Der 26. Stock
jetzt noch einmal, und denken Sie bitte daran, was Ihrer älteren Tochter passiert ist. Haben Sie irgendeine
Idee, wer das getan haben könnte? Ein Exfreund vielleicht?«
»Ich bin seit dem Tod meines Mannes mit niemandem zusammen gewesen, falls Sie das meinen.«
»Sehen Sie«, schaltete sich der zweite Beamte ein, »normalerweise erfahren wir in solchen Fällen aus den Aufzeichnungen der
Überwachungskameras, was wir wissen wollen. Manchmal fragen wir dann nach, um sicherzugehen, dass die beteiligten Personen
uns nichts vormachen.«
Vera runzelte die Stirn. Sie würde sich nicht unter Druck setzen lassen, aber wenn sie die Lage unter Kontrolle behalten wollte,
musste sie bald hier weg.
»Und, belüge ich Sie?«
»Das wissen wir nicht«, gab der Beamte resigniert zurück. »Wir haben nur feststellen können, dass Ihre Töchter aus der Cafeteria
gerannt sind und Sie den beiden hinterher, aber dann verliert sich die Spur der Kinder, bis die Wachleute sie gefunden haben.
Als wären sie unsichtbar geworden. Wir dachten, vielleicht könnten Sie uns erklären, wie das sein kann.«
»Sie wollen wohl, dass ich Ihnen die Arbeit abnehme. Wenn Sie die Überwachungsvideos gesehen haben, dann wissen Sie: Ich habe
pausenlos nach meinen Töchtern gesucht. Also, wenn Sie mir nichts weiter zu sagen haben, dann muss ich jetzt gehen.«
Sie wandte sich um und ging zur Tür.
»Jemand hat Ihre Tochter tätlich angegriffen, und wenn Sie nicht mit uns kooperieren, wird das wieder passieren.«
»Ich werde dafür sorgen, dass es nicht dazu kommt«, entgegnete Vera, ohne sich umzudrehen. Die Polizisten riefen sie nicht
zurück. Sie nahm Clara und Ana bei der Hand und winkte Cassandra mitzukommen. Der Geschäftsführer sah ihnen erstaunt nach.
Er würde nie erfahren, was es mit all dem auf sich hatte, und er würde auch keinen Zusammenhang zu den Vorfällen herstellen,
die noch in derselben Nacht die Stadt erschüttern sollten.
Zac sperrte die hintere Tür des Busses ab und vergewisserte sich, dass er alles nötige Werkzeug in der kleinen Kiste hatte.
Dann zog er ein Navigationsgerät aus der Tasche und schaltete es ein. Binnen Sekunden erschien auf dem Display ein Umgebungsplan,
auf dem seine eigene Position mit einem blinkenden roten Punkt markiert war. Alles war vorbereitet. Er schlenderte bis zum
nächsten U-Bahn -Eingang und sah dabei zum Turm empor, der ein paar Blocks weiter hinter den anderen Gebäuden aufragte. Dann sah er zum Himmel
und wünschte sich, dass er nicht zum letzten Mal das Tageslicht erblickte.
An einem Automaten löste er eine einfache Fahrkarte und ging durch die Drehkreuze zur Rolltreppe. Am Bahnsteig warteten nicht
allzu viele Leute. Samstags hielten sich die meisten Büroangestellten vom Geschäftsviertel fern. Dafür brachten die U-Bahnen , die aus dem Zentrum hierher fuhren, eine Menge junger Leute in die nahe gelegenen Bars und Diskotheken. Zac ging bis ans
Ende des Bahnsteigs. Dort wartete er ungeduldig und nervös. Er machte das nicht zum ersten Mal. Es war eine wirksame, wenn
auch etwas gefährliche Methode, um der Polizei zu entwischen. Meistens genügte es, den erstbesten Zug zu nehmen. Kein Polizist
machte sich die Mühe, in diesem U-Bahn -Gewirr von sechs Millionen Menschen und über 220 Kilometern Streckennetz nach einem Kleinkriminellen zu suchen.
Ein langgezogener Pfiff war zu hören. Zac beugte sich vor und sah in den Tunnel. Die beiden gelblich glitzernden Augen des
Zugs waren kaum hundert Meter entfernt. Er machte sich bereit und trat an die Bahnsteigkante. Er hatte nur ein paar Sekunden,und er musste den richtigen Augenblick wählen, um nicht gesehen zu werden.
Der Zug fuhr in den Bahnhof ein. Als die Fahrerkabine an ihm vorbeischoss, hatte er das Gefühl, dass der Fahrer ihn für einen
Sekundenbruchteil ansah, dann war er weg. Zac blickte nach links. Die Leute erhoben sich von den Wartebänken, traten zum Rand
des Bahnsteigs vor und warteten, dass die U-Bahn zum Stehen kam. Dann gingen die Türen auf. Dutzende von Fahrgästen stiegen aus und strömten auf die Rolltreppe zu. Die Wartenden
stiegen ein und sahen sich im Wagon nach freien Sitzplätzen um. Niemand achtete auf Zac, als er lossprang, auch der Fahrer
nicht, der den Bahnsteig im Auge behielt, während die Türen sich wieder schlossen.
Zac sprang hinunter aufs Gleis, und das Werkzeug klimperte in der Kiste. Der Zug war gerade erst eingefahren. Bis zum nächsten
blieben ihm
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