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Der 26. Stock

Titel: Der 26. Stock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enrique Cortés
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Merkwürdigkeiten zusammen, die Isabel in den vergangenen Tagen erlebt
     und beobachtet hatte.
    »Ich gehe noch heute Abend nach der Arbeit auf die Post.«
    In diesem Moment ging die Tür auf und eine Krankenschwester kam herein, um die Infusionsflasche zu wechseln.
    »Gut.« Zac nahm seine Jacke von der Sessellehne. »Hast du schon was gegessen? Hier muss es irgendwo eine Cafeteria geben.
     Wenn du magst, essen wir eine Kleinigkeit zusammen und du erzählst mir, wie du Carlos kennengelernt hast. Vielleicht ist da
     ja noch etwas, das er mir nicht erzählt hat. Dann wären wir quitt.«
    Isabel wollte erst protestieren, doch dann wurde ihr klar, dass sie Zac noch überhaupt nichts über sich mitgeteilt hatte.
    »Die neue Stelle hat ihm ja sehr gutgetan«, sagte Zac, während sie sich auf den Weg zur Cafeteria machten. »Er war wie ausgewechselt
     und viel besser drauf als vorher. Es sah sogar aus, als ob er dabei wäre, den Tod seiner Eltern langsam zu verarbeiten.Aber in den letzten Wochen   … Ich weiß nicht, vielleicht hatte er ja auch nur viel zu tun, aber er kam nur noch selten in die Bar. Bei uns zu Hause war
     er kein einziges Mal mehr. Als ihr da wart, hat er gesagt, du seist eine Arbeitskollegin, das hat mich gewundert, denn ich
     kann mich nicht erinnern, dass Carlos schon mal jemanden aus der Arbeit mitgebracht hätte.«
    Sie betraten die Cafeteria. Die meisten Gäste trugen weiße Bademäntel oder grüne Uniformen. Zac und Isabel nahmen zwei Tabletts
     und stellten sich in die Schlange. Isabel begann zu erzählen, wie Carlos und sie sich vor etwa einer Woche wiederbegegnet
     waren. Was inzwischen alles passiert war, überging sie. Später würde sie entscheiden, ob sie Zac bestimmte Informationen anvertrauen
     konnte. Während sie aßen, nahm ein paar Tische weiter ein Mann sein Mittagessen ein. Er blätterte in einer zwei, drei Tage
     alten Zeitung und sah von Zeit zu Zeit zu den beiden herüber, um ihrem Gespräch folgen zu können. Dazu brauchte er sie nicht
     zu belauschen, und auch das Stimmengewirr von den anderen Tischen störte ihn nicht. Er hatte schon vor langer Zeit gelernt,
     von den Lippen zu lesen.

17
    J.   O'Reilly . Das so adressierte Päckchen stand neben den Monitoren in dem kleinen Wachhäuschen. Der Name war eindeutig irischen Ursprungs:
     J.   O’Reilly. Der Wachmann entspannte sich auf seinem Stuhl und legte die Füße auf den Tisch. Damit verstieß er gegen mehrere
     Richtlinien auf einmal, aber zum Teufel damit, wenn man schon alleine an den Drehkreuzen Wache schob, während die anderen
     Pause machten, dann musste das auch seine Vorteile haben. Es gab ohnehin nicht viel zu tun. Das neue System war vollautomatisiert.
     Kameras und hochmoderne Sensoren zeichneten in den diversen Bereichen des Gebäudes alles Mögliche auf und schickten die Daten
     an den zentralen Kontrollraum viele Stockwerke weiter oben. Bis auf die Gerüchte über seltsame Vorfälle während der Nachtschicht
     war bisher nichts Besonderes vorgefallen, die üblichen Ammenmärchen eben.
    Trotzdem gab es Gründe, warum er sich nicht wohl fühlte. Seine vorherige Station war eine Schule in einem reichen Viertel
     gewesen. Dort hatte er eine ruhige Kugel geschoben und höchstens mal ein paar Schüler ermahnen müssen, die in der Pause heimlich
     rauchten. Aber dann kamen seine Vorgesetzten auf die grandiose Idee, ihm von heute auf morgen einen neuen Posten zuzuweisen.
     Jemand hatte sich ein Hochsicherheitskonzept für dieses hässliche Gebäude ausgedacht, wahrscheinlich, weil irgendein Topmanager
     paranoid war. Aber das Schlimmste waren seine neuen Kollegen. Die meisten waren wortkarg und kamen sich vor wie beim Militär.
     Fast alle waren kahlgeschorene Schlägertypen, die ihre Arbeit total wichtig nahmen. Wo hatte der Chef die nur her? Vielleicht
     waren sie sogar ehemalige Söldner. Die meistenwaren auf jeden Fall Ausländer. Sie sprachen zwar halbwegs Spanisch, unterhielten sich aber immer nur untereinander. Da ließ
     er sie lieber alleine essen gehen. Und er hatte dafür seine Ruhe und musste nicht ständig Haltung annehmen und böse dreinschauen
     wie die anderen.
    Aber warum kamen diese Typen ausgerechnet hier zum Einsatz? Das Gebäude sah nicht so aus, als könnte wirklich etwas passieren.
     Gab es irgendeinen Terroralarm? Aber wäre es dann nicht besser gewesen, die Polizei einzuschalten? Der Wachmann schüttelte
     widerwillig den Kopf. Er musste allmählich daran denken, sich einen neuen Job zu

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