Der 3. Grad
weiter.
Wissen Sie, wer ich bin?
Ja
, schrieb Cindy zurück.
Ich weiß, wer Sie sind. Sie sind das Schwein, das meine Freundin Jill auf dem Gewissen hat. Warum schreiben Sie mir?
Es wird einen weiteren Anschlag geben
, erschien als Antwort.
Morgen. Es wird anders sein als bisher. Viele Menschen werden sterben. Vollkommen unschuldige Menschen
.
Wo?, tippte Cindy ein. Sie wartete mit pochendem Herzen.
Können Sie mir sagen, wo? Bitte!
Dieses G-8-Treffen muss abgeblasen werden
, kam zur Antwort.
Sie sagten, Sie wollten helfen, also tun Sie es gefälligst auch! Diese Leute in der Regierung müssen ihre Verbrechen eingestehen. Sie bringen unschuldige Menschen um, nur um an Öl zu kommen. Die Multis haben freie Hand, niemand hindert sie daran, die Armen in aller Welt auszuplündern. Sie sagten, Sie wollten unsere Botschaft unter die Leute bringen. Jetzt haben Sie die Chance. Bringen Sie diese Diebe und Mörder dazu, auf der Stelle mit ihren Verbrechen aufzuhören
.
Dann trat eine Pause ein. Cindy war sich nicht sicher, ob die andere Person noch da war. Sie wusste nicht, was sie tun sollte.
Da erschienen die nächsten Worte auf ihrem Bildschirm.
Bringen Sie sie dazu, ihre Verbrechen einzugestehen. Bald. Das ist die einzige Möglichkeit, dieses Blutvergießen zu verhindern
.
Das war etwas anderes, dachte Cindy. Wer das schrieb, streckte eine Hand aus. Womöglich war da ein Funke Schuldbewusstsein oder Einsicht – etwas, das dem Wahnsinn Einhalt gebot.
Ich kann erkennen, dass Sie diesen Irrsinn stoppen wollen
, schrieb Cindy.
Bitte sagen Sie mir, was passieren wird! Niemand muss zu Schaden kommen!
Nichts. Keine Antwort.
»Mist!« Cindy schlug mit der Faust auf die Tastatur. Sie benutzten sie, das war alles. Um ihre Botschaft zu verbreiten.
Sie schrieb:
Warum musste Jill Bernhardt sterben? Welches Verbrechen hat sie begangen? Hat sie irgendwem Öl gestohlen? Sich an der Globalisierung bereichert? Was hat sie getan?
Volle dreißig Sekunden verstrichen. Eine Minute. Cindy war sich sicher, dass sie den Kontakt verloren hatte. Sie hätte nicht wütend werden dürfen. Ihre Empörung, ihre Trauer mussten zurückstehen; diese Sache war viel zu wichtig.
Frustriert lehnte sie die Stirn gegen den Monitor. Als sie wieder aufblickte, konnte sie es zuerst nicht glauben. Eine neue Mitteilung war aufgetaucht.
Jill Bernhardt hatte nichts mit den G 8 zu tun. Dieser Fall war anders als die anderen. Das war etwas Persönliches
, lautete die Botschaft.
78
Irgendetwas Schreckliches würde heute passieren. Cindys letzte EMail ließ keinen Zweifel daran. Und ihr merkwürdiger Mailpartner hatte bisher immer richtig gelegen, hatte sie noch nie in die Irre geführt oder gelogen.
Ein quälendes Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit überkam mich, als ich sah, wie draußen allmählich der Morgen dämmerte, und dabei genau wusste, dass trotz all der Mittel und Möglichkeiten der US-Regierung, trotz all der ausgefeilten Überwachungsmethoden, der Warnungen, der Hundertschaften, mit denen wir die Straßen bevölkern konnten, und trotz meiner jahrelangen Erfahrung im Aufklären von Mordfällen... dass trotz alledem August Spies heute wieder zuschlagen würde. Wir konnten nichts, aber auch gar nichts tun, um die Killer aufzuhalten.
Der Tag begann für mich im Kriseneinsatzzentrum, an einem jener berüchtigten »geheim gehaltenen Orte«, versteckt in einem unauffälligen Hohlblockbau in einem abgelegenen Teil des Marinehafens von Hunter's Point. Es war ein großer Raum, voll gestopft mit Monitoren und neuester Kommunikationstechnik. Alle Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Was hatte August Spies diesmal ausgeheckt?
Joe Molinari war da. Der Bürgermeister, Tracchio, die Chefs der Feuerwehr und des Medizinischen Noteinsatzteams – der ganze »Kriegsrat« war um den Tisch versammelt.
Claire war auch gekommen. Die jüngste Warnung hatte alle in Panik versetzt, man befürchtete eine groß angelegte Attacke mit Rizin. Molinari hatte die Giftstoff-Experten in Alarmbereitschaft versetzt.
In der Nacht hatten wir beschlossen, Hardaways Namen und Beschreibung an die Presse zu geben. Bislang war es uns noch nicht gelungen, ihn aufzuspüren, und die Situation spitzte sich zu. Es ging nicht mehr nur um Mord, sondern um die öffentliche Sicherheit. Wir waren sicher, dass Hardaway irgendwie in die Anschläge verwickelt war und dass er extrem gefährlich war.
Dann war es Zeit für die Morgennachrichten im Fernsehen. Hardaway war die Topmeldung; sein
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