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Der 3. Grad

Der 3. Grad

Titel: Der 3. Grad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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mit einer dicken, heißen Rußschicht bedeckt. Beißend drang der Rauch in meine Lungen. Die Polizei versuchte die Umgebung des Explosionsortes zu räumen. Feuerwehrleute waren damit beschäftigt, vereinzelte Brandherde zu löschen.
    Claire kniete neben einer Frau mit verbranntem Gesicht, die schrie, dass sie nichts sehen könne. Ich schob mich an ihnen vorbei, tiefer in das Gebäude hinein. Im Zentrum des Atriums, um die »Regensäule« herum, die unbeirrt ihre Wassermassen in ein tiefes Becken im Boden ergoss, lagen etliche zusammengekrümmte Leichen.
Was haben diese Menschen getan? Ist es das, was sie unter »Krieg« verstehen?
    Die erfahreneren Cops bellten Anweisungen in ihre Funkgeräte, doch ich sah einige der jüngeren wie angewurzelt dastehen, mit Tränen in den Augen.
    Mein Blick fiel auf einen Haufen zersplitterten Holzes und geschmolzener Drähte genau im Zentrum des Atriums – es sah aus wie die Überreste eines Flügels. Direkt daneben kniete ein Mann, den ich als Niko Magitakos vom Sprengkommando erkannte. Seinen Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen. Jeder hofft und betet, dass er so etwas Entsetzliches niemals erleben muss.
    Ich bahnte mir einen Weg zu Niko.
    »Das Zentrum der Explosion«, sagte er und warf ein verkohltes Stück Holz auf den Trümmerhaufen, der einmal ein Piano gewesen war. »Diese Schweine, diese
Schweine
, Lindsay. Die Leute haben hier nur friedlich Mittagspause gemacht.«
    Ich war keine Bombenexpertin, aber ich erkannte den Ring der Verwüstung – umgestürzte Bänke und Pflanzen, Brandspu ren; auch die Lage der Opfer verriet, dass die Druckwellen der Explosion genau vom Zentrum des Atriums ausgegangen waren.
    »Zwei Augenzeugen sagen, sie hätten einen gut gekleideten Schwarzen beobachtet. Er hat eine Aktentasche unter dem Flügel deponiert und sich dann aus dem Staub gemacht. Ich vermute, es war dieselbe Methode wie bei dem Marina-Fall. C-4, elektronisch gezündet. Wahrscheinlich per Telefon.«
    Eine Frau mit einer Uniformjacke des Sprengkommandos kam auf uns zugelaufen. In der Hand hielt sie etwas, das wie ein Stück einer zerfetzten Ledertasche aussah.
    »Gleich markieren«, wies Niko sie an. »Wenn wir den Griff finden können, dann haben wir vielleicht sogar Fingerabdrücke.«
    »Warten Sie«, sagte ich, als sie sich schon zum Gehen wandte. Was sie gefunden hatte, war ein breiter Lederriemen, wie von einer Aktentasche, die mit einer Schnalle verschlossen wurde. In den Riemen waren zwei goldfarbene Buchstaben geprägt: AS.
    Tiefer Abscheu stieg in mir auf. Sie trieben ihr Spielchen mit uns. Ich wusste natürlich, wofür die Buchstaben standen.
    A.S. – August Spies.
    Mein Handy klingelte. Ich riss es aus der Tasche. Cindy war dran.
    »Bist du dort, Lindsay?«, fragte sie. »Bist du okay?«
    »Ich bin hier vor Ort. Was gibt's?«
    »Sie haben sich zu dem Anschlag bekannt«, sagte sie. »Jemand hat bei der Zeitung angerufen. Er nannte sich August Spies. Und er sagte: ›Noch drei Tage, und dann nehmt euch in Acht!‹ Er sagte, das hier sei nur eine Übung gewesen.«
82
    Im Lauf des späten Nachmittags begannen mich die Strapazen allmählich einzuholen – nach der zweiten Nacht innerhalb von drei Tagen ohne eine Stunde Schlaf.
    Zusätzlich wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich bei dem Fall etwas Wichtiges übersehen hatte. Ich war mir ganz sicher.
    Ich trommelte Cindy und Claire zusammen. So fixiert war ich darauf gewesen, Hardaway zu schnappen, dass mir etwas anderes entgangen war.
    Claire hatte den Tag in der Gerichtsmedizin zugebracht; ihr war die grausige Aufgabe zugefallen, die Opfer der Explosion im Rincon Center zu identifizieren. Bislang waren sechzehn Tote zu beklagen, und leider würde die Zahl noch weiter steigen. Doch sie willigte ein, sich für ein paar Minuten im Susie's zu uns zu gesellen, das direkt gegenüber von ihrem Institut lag.
    Auf der Fahrt dorthin spürte ich deutlich die Angst der Menschen; ich sah sie in den Gesichtern. Claire und Cindy warteten schon an unserem Ecktisch auf mich.
    »Die Bemerkung über Jill ist der Schlüssel.« Beim Tee erläuterte ich ihnen meine neueste Theorie.
    »Da hieß es, sie sei eine Vertreterin des Staats«, sagte Claire. Sie schien verwirrt.
    »Die meine ich nicht. Sondern Cindys E-Mail. Wo es hieß: ›Dieser Fall war anders als die anderen...‹«
    »›Das war etwas Persönliches‹«, ergänzte Cindy.
    »Du glaubst, dass Jill irgendwie persönlichen Kontakt mit diesem Typen hatte?« Claire blinzelte. »Wie

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