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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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seinen eigenen Verbrechen nicht ausgenommen. Wir appellieren an die Teilnehmer des G-8-Gipfels: Kommt endlich zur Besinnung. Schwört der Kolonialpolitik ab. Es bleiben euch noch drei Tage. Wir können überall und jederzeit zuschlagen. August Spies.‹«
    Am Ende der Seite entdeckte ich die Worte, geschrieben in großen Druckbuchstaben: I M J USTIZPALAST A BZUGEBEN .
    Ich erstarrte. Eine Woge der Panik schlug über mir zusammen. Einen Moment lang war ich wie gelähmt. Ich sah Claire an. Der Schock ließ ihre Züge entgleisen.
    Ich stieß einen Sanitäter zur Seite und fiel auf die Knie. Das Erste, was mir ins Auge fiel, war das Handgelenk des Opfers – der aquamarinfarbene Armreif von David Yurman, den ich so gut kannte.
    »O nein!«, stieß ich hervor. »Nein, nein, nein...«
    Ich schlug die Plane zurück.
    Es war Jill.

Vierter Teil

68
    Wenn ich an diese Minuten zurückdenke, sehe ich nur bruchstückhafte Bilder vor meinem inneren Auge aufblitzen. Ich weiß noch, wie ich dastand und nicht begreifen konnte, was ich sah: Jills schönes Gesicht, aus dem das Leben gewichen war. Ihre Augen, starr geradeaus gerichtet, klar, beinahe heiter.
    »O nein, nein...« stammelte ich unentwegt.
    Ich weiß noch, dass meine Beine wegknickten und irgendjemand mich festhielt. Claires brechende Stimme: »O mein Gott, Lindsay...«
    Ich konnte den Blick nicht von Jills Gesicht wenden. Aus dem Mundwinkel sickerten ein paar Tropfen Blut. Ich berührte ihre Hand. Ihr Ehering steckte noch am Finger.
    Ich hörte, wie Cindy zu weinen begann, und sah, wie Claire sie im Arm hielt. Immer und immer wieder sagte ich mir:
Das kann nicht Jill sein. Was hat sie denn mit August Spies zu tun?
    Und dann schien sich ein Schleier über meine Augen zu legen.
Du bist hier an einem Tatort, Lindsay
, ermahnte ich mich,
am Tatort eines Mordes
. Ich wollte stark sein für Claire und Cindy, für all die Polizisten um uns herum. »Hat irgendjemand gesehen, wie sie hierher gebracht wurde?«, fragte ich und blickte in die Runde. »Ich will, dass alle Anwohner vernommen werden. Möglicherweise hat jemand einen Wagen beobachtet.«
    Molinari versuchte mich wegzuziehen, doch ich schüttelte ihn ab. Ich musste mich umsehen, musste irgendetwas finden. Es gab immer irgendetwas; jeder Täter machte Fehler.
Ihr Schweine, August Spies... Ihr seid der letzte Abschaum
.
    Plötzlich war Jacobi da. Und Cappy. Sogar Tracchio. Mein Team von der Mordkommission. »Überlassen Sie das alles uns«, sagte Cappy. Und endlich gab ich nach und ließ sie gewähren.
    Allmählich begriff ich, dass dies alles wirklich war. Diese flackernden Lichter, die Geräusche – das war nicht nur in meinem Kopf. Jill war tot. Sie war ermordet worden. Und nicht von Steve, sondern von August Spies.
    Ich sah zu, wie sie abtransportiert wurde. Meine Freundin. Jill ... Ich sah, wie Claire half, sie in den Leichenwagen der Gerichtsmedizin zu schaffen, sah den Wagen mit Sirenengeheul davonfahren. Joe Molinari tat sein Bestes, mich zu trösten, doch er musste zurück in den Justizpalast.
    Und dann, als sich die Hektik am Tatort allmählich legte, setzten Claire, Cindy und ich uns im leichten Nieselregen auf die Stufen eines angrenzenden Gebäudes. Kein Wort wurde gesprochen. In meinem Kopf schwirrten tausend Fragen herum, auf die ich keine Antwort wusste:
Warum? Wie passt das zusammen? Das ist ein anderer Fall! Was kann Jill damit zu tun haben?
    Ich weiß nicht mehr, wie lange wir dort auf den Stufen gesessen haben. Aufgeregte Stimmen, wie ein fernes Echo, Lichtblitze. Cindy weinte leise, Claire hielt sie im Arm. Und ich – ich war so benommen von dem Schock, dass ich kein Wort hervorbrachte; ich saß nur da, die Hände zu Fäusten geballt, und grübelte pausenlos über die eine Frage nach:
Warum?
    Ein Gedanke drängte sich mir auf.
Wenn ich nur an jenem Abend zu Jill gefahren wäre. Dann wäre das alles vielleicht nie
...
    Plötzlich zerriss ein Klingelton die Stille. Cindys Handy. Sie meldete sich mit zitternder Stimme. »Ja?« Cindy atmete tief durch. »Ich bin am Tatort.«
    Es war ihre Lokalredaktion.
    Mit stockender Stimme gab sie die Details des Geschehens durch. »Ja, es scheint tatsächlich ein Teil dieser Terrorkampagne zu sein. Das dritte Opfer...« Sie schilderte den Tatort, die E-Mail, die sie in der Redaktion erhalten hatte, den Zeitablauf.
    Dann hielt Cindy plötzlich inne. Ich sah die Tränen in ihren Augen schimmern. Sie biss sich auf die Lippe, als hätte sie Angst, die Worte auszusprechen.

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