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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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eine Bikerkneipe führte, musste er allerlei Kontakte haben, und Zac hatte
     guten Grund, sich in die Angelegenheit einzumischen. Schließlich ging es um einen engen Freund.
    »Und was haben Sie in Erfahrung gebracht?«, fragte der Polizist schließlich. »Sofern Sie mich einweihen wollen.«
    »Damit habe ich kein Problem. Immerhin haben Sie Carlos das Leben gerettet. Die Antwort ist ganz einfach, viel habe ich nicht
     herausgefunden. Unter den Banden, die in der Gegend aktiv sind, hat niemand was von einer Schlägerei gehört. Und Sie können
     mir glauben, die Stadt ist sauber in Zonen unterteilt und jeder Bandenführer weiß, was in seinem Revier läuft.«
    »Schon klar«, erwiderte Márquez, während er Zac eingehend musterte.
    »Hören Sie   … das hängt alles irgendwie miteinander zusammen, oder?«
    »Ja.«
    »Und was zum Henker tun wir jetzt? Ich werde nämlich etwas tun, so viel ist sicher. Haben Sie eine Idee, wo Isabel stecken
     kann?«
    »Ich weiß, dass sie ohne ihren Bruder nicht einfach abgehauen wäre, und ich weiß, dass sie ein anständiger Mensch ist. Das
     heißt, wenn sie ihn gefunden hätte, wäre sie nicht verschwunden, ohne mir Bescheid zu sagen. Ich fürchte also, dass sie nicht
     aus freien Stücken verschwunden ist.« Márquez hielt einen Moment inne, beschloss dann, nicht lange um den heißen Brei herumzureden.
     »Sie haben sich nicht auf der Uni mit Carlos angefreundet, oder?«
    Zac sah ihn ohne Erstaunen an, als hätte er diese Frage bereits erwartet.
    »Wie man’s nimmt. Wir haben uns kennengelernt, kurz nachdem ich aus dem Gefängnis entlassen wurde.« Zac lehnte sich im Sessel
     zurück und fuhr dann fort. »Die ersten zwei Monate habe ich in der Cafeteria seiner Fakultät gearbeitet. Als herauskam, was
     ich für eine Vergangenheit hatte, wurde ich gefeuert. Als Carlos davon erfuhr, bot er mir an, einen Job in der Firma seines
     Vaters zu übernehmen. Carlos half oft bei seinem Vater aus, vor allem im Sommer. Und weil wir beide gern lasen, kamen wir
     immer öfter ins Gespräch. Wir hatten ziemlich viel Spaß miteinander, machten uns über Karl Marx und all die anderen Spinner
     lustig und suchten die Schwachstellen in ihren Gedankengebäuden. Nach dem Tod seiner Eltern und dem Konkurs der Firma blieb
     er alleine und mittellos zurück. Damals wohnte ich schon mit meiner Freundin zusammen, und da habe ich ihn eben eingeladen,
     eine Zeit lang bei uns unterzukommen. Als er sein Leben wieder im Griff hatte und sein Glück sich zu wenden begann, zog er
     zunächst in die Wohnung seiner Eltern und schließlich in einanderes Apartment. Isabel wohnt ganz in der Nähe, so haben sie sich kennengelernt. Sie hatte sein Einstellungsgespräch im
     Turm geführt, und vor kurzem sind sie sich zufällig über den Weg gelaufen, ich glaube, an der Tankstelle im Viertel.«
    Márquez zog seine Kladde aus der Tasche.
    »Stört es Sie, wenn ich mir Notizen mache?«, fragte er. Zac schüttelte den Kopf. »Also, Sie haben für Carlos’ Vater gearbeitet,
     Umberto Visotti. Isabel hat mir da ein paar Personalblätter gezeigt   …«
    »Die habe ich auch gesehen«, fiel Zac ihm ins Wort.
    Márquez hob eine Augenbraue. Er bekam allmählich den unangenehmen Eindruck, dass er immer alles als Letzter erfuhr.
    »Dann können Sie mir sicher erklären, warum Carlos’ Vater hier als Angestellter im Turm auftaucht.«
    »Tja«, setzte Zac an, »da bin ich nicht sicher. Einige Zeit, bevor Señor Visotti Selbstmord beging, hatte seine Firma eine
     schwere Zeit durchzustehen. Bei vielen Herstellern florierte das Geschäft, und sie fusionierten oder wurden von internationalen
     Konzernen aufgekauft. Damit blieb auf dem Markt kein Platz für kleine Firmen wie die seine. Aber dann wendete sich die Lage
     plötzlich zum Besseren. Señor Visotti kaufte neue Maschinen, stellte wieder Fachkräfte ein und zog einen ganz neuen Produktionsprozess
     auf. Fragen Sie mich nicht, wie, aber er hatte eine Lizenz erworben, um ein neuartiges Produkt herzustellen, etwas ganz anderes
     als die Schrauben und kleinen Ersatzteile, die sonst auf unseren Maschinen gefertigt wurden.«
    »Und was war das?«, fragte der Polizist. Er hatte von seinem Notizbuch aufgesehen und musterte Zac neugierig.
    »Waffen. Genauer gesagt, Waffenteile. Ich habe in der Firma nie ein komplettes Gewehr gesehen, aber wir haben diverse Bestandteile
     dafür produziert. Und das lief hervorragend. Señor Visotti machte einen entsprechend zufriedenen Eindruck. Das

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