre Kollegen erraten hatten, für welches Büro sie sich entscheiden
     würde. Sie nahm die Fernbedienung, die auf dem Schreibtisch lag. Es war kein elektronisches Gerät zu sehen, nicht einmal ein
     PC oder ein Telefon. Isabel drückte auf den nächstbesten Knopf; ein Surren machte ihr deutlich, dass sie irgendeinen verborgenen
     Mechanismus in Gang gesetzt hatte. Ein unauffälliges Wandpaneel wurde zur Seite gefahren, und dahinter erschien ein riesiger
     Fernsehbildschirm. Sie betätigte einen anderen Knopf, und diesmal wurde am Schreibtisch eine Schublade geöffnet, in der sich
     ein Laptop befand. Isabel fühlte sich wie in einem Spielzimmer. Sie ging zum Schreibtisch hinüber, klappte das Notebook auf
     und schaltete es ein.
     
    Name: _
     
    Isabel gab ihren Namen ein. Es erschien ein kurzer Text:
     
    Willkommen, Isabel . Deine Aufgabe wird darin bestehen, Fragen zu hypothetischen Situationen zu beantworten. Zu diesem
Zweck erzählen wir dir jeweils eine kleine Geschichte. Wir stellen dir ein paar Daten zur jeweiligen Hauptfigur zur Verfügung,
     und du musst eine einfache Frage beantworten und das Verhalten dieser Figur vorhersagen. Es gibt dabei weder richtig noch
     falsch, es liegt völlig bei dir, die richtige Antwort zu definieren. Bevor du anfängst, möchten wir dir noch mitteilen, dass
     du unser volles Vertrauen genießt und deine Arbeit für die Umsetzung unserer Unternehmensziele überaus wichtig ist. Wenn du
     so weit bist, drück irgendeine Taste.
     
    Isabel machte es sich in dem breiten Sessel bequem und betätigte ohne zu zögern eine Taste. Sie spürte, wie die Neugier von
     ihr Besitz ergriff. Dabei wusste sie, dass es Quatsch war, sich von einem Text auf einem Computerbildschirm etwas sagen zu
     lassen, aber sie fühlte sich wichtig, als hätte ihre Firma sie zum ersten Mal richtig wahrgenommen. Ihr fiel ein, wie oft
     sie eine Beförderung ausgeschlagen hatte, um ihre alte Stelle zu

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