Der 26. Stock
und er trat ein. Als er die Tür hinter sich zugezogen hatte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck
plötzlich. Isabel fand, dass er schlecht aussah.
»Ich muss mit dir reden.«
»Was ist los?« Sie deutete auf einen Stuhl, und Hugo nahm Platz.
»Ich hatte dir nichts davon erzählt, damit … damit du dir nicht noch mehr Sorgen machst, aber seit zwei Tagen habe ich das Gefühl, dass mir jemand folgt. Ich glaube,
ich werde überwacht.« Isabel schwieg und wartete darauf, dass Hugo fortfuhr. Er wirkte nervös und schien sich etwas von der
Seele reden zu wollen. »Ich glaube, dass Rai dahintersteckt. Irgendwie hat dieser Mistkerl es geschafft, mir Angst einzujagen.
Obwohl ich nicht mal sicher sein kann, dass er es ist.«
»Aber was genau ist denn passiert?«, fragte Isabel.
»Weißt du«, sagte Hugo kopfschüttelnd, »ich möchte lieber nicht darüber reden. Ich will nicht, dass du dir meinetwegen Sorgenmachst, aber du solltest vorsichtig sein. Du musst aufpassen, was du tust.«
»Ich weiß schon«, gab Isabel zurück. »Und ob Rai dahintersteckt oder nicht, jedenfalls weiß ich, dass wir in Gefahr sind,
du und ich und bestimmt auch noch andere Leute.«
»Ich habe meine Familie weggeschickt, Isabel. Meine Frau hat die Kinder mit zu ihrer Mutter genommen. Wenn etwas passiert,
dann will ich nicht, dass sie mit in die Sache verwickelt werden. Vielleicht solltest du Teo auch woanders hinbringen.«
Isabel stand auf und trat neben Hugo.
»Und ich sollte am besten auch gehen.«
»Nein«, unterbrach Hugo sie. »Du darfst jetzt nicht gehen, Isabel. Wenn du nicht herausfindest, was hier gespielt wird, dann
wird es, fürchte ich, nie jemand erfahren. Mich haben sie jetzt schon im Visier, ich kann nichts mehr tun, als dir helfen
und dir vertrauen. Das wollte ich dir auch noch sagen. Ich habe tagelang meine Kontakte abgeklappert, und jetzt hab ich’s
endlich geschafft: Jemand hat mir versprochen, dass du einen Anruf kriegst. Man wird dir eine Beförderung anbieten.«
»Aber Hugo, vielleicht ist es das Beste, wenn ich von hier fortgehe, und du solltest das Gleiche tun.«
»Nein.« Hugo war sich seiner Entscheidung offenbar sehr sicher. »Ich werde nicht weggehen, Isabel. Außerdem, ich habe herausgefunden,
wo sie Cassandra festhalten. In einer Klinik außerhalb der Stadt.«
»Sie hat mich heute früh angerufen. Sie hat gesagt, ich soll abhauen und alles hinter mir lassen.«
Hugo schien das nicht zu erstaunen.
»Morgen fahre ich sie besuchen«, sagte er. »Vielleicht können wir zusammen hinfahren, Isa. Nur, wenn sie uns dann fragt, was
zum Teufel sie dort verloren hat, werden wir keine Antwort haben. Wenn man sie eingewiesen hat, dann muss ihr jemand etwas
angetan haben, und ich schwöre dir, ich werde herausfinden, wer das war. Nein, ich gehe nicht fort, aber wenn du nicht weiter
oben nachforschst, geht es mir wahrscheinlich bald wie den anderen.«
Isabel setzte sich seufzend und schloss die Augen.
»Ich weiß nicht«, sagte sie, während Hugo sie mit versteinertem Gesicht ansah. »Ich weiß nicht, was ich tun werde.«
»Überleg es dir, aber nimm’s mir nicht übel, wenn ich versuche, dich zu überreden. Es ist einfach so: Ich habe meine Trümpfe
fast alle verbraucht und praktisch nichts erreicht. Aber ich kann dich natürlich auch verstehen. Du bist jünger als ich, und
vielleicht ist es besser, du vergisst das Ganze. Der Anruf kommt frühestens morgen, du kannst dir also Zeit lassen.«
Isabel stand auf und ging zur Tür.
»Magst du auch einen Kaffee?«
»Ich glaube, ich brauche sogar ganz dringend einen«, antwortete er.
Isabel ging den Flur hinunter zum Automaten. Es war stiller als sonst. Sie nahm zwei Becher Kaffee und kehrte in ihr Büro
zurück. Hugo stand neben dem Schreibtisch und wartete.
»Es gibt da was, das ich dir nicht erzählt habe«, sagte er. Isabel stellte die Becher auf den Tisch und wartete, dass Hugo
weitersprach.
»Gestern ist jemand in mein Büro eingebrochen.«
Isabel sah ihn fassungslos an.
»Ist etwas gestohlen worden?«
Hugo nickte. »Genau genommen weiß ich nicht, ob es gestern oder heute Morgen war«, sagte er, »ich habe also keine Ahnung,
ob es jemand aus der Etage war, von der Reinigungsfirma oder sonst wer. Du weißt ja, ich schließe nie ab, das heißt, im Prinzip
hätte es auch einer der Jungs vom Postdienst sein können. Jedenfalls habe ich es gleich gesehen.«
»Und was hat man dir gestohlen? Weißt du das?«
»Ja«, gab
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