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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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Zündkapseln abkaufen wollte, das sich als verdeckter Fahnder des ATF entpuppte. Er wurde gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt – und danach verlor sich die Spur von Stephen Hardaway. Angeblich war er in eine Serie bewaffneter Raubüberfälle in Washington und Oregon verwickelt. Wir wussten also, dass er bewaffnet und gefährlich war und dass er von dem Drang beseelt war, Sachen in die Luft zu sprengen.
    Seit zwei Jahren hatte niemand mehr etwas von ihm gehört.
    Gegen fünf klopfte Claire an meine Bürotür. »Ich drehe langsam durch, Lindsay. Komm, lass uns einen Kaffee trinken gehen.«
    »Ich verliere ebenfalls bald den Verstand«, sagte ich und schnappte meine Handtasche. »Vielleicht sollten wir Cindy Bescheid sagen«, sagte ich.
    »Die Mühe kannst du dir sparen«, erwiderte sie und zeigte den Flur hinunter. »Sie ist schon da.«
    Zu dritt gingen wir in die Cafeteria im ersten Stock. Anfangs saßen wir nur da und rührten in unseren Tassen herum, in dichtes Schweigen gehüllt wie in Nebelschwaden.
    Schließlich holte ich tief Luft. »Ich glaube«, sagte ich, »es ist uns allen klar, dass Jill nicht irgendwo auf einem Stein sitzt und Trübsal bläst. Es ist etwas passiert. Je eher wir uns das eingestehen, desto schneller können wir herausfinden,
was
genau passiert ist.«
    »Ich denke immer noch, dass es irgendeine andere Erklärung geben muss«, meinte Claire. »Ich kenne doch Steve. Wir alle kennen ihn. Er wäre nicht gerade mein Traumpartner, aber ich kann nicht glauben, dass er zu so etwas fähig ist.«
    »Na, dann glaub mal schön weiter«, sagte Cindy. »Es sind jetzt zwei volle Tage.«
    Claire sah mich an. »Weißt du noch, wie Jill mal auf dem Rückflug von Atlanta in Salt Lake City zwischenlanden musste? Beim Warten am Flugsteig fällt ihr Blick plötzlich auf die schnee bedeckten Berge, und sie sagt sich: ›Verdammt, was soll's – ich bin weg!‹ Spricht's, hüpft aus dem Flieger, mietet sich ein Auto und fährt den ganzen Tag Ski.«
    »Klar erinnere ich mich«, sagte ich. Der Gedanke zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht. »Steve wollte sie unbedingt zu irgendeinem Kundentermin mitschleppen, das Büro hat sie verzweifelt gesucht, und wo war Jill? Oben auf dreitausend Metern Höhe, mit einem gemieteten Skianzug und Skiern, im siebten Pulverschnee-Himmel. Das war der beste Tag ihres Lebens.«
    Über dieses Bild mussten wir alle lächeln – durch unsere Tränen hindurch.
    »Also, ich glaube jedenfalls, dass es so ist.« Claire nahm ihre Serviette und wischte sich die Augen. »Ich glaube, sie ist beim Skifahren. Ich
muss
glauben, dass sie beim Skifahren ist, Lindsay.«
65
    Spät an diesem Abend saß Cindy noch immer an ihrem Schreibtisch. Außer ihr hielten nur eine Hand voll Lokalreporter die Stellung und hörten geduldig den Polizeifunk ab. Wenn sie ehrlich war, musste sie sich eingestehen, dass sie schlicht nicht wusste, wo sie sonst hingehen sollte.
    Diese Sache mit Jill machte sie fertig; sie machte sie alle fertig.
    Die Nachricht war inzwischen durchgesickert. Eine vermisste Bezirksstaatsanwältin war eine Meldung wert. Der Redaktionsleiter hatte Cindy gefragt, ob sie sie schreiben wolle. Er wusste, dass die beiden befreundet waren. »
Noch
ist es keine Nachricht«, hatte sie ihn angefahren. Erst das Aufschreiben machte es zu einer Nachricht. Machte es zur Realität.
    Nur diesmal war es nicht irgendjemand, dem es passierte.
    Cindy starrte das Foto an, das sie an die Trennwand hinter ihrem Schreibtisch geklebt hatte. Es zeigte ihre »Viererbande« an ihrem Ecktisch im Susie's, ihrem Stammlokal, nachdem sie das Rätsel der Brautpaarmorde geknackt hatten. Sie hatten schon ein paar Margaritas intus, und entsprechend feuchtfröhlich war die Stimmung. Jill hatte so unbesiegbar gewirkt. Der einflussreiche Job, der gut verdienende Ehemann. Nicht ein einziges Mal hatte sie sich anmerken lassen...
    »Komm schon, Jill«, flüsterte Cindy. Sie spürte, wie ihre Augen feucht wurden.
Du musst das durchstehen. Ich will, dass du jetzt durch diese Tür reinkommst. Zeig dein hübsches Gesicht und lächle. Ich bete, Jill. Komm endlich durch die verdammte Tür
.
    Es war nach elf. Hier war nichts mehr los. Es war eben nur ihre Art, die Stellung zu halten, die Hoffnung nicht erlöschen zu lassen.
Geh nach Hause, Cindy. Lass es gut sein für heute. Du kannst im Moment nichts tun
.
    Der Mann vom Reinigungsdienst, der mit seinem Staubsauger vorbeikam, zwinkerte ihr zu. »Na, machen Sie mal wieder Überstunden, Ms

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