Der 3. Grad
vom Zurückhalten von Beweismitteln, Mr Kamor. Wir reden von Hochverrat und Verschwörung zur Begehung von terroristischen Straftaten. Sehen Sie sich die Fotos noch einmal an. Bitte.«
»Glauben Sie mir, Mr Kamor«, sagte ich und fing seinen Blick auf, »an dieser Geschichte wollen Sie sich ganz bestimmt nicht die Finger verbrennen.«
Die Adern am Hals des Caféinhabers begannen anzuschwellen. Er senkte den Blick und nahm sich die Fotos noch einmal vor. »Vielleicht... ich weiß nicht...«, murmelte er.
Nach einigem Zögern schob er eines aus dem Stapel heraus. »Er sieht jetzt anders aus. Kürzere Haare, nicht mehr so hippieartig. Und er hat einen Bart. Er war schon mal hier.«
Stephen Hardaway. Alias Morgan Bloom. Alias Mal Caldwell.
»Ist er ein Stammgast? Wie können wir ihn finden? Das ist sehr wichtig.«
»Ich weiß nicht.« Kamor schüttelte den Kopf. »Das ist die Wahrheit. An den erinnere ich mich; hab ihn ein- oder zweimal gesehen, aber das ist schon eine Weile her. Ich glaube, er kam von irgendwo aus dem Norden. – Ach, und noch was...« Kamor schluckte. »Sie werden sich hoffentlich daran erinnern, wenn Sie das nächste Mal hier reingeplatzt kommen und drohen, mir meine Rechte zu entziehen.«
Er schnippte uns ein weiteres Foto über den Tisch zu. Ein weiteres Gesicht, das er kannte.
»Die habe ich gestern Abend hier gesehen.«
Wir starrten auf das Foto von Wendy Raymore, dem Kindermädchen.
58
Wir saßen noch keine fünf Sekunden wieder im Auto, da klatschten Molinari und ich auch schon die Handflächen zu einem ausgedehnten, überschwänglichen High-Five zusammen. Für einen Vizedirektor hatte er sich ziemlich gut aus der Affäre gezogen.
»Das war nicht schlecht, Molinari.« Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. »...
und Sie wissen ja, wie ungeschickt diese Bullen sich anstellen können, wenn sie so sperriges Beweismaterial in der Gegend rumschleppen müssen
...«
Unsere Blicke trafen sich, und plötzlich überfiel mich wieder dieses Nervenflattern, dieser unbändige Wunsch nach seiner Nähe. Ich legte den Gang ein. »Ich weiß ja nicht, was mit Ihren Kontaktpersonen geschehen soll«, sagte ich, »aber ich denke, das hier sollten wir gleich melden.«
Molinari rief sein Büro an und gab Hardaways Namen und Decknamen durch. Sehr schnell hatten wir eine vorläufige Antwort. Seine Akte in Seattle dokumentierte eine kriminelle Vergangenheit. Illegaler Waffenbesitz, Waffendiebstahl, Banküberfälle. Spätestens am nächsten Morgen würden wir alles über ihn wissen.
Plötzlich fiel mir ein, dass ich noch nichts von Jill gehört hatte. »Ich muss mal eben telefonieren«, sagte ich zu Molinari und tippte ihre Handynummer ein.
Jills Anrufbeantworter meldete sich: »Hallo, Sie haben den Anschluss von Bezirksstaatsanwältin Jill Bernhardt erreicht...«
Verdammt – Jill hatte ihr Handy doch normalerweise eingeschaltet. Aber dann fiel mir ein, dass sie gesagt hatte, sie habe heute eine Verhandlung. »Ich bin's, Lindsay. Es ist jetzt zwei Uhr nachmittags. Wo bist du gewesen?« Ich hätte gerne mehr gesagt, aber ich war schließlich nicht allein. »Ruf mich an. Ich will wissen, wie's dir geht.«
»Stimmt irgendwas nicht?«, fragte Molinari, nachdem ich aufgelegt hatte.
Ich schüttelte den Kopf. »Eine Freundin von mir... Sie hat gestern Abend ihren Mann rausgeschmissen. Sie wollte mit mir darüber reden. Der Typ hat sich leider zu einem totalen Widerling entwickelt.«
»Da kann sie sich ja glücklich schätzen«, meinte Molinari, »dass sie eine Polizistin zur Freundin hat.«
Ich fand den Gedanken amüsant – dass ausgerechnet Jill sich glücklich schätzen könnte, mit einer Polizistin befreundet zu sein. Ich überlegte, ob ich sie im Büro anrufen sollte, aber sie würde bestimmt gleich zurückrufen, wenn sie ihr Handy einschaltete. »Glauben Sie mir, die Frau kann sich gut selbst helfen.«
Wir bogen auf die Auffahrt zur Bay Bridge ab. Ich musste das Blaulicht nicht einschalten, da stadteinwärts kaum Verkehr herrschte. »Das läuft ja wie geschmiert«, sagte ich. »Wir haben wohl ausnahmsweise mal eine ruhige Phase erwischt.«
»Hören Sie, Lindsay...« Molinari wandte sich zu mir um; seine Stimme klang plötzlich ganz anders. »Was halten Sie davon, heute Abend mit mir essen zu gehen?«
»Essen?« Ich dachte ein paar Sekunden lang nach. Dann sah ich ihn an. »Ich glaube, wir wissen beide, dass das vielleicht keine so brillante Idee ist.«
Molinari nickte resigniert, als ob der
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