Der 3. Grad
verriet keine Spur von Humor. Wenn man schon am Boden war und so richtig fix und fertig gemacht werden wollte, dann war Jill genau die Richtige.
»Du quälst mich«, sagte ich und setzte mich auf den Stuhl. »Mir ist klar, dass ich mit dem, was ich getan habe, ein gutes Stück zu weit gegangen bin.«
Jill lachte höhnisch auf. »Ich stelle lediglich fest, dass die Drohung, meinem Mann einen Auftragskiller auf den Hals zu hetzen, nicht nur ein bisschen daneben war – selbst für deine Verhältnisse, Lindsay.«
»Keinen Killer«, verbesserte ich sie. »Ich wollte ihm bloß jemanden schicken, der ihm als Warnung die Kniescheibe zertrümmert. Aber halten wir uns nicht mit technischen Details auf. Was soll ich sagen? Du bist nun mal mit einem richtigen Arschloch verheiratet.« Ich rückte mit dem Stuhl an die Seite ihres Schreibtischs. »Hör mal, Jill, ich weiß, dass es falsch war. Ich bin nicht hingegangen, um ihm zu drohen. Sondern um dir zu helfen. Aber der Typ war so was von unausstehlich, so vollkommen vernagelt.«
»Vielleicht hat es dem
Typen
einfach nicht gefallen, dass du unsere Privatangelegenheiten vor ihm ausgebreitet hast wie einen Einkaufszettel. Was ich dir erzählt habe, war vertraulich, Lindsay.«
»Du hast Recht.« Ich schluckte. »Es tut mir Leid.«
Ganz allmählich begannen sich die Zornesfalten in ihrem Gesicht zu glätten. Sie stieß ihren Stuhl vom Schreibtisch zurück und rollte ihn auf mich zu, bis wir fast Knie an Knie saßen.
»Hör zu, Lindsay, ich bin eine erwachsene Frau. Lass mich meine eigenen Kämpfe ausfechten. In dieser Sache bist du meine Freundin und Vertraute, keine Polizistin.«
»Das sagen mir alle.«
»Dann hör auch auf sie, Schatz, denn ich brauche dich als
Freundin
. Und nicht als Überfallkommando.« Sie nahm meine Hände in ihre und drückte sie. »Eine Freundin hört einem normalerweise zu, lädt einen zum Lunch ein, verkuppelt einen vielleicht mit einem gut aussehenden Kollegen... Aber Leute, die in das Büro deines Mannes platzen und ihm androhen, dass ihm jemand die Kniescheiben zertrümmern wird... also, das Wort für Leute, die so was machen, ist doch eher
Feinde
, Lindsay.«
Ich lachte. Zum ersten Mal sah ich den schwachen Abglanz eines Lächelns durch Jills eisige Maske hindurchschimmern. Aber nur ganz schwach.
»Okay, also, unter Freundinnen – wie läuft's zwischen dir und dem Arschloch, seit er dich das letzte Mal geschlagen hat?« Ich unterdrückte ein Schmunzeln, nach dem mir nicht wirklich zumute war.
Jill lachte und zuckte mit den Achseln. »Ganz okay, würde ich sagen... Wir haben überlegt, zur Eheberatung zu gehen.«
»Die einzige Beratung, die Steve braucht, ist die von seinem Anwalt, wenn er sich vor Gericht verantworten muss.«
»Nicht vergessen, Lindsay, du sollst meine
Freundin
sein... Na, ist auch egal, es gibt wichtigere Themen. Was gibt's sonst noch Neues?«
Ich erzählte ihr von der E-Mail-Botschaft, die Cindy am Morgen erhalten hatte, und dass der Fall dadurch erheblich an Brisanz gewonnen hatte. »Hast du schon mal von einem Antiterror-Typen namens Joe Molinari gehört?«
Jill dachte nach. »Ich erinnere mich an einen Joe Molinari, der Staatsanwalt in New York war. Erstklassiger Ermittler. War mit dem Bombenanschlag auf das World Trade Center befasst. Übrigens dazu nicht gerade hässlich. Ich glaube, er ist später nach Washington gegangen und hat irgendeine Funktion in der Regierung übernommen.«
»›Irgendeine Funktion‹ ist gut. Er arbeitet beim DHS und ist neuerdings mein oberster Ansprechpartner bei diesem Fall.«
»Du hättest es schlechter treffen können«, meinte Jill. »Habe ich schon erwähnt, dass er nicht schlecht aussieht?«
»Lass den Quatsch.« Ich errötete.
Jill legte den Kopf schief. »Normalerweise stehst du doch gar nicht auf FBI-Typen.«
»Weil die meisten von denen doch nur an ihrer Karriere interessiert sind und unsere Quellen und Ermittlungsergebnisse missbrauchen, um sich eine Beförderung zu erschleichen. Molinari scheint echt ganz brauchbar zu sein. Eventuell könntest du ein bisschen für mich nachforschen...«
»Willst du wissen, wie er als Prozessanwalt ist?« Jill lächelte und sah mich durchdringend an. »Oder ob er verheiratet ist? Ich glaube, dieser Spezialagent hat's unserer Lindsay ganz schön angetan.«
»Er ist Vizedirektor.« Ich rümpfte die Nase.
»Oh... der Mann hat's wirklich zu was gebracht.« Jill nickte anerkennend. »Ich habe doch schon erwähnt, dass er ziemlich
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